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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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zum Altar zu führen. Doch in ihrem Herzen wusste sie, dass es nur um Kontrolle gegangen war.
    »Haben Sie die Absicht, eine Familie zu gründen?«, fragte sie Trevor und nahm voller Mitgefühl zur Kenntnis, wie bleich sein Gesicht geworden war. Der Mann schüttelte den Kopf.
    Vielleicht hatte ihr Vater am Ende recht gehabt. Tommy war ein Jahr später verschwunden, nachdem er seinen Job als Schienenleger bei der Eisenbahn verloren hatte. Wer konnte ahnen, wohin er gegangen war? In ein Arbeitercamp im Norden, gen Westen auf die Ölfelder, auf einen Walfänger nach Japan.
    Sie starrte auf das Rückenteil des Sitzes vor ihr und erinnerte sich, wie ihr Vater sich gewaltsam Zutritt verschafft hatte in ihr schäbiges Einzimmer-Apartment und wie er sie mit nach Hause genommen hatte, obwohl sie fest entschlossen gewesen war, bis ans Ende ihres Lebens auf Tommy zu warten.
    »Haben Sie ihn jemals wiedergesehen?«
    »Was?« Sie drehte sich zu ihm und blickte Trevor an. Sie schien plötzlich verwirrt, geradezu überrascht, dass er da war und neben ihr saß.
    »Nachdem er weggegangen ist, meine ich. Sie sagten, er habe Sie verlassen.«
    Constance war nicht bewusst gewesen, dass sie laut gedacht hatte. »Ja... Er kam Monate später wieder und suchte nach mir, und mein Vater drohte, die Polizei zu rufen. Ich wäre mit ihm gegangen, wenn die Verlobung nicht gewesen wäre.«
    »Verlobung? Ist mir da irgendetwas entgangen?« Trevor sah ganz konfus aus.
    »Donald. Aber das ist eine andere Geschichte. Der Punkt ist, dass ich Tommy aus meinem Leben habe gehen lassen. Mein Vater hat es irgendwie geschafft, die Ehe annullieren zu lassen.« Sie lächelte und machte eine Geste in Richtung des weißen Behälters auf ihrem Schoß. »Mir gefällt die Vorstellung, dass diese Reise ihn für meine Feigheit entschädigt und für die verlorenen Jahre. Aber jetzt erzählen Sie mir mal über Ihre Familie.«
    Trevor rutschte auf seinem Sitz hin und her. »Eine langweilige Geschichte«, sagte er und tat so, als müsse er gähnen. »Schlafen Sie nie?«
    »In meinem Alter ist jede Minute kostbar«, gab sie zurück. Constance öffnete die Deckelklappe einer silbernen Taschenuhr, die an ihrer Bluse festgesteckt war. »Es ist spät.« Sie ließ Thomas zurück in die Tasche gleiten, zog unter ihrem Sitz eine der Wolldecken der Fluglinie heraus und legte sie über ihrer beider Knie. Wehmut umhüllte sie wie Nebel.

5

    Das Rollfeld verströmte die gespeicherte Hitze des Tages, als die Passagiere von Cairo Air Flug 2374 durch die schwüle Nachtluft auf das Flughafengebäude zuliefen. Constance bückte sich, stellte ihre Tasche auf den harten, schwarzen Asphalt, und dann breitete sie die Arme aus, als wolle sie ganz Afrika umarmen. Noch war sie nicht in Schwarzafrika, dem tiefen, wilden Herz des Kontinents, doch waren dies ihre ersten Schritte auf seiner urtümlichen Erde. »Ich kann nicht fassen, dass wir in Ägypten sind«, rief sie aus, warf ihren Kopf in den Nacken und atmete tief ein. Die Luft roch vornehmlich nach Abgasen und schmelzendem Teer statt nach großen Tierherden und Wildnis.
    »Nicht lange.« Trevor blieb stehen und glitt mit den Augen über die Düsenmaschinen, die auf dem Rollfeld standen. »Wo ist unser Anschlussflug?«
    »Muss doch ein Kamel auf der Startbahn gewesen sein«, meinte Constance und klemmte sich ihre Tasche unter den Arm. »Kein bisschen Sand hier.« Das Bild, das sich vor ihr auftat, war nicht, was sie erwartet hatte. Allerdings war sie inzwischen eine erfahrene Reisende und wusste, dass der erste Eindruck oftmals trog. Sie erinnerte sich, wie sie nach ihrem ersten Flug weg von ihrem Zuhause mitten in der Nacht in Amsterdam angekommen war. Ein Taxi hatte sie — nach dem langen Flug erschöpft und verwirrt — vor ihrem Hotel abgesetzt, einem heruntergekommenen Gebäude in einer Straße, in der halb bekleidete Frauen in Schaufenstern saßen und Cafés mit Haschisch-Milchshakes Kunden warben. Es war ein fürchterlicher Schock gewesen. Doch ein freundlicher Fremder hatte ihr den Weg gewiesen zu einem anderen Hotel, das sich als sauber und ruhig herausstellte und von dessen Zimmer sie Ausblick auf eine Gracht gehabt hatte. Ein paar Tage später, als sie Amsterdam wieder verlassen wollte, um nach Prag weiterzureisen, hatte sie sich unsterblich in die Stadt verliebt.
    Sie folgte Trevor und der auseinanderstiebenden Schlange müder Passagiere durch die doppelten Glastüren in das Gebäude des Flughafens von Kairo. Die Transithalle

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