Meg Finn und die Liste der vier Wünsche
inmitten eines gewaltigen Tohuwabohus. Hunderte von älteren Leuten standen trampelnd und jubelnd zwischen den Sitzreihen eines Studios. Überall lagen benommene Sicherheitsleute herum und rieben sich schmerzende Körperteile.
Belch stieß ein kehliges Knurren aus. »Hier gefällt’s mir.«
»Freut mich zu hören«, bemerkte Elph trocken. »Wenn du damit fertig bist, die Dekoration zu bewundern, wird dir vielleicht auffallen, dass unser Zielobjekt keine drei Meter entfernt ist.«
Belchs Schnauze fuhr herum. Er hatte Meg Finns Witterung aufgenommen. Sie war da, in dem alten Mann. Er spürte, wie der Hund in ihm die Oberhand gewann. Blutgier schnürte ihm die Kehle zu. Aus den Fingerspitzen wuchsen ihm gebogene Krallen. »Ich zerfetze ihr die Aura!«
Er spannte die muskulösen Hinterläufe an und katapultierte sich durch die Luft. Wie eine Kanonenkugel donnerte er gegen sein Ziel und rammte Meg glatt aus Lowries Körper. Die beiden Geister rollten mit Funken sprühenden Auren über die Bühne.
»So, du miese Verräterin«, knurrte der Höllenhund, »jetzt kommst du mit mir.«
»Ach ja, und wohin?«, gab Meg zurück. »Vielleicht in deine Hundehütte?« Die freche Antwort kam automatisch, obwohl das, was von Meg Finn noch übrig war, mit den ektoplasmischen Knien schlotterte. Belch hatte sich verändert. Es war nicht nur die Sache mit dem Hund. Er sah gemeiner aus, durchtriebener. Als hätte er die Hölle gesehen und sich dort pudelwohl gefühlt.
»Raff, wuff, har, har«, stieß der Hundejunge finster aus. Was Elph folgendermaßen übersetzt hätte: Das war dein letzter Scherz. Gleich reiße ich dir die Zunge raus!
Erstaunlicherweise verstand Meg ungefähr, was er gesagt hatte, obwohl sie kein Wort Hündisch sprach. Vielleicht half dabei die klauenbesetzte Faust, die über ihrem Gesicht schwebte.
Elphs Ränder schmorten vor Frustration fast durch. »Halt, du dämliche Kreatur! Lass das Mädchen in Ruhe. Sie hat längst ausgespielt. Schnapp dir den alten Mann!«
Zwecklos. Belch hatte sich völlig in seine Rache verbissen. Die Situation drohte zu entgleisen.
Lowrie bekam von dem ganzen spirituellen Durcheinander nichts mit. Soweit es ihn betraf, lief alles nach Plan. Meg hatte ihn auf die Bühne gebracht, wenn auch in einer etwas aufsehenerregenderen Weise, als er es sich vorgestellt hatte, aber nun stand er hier. Und jetzt war es an ihm, den ersten Punkt seiner Wunschliste abzuhaken, sprich: Kuss für Sissy.
Cicely Ward fehlten die Worte. Was wohl normal ist, wenn plötzlich der Freund von vor über vierzig Jahren auftaucht und die Sicherheitsleute zu Kleinholz verarbeitet. Dennoch machte sie keinen Versuch, sich aus Lowries Armen zu befreien. Armen, die allmählich von der Anstrengung zu schmerzen begannen.
»Nun, Lowrie«, sagte sie, und in ihrer Stimme lag derselbe neckende Unterton wie früher. »Was hat dich hierher geführt?«
In dem Moment wurde Lowrie klar, dass er vermutlich auf Sendung war. »Verlorene Liebe«, sagte er schlicht und küsste sie auf den Mund.
Die Menge flippte aus, vor allem als Cicely Ward den Arm um die Schulter des eleganten alten Herrn legte und den Kuss erwiderte. Es war fantastisch, einfach unglaublich.
Aus dem Berührungspunkt der Lippen explodierte ein ätherischer Strahl weißen Lichts, der jeden Mann, jede Frau und jeden Geist im Studio umfing. Natürlich bemerkte das keiner. Aber jeder spürte für einen Moment, dass mit einem Mal alles in der Welt ein wenig besser war.
Nur Elph war Zeuge. Er sah den Strahl und wusste genau, was er bedeutete. Ärger. Riesenärger.
Auch Belch ahnte etwas. Die drahtigen Haare in seinem Nacken kribbelten warnend. »Was zum Teufel ist das?«, knurrte er und blickte über die Schulter.
Elph hatte gerade noch Zeit, ihm zu antworten, bevor der Energiestrahl sie beide zurück in die Unterwelt katapultierte:
»Positive Energie«, sagte er. »Hundert Prozent reines Gut.«
Und Meg spürte, wie ihre Aura einen kräftigen Schuss Blau hinzubekam.
Cicely begleitete Lowrie zum Tor, angeblich um ihn vor den Sicherheitsleuten zu beschützen, denen es in den Fingern juckte.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass du es bist«, sagte sie und schob sich eine Locke hinters Ohr. »Lowrie McCall hier, direkt vor meiner Nase.«
Lowrie seufzte. »Ich komme ein paar Jahrzehnte zu spät.« Die berühmte Fernsehdame ergriff seine Hände.
»Spät vielleicht, aber nicht zu spät.«
Meg drehte es fast den Magen um. »Das ist ja nicht zum Aushalten!
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