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Meeres-Braut

Titel: Meeres-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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mußt du sehen können, damit du nicht wieder in einen Abgrund tappst.«
    Das mußte Jenny einräumen. Sie rieb die Linse an ihrem Hemd und führte sie ans rechte Auge. Nachdem sie die Linse angebracht hatte, blinzelte sie. »Oh, ich kann wieder sehen, und zwar besser als vorher! Aber was hat Gobbel denn da?«
    Che blickte zu ihm hinüber. Der Bengel stand einfach nur dort.
    Gwenny sah auch hin. Ihr linkes Auge war noch immer mit einer Linse bewaffnet. »Oh, das ist sein Tagtraum. Die größte, dickste Flasche Rülpswasser, die jemals abgefüllt wurde.« In ihrer Stimme klang Trauer mit, was Che durchaus verstehen konnte: Nun, da sie sich der Erwachsenenverschwörung angeschlossen hatten, durften sie sich eigentlich nicht mehr für solche Dinge wie Rülpswasser interessieren. Es würde seine Zeit brauchen, sich an diese Entbehrung zu gewöhnen.
    Gobbel musterte sie. »He, redet ihr %%%% etwa über mich?«
    »Oh, jetzt ist er fort«, bemerkte Jenny.
    »Weil du ihn aus seinem Tagtraum gerissen hast«, erklärte Che, obwohl er den Traum selbst gar nicht gesehen hatte.
    »Gobbel, wenn du dieses Wort weiterhin verwendest, überlege ich es mir vielleicht doch noch mal anders und werfe dich einfach in die Kluft«, drohte Gwenny.
    Che konnte sie gut verstehen. Dieser Ausdruck stellte die schlimmste Erniedrigung der Weiblichkeit dar, die es gab, weshalb die Verschwörung ihn auch verboten hatte.
    Sie machten sich wieder ans Werk. »Ich mag das nicht, daß Sammy hier allein vorausgehen soll«, sagte Jenny. »Er hätte selbst in die Ritze fallen können.«
    »Vielleicht können wir ja eine Leine an ihm befestigen«, schlug Gwenny vor.
    »Nein, das würde er nicht mögen. Außerdem könnte sie sich verhaken und ihn erwürgen. Aber wir müssen ihn unbedingt finden, den…« Sie zögerte und wollte den Kater nicht mit dem gesuchten Begriff erregen. »Was auch immer.«
    »Vielleicht könntest du ihn ja festhalten und schauen, in welche Richtung er gehen will«, meinte Che.
    »Ja, das können wir versuchen«, stimmte Jenny erleichtert zu. Sie nahm den Kater in die Arme. »So, Sammy, ich möchte, daß du bei mir bleibst, weil es hier unten sehr gefährlich ist. Ich möchte aber auch, daß du den Fluß Lethe findest, und zwar einen sicheren Weg dorthin. Du brauchst also nur in die gewünschte Richtung zu schauen, dann gehen wir dorthin. Ist das in Ordnung?«
    Der Kater schien es zufrieden zu sein, getragen zu werden. Er blickte den Tunnel entlang – und beide Mädchen zuckten zusammen. »Schau dir das mal an!« rief Gwenny entzückt.
    »Ach, das ist ja wunderbar!« bestätigte Jenny.
    »Was seht ihr denn?« fragte ein verwunderter Che.
    »Sammy träumt den Weg zum Fluß«, erläuterte Gwenny. »Das ist wie eine Landkarte, und der Weg dorthin ist deutlich hervorgehoben. Jetzt wissen wir genau, wie wir gehen müssen.«
    »Aber unterbricht ihn das nicht, wenn du es beschreibst?«
    »Nein, es ist immer noch da«, berichtete Jenny. »Vielleicht hat er als Tier ja nur eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne. Wenn er sich auf die Suche nach etwas macht, hört er entweder erst dann auf, wenn er es gefunden hat, oder wenn er daran gehindert wurde. Ich habe nie genau gewußt, wie das überhaupt funktioniert.«
    »He«, machte Gobbel. »Soll das heißen, daß ihr mit diesen Linsen Sachen sehen könnt? Träume etwa?«
    »Hoppla«, bemerkte Gwenny. »Das hätte er nicht erfahren sollen. Jetzt wird er es im ganzen Berg herumtratschen.«
    »Nein, das wird er nicht«, widersprach Che. »Schließlich bringen wir ihm zum Lethe, nicht wahr? Da wird er eben eine Sache mehr vergessen müssen.«
    »He, ich werde überhaupt nichts vergessen!« rief Gobbel. »Ich werde alle die großartigen Wörter behalten, und auch, daß meine dumme **** von einer Schwester eine Linse braucht, um zu sehen, was natürlich heißt, daß sie ebenfalls blind ist und deshalb gar nicht Häuptling werden kann, und wie sie in anderer Leute Träume rumschnüffelt.«
    »Wenn du dein Schandmaul nicht sofort hältst, wirst du möglicherweise noch eine ganze Menge anderer Sachen verlernen und vergessen«, warnte Gwenny ihn verbittert.
    Für eine Weile hielt der Bengel den Mund, weil er wußte, daß sie es ernst meinte.
    Nun kamen sie schneller voran, weil die Mädchen der Karte des Katers folgen konnten. Sie durchschritten Höhlen, die ihnen sehr viel furchtgebietender erschienen wären, wenn sie es nicht so eilig gehabt hätten. Doch konnten sie die Strecke nicht in einem einzigen Marsch

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