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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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er auf seiner Reise schnell vorankommt. Sie steckten ihm einen Hirtenstab in die Hände und legten ihn in die offene Savanne, mit dem Gesicht Richtung Osten, der aufgehenden Sonne entgegen. Wilde Tiere verzehrten den Leichnam in der Nacht. Schlicht, schön, stolz und harsch — wie das Leben, das diese Menschen leben.
    Da morgen mein letzter Tag ist, hat Michael zu meinen Ehren ein Ziegenfest für mich arrangiert, bei dem jede Menge getanzt und gesungen wird. Frauen ist es nicht gestattet, bei dem Fest zu essen, aber für mich haben sie eine Ausnahme gemacht. Eine achtzigjährige Frau stellt keine große Bedrohung dar. Morgen werde ich mit dem Zug über Mombasa nach Malindi zum Indischen Ozean fahren. Könnte eine gute Stelle für Donald sein.
    Grüßen Sie bitte Angela von mir.

    Alles Liebe,
    Ihre Freundin Constance

11

    Trevor starrte auf das Foto. Ein zusammengewürfeltes Sortiment von Ersatzteilen in ein Dorf weit draußen im afrikanischen Busch schicken? Was weiß ich denn über Reparaturen? Ich fahre meinen Wagen in die Werkstatt, wenn der Ölwechsel ansteht; ich bin ein Verkäufer. Er warf die Fotos und den Brief in eine Schublade. Constance war exzentrisch wie eh und je. Er schaltete das Eishockeyspiel ein und machte es sich auf dem Sofa bequem. Seine Finger rochen schwach nach Rosenblüten.
    In den nächsten paar Wochen konnte Trevor nicht aufhören, an Constance und ihren Brief zu denken. Er erwischte sich dabei, wie er aus dem Fenster seines Büros auf den Parkplatz hinausstarrte, obwohl er ein Dutzend Berichte zu schreiben und Reisen zu planen hatte. Bei einem ihrer Verkaufstreifen, das sie jeden Mittwoch abhielten, stellte Andy ihm dreimal die gleiche Frage, bevor Trevor es mitbekam und nach Worten suchte, um sie zu beantworten. Er konnte einfach nicht dahinterkommen, wo das eigentliche Problem lag. Um Constance machte er sich keine Sorgen. Bei Gott nicht, denn sie hatte ja einen löwentötenden Massai-Krieger, der sie bewachte. Und überhaupt, was ging das Ganze ihn an?
    Sein elektrischer Bleistiftanspitzer rückte das Problem ins rechte Licht. Der Anspitzer gab den Geist auf, er spitzte nicht mehr. Statt die Kuppe des Bleistifts zu einer tödlichen, effizienten Spitze zu schleifen, zermahlte die Maschine sie zu einem stumpfen Stummel. Er versuchte, das Problem im Alleingang zu lösen, und saß am Ende vor einer Kiste voller Einzelteile. Im Vorratsraum versicherte man ihm, er könne innerhalb einer Woche einen neuen Anspitzer bekommen, doch trug er stattdessen einen ganzen Karton voller Bleistifte zum Empfang und spitzte sie alle, einen nach dem anderen, dort. Als er den letzten Bleistift in das Loch steckte, kam ihm die Antwort. Er hasste kaputte Sachen. Bei ihm zu Hause war nichts länger als einen Tag kaputt. Er scheute weder Kosten noch Mühe, hochwertige Möbel und zuverlässige Elektrogeräte in Geschäften zu kaufen, die über fähige Kundendienstabteilungen verfügten. Der Gedanke an einen Traktor, an einen seiner Traktoren, der in den Tiefebenen von Afrika vor sich hin rostete, mit Hyänenpisse an den Reifen und mit von Löwenzähnen zerbissenen Sitzpolstern, ließ ihn in der Nacht nicht schlafen. Er redete sich erfolgreich ein, dass seine Unruhe nichts mit Constance zu tun hatte und mit der Gefälligkeit, um die sie ihn gebeten hatte.
    Er lief durch die Halle, um mit Andy zu sprechen, der seit fünfunddreißig Jahren bei der Firma war. Trevor klopfte an die offen stehende Tür.
    » Trevor«, sagte Andy. Sein Stuhl quietschte, als er sich zurücklehnte. Er hatte zugenommen, und die Knöpfe seines Hemdes klafften über dem Bauch auseinander. »Was gibt’s?« Andy reiste überhaupt nicht mehr. Im Laufe der Jahre, die Trevor ihn jetzt kannte, war ihm das Haar ausgefallen. Er spielte an den Wochenenden Golf, und auf dem Schreibtisch häuften sich Fotos von seinen Enkelkindern.
    »Hi Andy.« Trevor setzte sich. »Ich habe einen Vorschlag zu machen. Im Hinblick auf Nachbetreuung.«
    »Nachbetreuung?« Andy zog die buschigen Augenbrauen in der Mitte seiner Stirn zusammen. »Was meinst du damit?«
    »Können wir bei internationalen Verkäufen unsere Nachbetreuung verbessern?« Trevor wusste selbst nicht so recht, wofür er sich hier eigentlich einsetzte. Er hatte seine Verkäufe nach Übersee hinterher noch nie weiterführend betreut. »Du weißt schon. Sind die Kunden zufrieden? Was tun sie, wenn sie Ersatzteile brauchen?«
    »Das liegt beim jeweiligen Käufer«, erwiderte Andy. »Wenn sie uns um

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