Meeres-Braut
lauschen, damit sie nicht die ganze Zeit »Buh!« rufen wollten? Okra war sich zwar nicht so sicher, was das bringen sollte, aber es schien doch immer noch besser zu sein als gar nichts.
»Erzähl uns von Mark und Grazi«, schlug sie daher vor.
»Ja, da bin ich auch neugierig drauf«, warf Ida ein.
»Na ja, eigentlich ist es nicht…« wollte Mela abwehren. Doch Okra tippte sie sanft mit einer Zehe an. Da sah Mela die sich öffnenden Schranktüren und begriff, daß irgend etwas im Gange war. »Also gut. Was mich betrifft, so fing alles an, als Mark den Prinzen Dolph in einem Boot zu mir brachte. Tatsächlich bestand das Boot aus den Knochen von Mark und Grazi – das war vielleicht gespenstisch! Als ich diesen schmucken Prinzen erblickte, meinte ich, daß der für mich als Ehemann genau der richtige sei, sobald er erst einmal alt genug geworden war, um in die Erwachsenenverschwörung einzutreten.« Sie hielt inne. »Meint ihr, daß diese kleinen Skelette dort in den Schränken Kinder sind? Da darf ich nämlich nicht mehr weitererzählen!«
»Wie viele Erwachsenenskelette stammen denn aus dem Kürbis?« erkundigte sich Ida.
»Nur diese beiden, glaube ich. Das war also ein Paar.« Da weiteten sich Melas Augen plötzlich. »He, diese kleinen Skelette müssen von ihnen stammen! Anders ist es nicht möglich, denn sonst wären sie im Kürbis.«
»Es kann also nicht sehr viele geben«, meinte Okra. »Vielleicht nur ein oder zwei, und die schleichen hin und her, um uns die jeweilige Tür zu versperren, die wir öffnen.«
Mela nickte. Dann setzte sie ihren Bericht fort. »Also brachte ich den kleinen Prinzen hinunter in mein gemütliches Heim unter Wasser und fütterte ihn mit nahrhaftem Essen. Aber das kleine Biest verwandelte sich in einen Kürbis, dessen Guckloch mich gefangennahm. Dann kam Mark Knochen hinunter, um ihn wegzuholen. Immerhin haben wir einen Handel abgeschlossen: Sie sollten mir im Austausch für den Prinzen meinen verlorenen Feuerwasseropal beschaffen. Also blieb Grazi als Geisel bei mir, während ich den Prinzen ziehen ließ.«
Okra sah, wie sich die Türen noch ein weiteres Stück öffneten, während die kleinen Skelette sie belauschten. Es waren offensichtlich nur zwei. Das würde auch ziemlich gut zu einer vierköpfigen Familie passen.
»Also zogen der Prinz und Mark Knochen aus, um es mit dem Drachen Draco in seinem Hort aufzunehmen, wo er meinen kostbaren Opal zusammen mit anderen aufbewahrte. Sie kämpften, und der Prinz verwandelte sich in eine menschliche Gestalt, doch es war ein ausgewogener Kampf. Da mußten sie einen Waffenstillstand abschließen, um an der Hochzeitsfeier von Chex Zentaur teilzunehmen. Doch während sie fort waren, überfielen die Kobolde das Drachennest, und es war nur noch Mark Knochen da, um es zu verteidigen. Ich muß schon sagen, er hat sich genau wie ein Held benommen und ganz allein sämtliche Kobolde verscheucht.«
Die Türen öffneten sich ganz und die beiden kleinen Skelette traten hervor, fasziniert von der Geschichte. Nun, da sie sich eher wie Kinder benahmen als wie Gespenster, wirkten sie auch nicht mehr annähernd so angsteinflößend.
»Er hat alle möglichen Skeletttricks angewandt«, fuhr Mela fort. »Er ließ die Fledermäuse, die das Drachennest bewachen sollten, die Edelsteine ins Wasser werfen, und die Fische, die ebenfalls zur Nestwache gehörten, bissen nach jedem Kobold, der an diese Edelsteine heranzukommen versuchte. Aber am Schluß haben die Kobolde seine Knochen auseinandergerissen und sie in Säcke gestopft, sie haben den größten Teil der Edelsteine erwischt. Er versteckte die beiden Feuerwasseropale in seinem Schädel, aber diesen Schädel nahmen die Kobolde auch mit.«
Die kleinen Skelette kamen herangeschlichen, sie lauschten gespannt. Inzwischen waren sie schon fast in Reichweite.
»Als der Prinz und der Drachen zurückkehrten, entdeckten sie das Unheil«, fuhr Mela fort. »Da haben sie sich der Hilfe des Volks der Naga versichert, und Prinz Dolph willigte ein, Prinzessin Nada Naga zu heiraten, sobald beide alt genug dazu waren. Später überlegte er es sich noch einmal anders und heiratete statt dessen Electra, aber das ist eine komplizierte Geschichte. Jedenfalls fingen die Naga die Kobolde ab und retteten dadurch den Schatz. Und Draco Drachen war Mark Knochen so dankbar für alles, was er getan hatte, daß er ihm beide Feuerwasseropale aushändigte, die Mark dann wiederum mir brachte. Ich war ja so froh! Deswegen wünsche ich
Weitere Kostenlose Bücher