Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Titel: Meg Finn und die Liste der vier Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
nicht mehr Kraft gekostet, als eine Münze zu werfen. Das Regal knallte gegen die Wand, hieb eine rechteckige Kerbe in den Putz, und die paar Bücher, die noch auf den Brettern verblieben waren, flatterten wie vielflügelige Motten zu Boden.
    »Wow«, sagte Meg und starrte auf ihre Hände. Sie sahen aus wie immer, nicht so dick wie die von Popeye oder so. Aber irgendwie war sie zehnmal so stark wie früher.
    Pfeifend holte Lowrie Luft. »Ha … rhhm«, hustete er.
    »Gern geschehen«, murmelte Meg und bewegte prüfend die Finger.
    »Das … aharhh … war kein Dank, du kriminelle Göre!« Meg blinzelte. »Aber ich habe doch nur –«
    Lowrie hob drohend die Faust vom Boden. »Was hast du ›nur‹? Du bist in meine Wohnung eingebrochen und hast deinen Hund auf mich gehetzt, der mir das Bein zerfetzt hat!«
    »Das war nicht mein –«
    »Und jetzt bin ich für den Rest meines erbärmlichen Lebens ein Krüppel.«
    »Na, na, übertreiben Sie mal nicht.«
    »Übertreiben?«
    »Immerhin sind Sie nicht tot!«, gab Meg mit einem leichten Kloß im Hals zurück. »Mich hat Ihr blöder Gastank in Fetzen gerissen.«
    Lowrie hielt inne. Das Mädchen hatte Recht. Wenn es ein Mädchen war. Und wenn er das Ganze nicht nur träumte. Eine Halluzination infolge von Sauerstoffmangel. Das konnte schon mal passieren, wenn einem ein Bücherregal auf die Brust fiel.
    »Was bist du denn eigentlich? Ein Engel?«
    Meg schnaubte. »Von wegen. Ich bin ein Nichts. Weder Himmel noch Hölle. Ein Zwischenwesen. Deshalb musste ich zurück, um dem zu helfen, gegen den ich mich versündigt habe. So hat’s mir zumindest dieser blauhäutige Zwerg erklärt.«
    Allmählich kam Lowrie nicht mehr mit. Blauhäutige Zwerge und Zwischenwesen? Wovon redete das Mädchen? Wer kannte sich heutzutage schon mit jungen Leuten aus? Mit ihrer Rapmusik und den Ohrringen, die sie sich in den Bauchnabel steckten, verstand Lowrie schon die normalen Jugendlichen nicht, von Geisterexemplaren ganz zu schweigen. Aber etwas von dem, was sie gesagt hatte, blieb hängen. »Es gibt also einen Himmel?«
    Meg zuckte die Achseln. »Sieht so aus. Kommt auf Ihren Spektralschweif an. Ob der rot oder blau ist. Oder lila, wie bei mir.«
    Wieder ein Rätsel. Oder die Spinnereien eines Verrückten. Wer weiß, vielleicht spielte sein Gehirn ihm nur einen Streich, damit er wegen … der Sache nicht so unglücklich war. »Du sollst mir also helfen?«
    Misstrauisch kniff Meg die Augen zusammen. »Scheint so.« Mühsam stützte Lowrie sich auf einen Ellbogen. »Nun, da kommst du, verdammt noch mal, zu spät! Du kannst mir nicht mehr helfen. Niemand kann mir helfen.«
    »Jetzt machen Sie mal halblang. Sie sind doch bloß ins Bein gebissen worden.«
    Der alte Mann suchte tastend nach seinem Stock. »Das meine ich doch nicht, Dummkopf. Das ist zwei Jahre her!«
    Hätte Meg noch rote Blutkörperchen besessen, wären sie ihr vor Schreck aus dem Gesicht gewichen. Zwei Jahre! So lange war sie schon weg? Dann hatte man sie bestimmt längst vergessen, und nichts wies mehr darauf hin, dass sie je existiert hatte. Nicht einmal liebevolle Erinnerungen in den Herzen derer, die sie gekannt hatten.
    »Ein krimineller Geist.« Lowries Stimme unterbrach ihre Gedanken. »Das hat mir gerade noch gefehlt. Nun, dann tu endlich mal etwas Nützliches in deinem Leben, oder deinem Geisterdasein, und hilf mir hoch.«
    Er streckte die Hand aus. Sie war übersät von braunen Flecken und gekrümmt, mit Knöcheln wie Kastanien. Meg musterte die Finger, die sich ihr entgegenreckten. Sie musste ihm helfen. Deshalb war sie hier.
    »Nun mach schon. Schließlich ist es deine Schuld, dass ich nicht alleine hochkomme.«
    Sie beugte sich vor, um dem Rentner zu helfen. Ihre Finger berührten sich, das heißt, genau genommen glitten sie unter einem Geflirr durchsichtiger Funken ineinander. Bevor Meg begriff, was geschah, hatte Lowries Lebenskraft sie in sich aufgesogen, erst bis zum Ellbogen, dann bis zur Taille.
    »Lassen Sie mich los!«, schrie sie.
    Lowries Augen weiteten sich vor Verwirrung. »Ich … Ich begreife nicht …«, stotterte er.
    Die beiden Wesen gingen ineinander über. Meg steckte in Lowrie McCall, und er umgab sie wie eine Hülle.
    Es war unheimlich, widerwärtig, erschreckend. Megs Geist breitete sich aus, um den verfügbaren Raum einzunehmen. Jetzt hatten ihre Hände Kastanienknöchel, ihr Kopf wackelte, und ihre Augen waren trübe und wie mit Sandpapier überzogen.
    »Lassen Sie mich raus«, schrie sie mit der

Weitere Kostenlose Bücher