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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Eriksson
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fetten kleinen Hund. Das Foto mit der Schulklasse, auf dem ihr Haar, nahezu weiß, einen kurzen Fransenschnitt hatte und ihr ein Kniestrumpf unten um den Knöchel hing. Als etwa Zehn- bis Zwölfjährige war sie ein echter Wildfang gewesen in Jeans und mit Zöpfen, immer ein Tier — Hund, Huhn, Pony, Welpe — im Schlepp. Er blieb an einem Foto hängen, das Angela dabei zeigte, wie sie das Fell eines Kälbchens putzte. Sie hatte auf dem Bild ihren Rechtsanwaltsblick, die Augen, die durch Haut und Knochen hindurchsehen konnten.
    »Du hast dich nicht groß verändert«, frotzelte er. Sie trat vom Spülstein weg und schlug ihm mit dem Zipfel des Geschirrhandtuchs auf den Schenkel.
    »Hey!«, lachte er, blätterte dann eine Seite weiter. Angela, die einen kleinen Mann in Cowboystiefeln umarmte. »Wer ist der Typ?«
    Angela beugte sich herüber. »Unwichtig«, meinte sie. »Das reicht hier jetzt auch.« Sie packte die Alben zusammen, hob sie vom Tisch und verschwand damit im Wohnzimmer.
    »Ich habe die Fotos von deiner Abiturfeier noch nicht gesehen«, rief er ihr nach.
    »Die stehen auf dem Geschirrschrank«, versicherte Helen ihm. »Und das von der Abschlussfeier der Universität ebenfalls.« Helen schob ihren Stuhl zurück. »Ich denke, ich fange besser mal mit dem Brot an.«
    »Warum hat sie das jetzt alles weggenommen?«
    »Ich nehme an, weil sie nicht möchte, dass du Bekanntschaft machst mit den anderen Männern in ihrem Leben.« Helen schüttete Weizenkörner in eine elektrische Mühle.
    »Was meinst du damit?«
    »Mach dir keine Gedanken.« Sie drückte einen Schalter und brüllte gegen den Lärm der Maschine an: »Du verpasst da nicht viel.«
    Trevor wanderte hinüber zur Fliegengittertür. Seine Beine fühlten sich steif an, und die Muskeln in seinen Armen schmerzten. Von drinnen konnte er hören, wie Bjorne und sein Vater sich auf der Veranda unterhielten. Die beiden Männer saßen nebeneinander auf einer Holzbank, rauchten und erörterten die Vorteile, die runde Heuballen gegenüber rechteckigen hatten. Neben Bjorne lehnte eine Gitarre an der Wand.
    »Wir müssen bald zu runden Ballen übergehen, Dad«, führte Bjorne an. »Das machen sie jetzt alle. Wir werden bald keine Abnehmer mehr finden.«
    »Unsere Geräte sind immer noch gut«, gab Axel zur Antwort. »Das Vieh interessiert es nicht, ob der Ballen rund oder eckig ist.«
    Als sie die Tür schlagen hörten, rissen sich beide Männer die Zigaretten aus den Mündern, aber als sie Trevor erblickten, lachten sie leise vor sich hin und steckten sie wieder zwischen die Lippen.
    »Wir dachten, du seist Ma«, sagte Bjorne.
    Die Fliegengittertür quietschte noch einmal, und plötzlich stand Helen mit einem Eimer voller Küchenabfälle in der Hand hinter Trevor. » Trevor ist gescheit. Der raucht nicht«, schalt sie Sohn und Gatten. »Er weiß, was gut für ihn ist. War dieser Kojote letzte Nacht hinter meinen Hühnern her?«
    »Mach dir darüber keine Sorgen, Ma. Ich habe Bretter vor die Löcher genagelt«, antwortete Bjorne. »Und du solltest wissen, dass ich meine Raucherei reduziert habe. Außerdem wird Dr. Adams mich so zusammenflicken, dass ich fast wieder so gut wie neu bin. Und wenn du Trevor auch nur noch einen einzigen Bissen mehr zu essen gibst, wird er uns morgen bei der Arbeit nicht nützlich sein.«
    Helen blickte verwirrt auf den Eimer nieder. »Das ist für meine Hühner«, sagte sie, erst dann fiel ihr das Grinsen auf dem Gesicht ihres Sohnes auf. »Wenn du nicht so groß und kräftig wärst, würde ich dich verhauen.« Liebevoll schlug sie ihm mitten auf den Kopf und lief dann schnellen Schrittes in Richtung Scheune, mit sich selbst schimpfend.
    »Bye Ma!«, rief Bjorne ihr nach, drückte dann seine Zigarette aus und nahm die Gitarre vom Boden. Er wandte sich Trevor zu. »Ang hat gesagt, dass du auf einer Farm aufgewachsen bist. In welcher Gegend?«
    »Im Süden von Saskatchewan. In der Nähe von Moose Jaw.« Es war sicherer, es möglichst vage zu halten. »Spielst du oft?«
    »So oft ich kann. Was bedeutet, dass ich nicht oft spiele, wegen der Farm und der Familie.« Bjorne schlug ein paar Moll-Akkorde an.
    »Er hatte in der High School seine eigene Band«, warf Axel ein.
    »Das ist lange her«, erwiderte Bjorne. »Also erzähl mal. Wie hast du Angie kennengelernt? Auf der Uni?«
    Trevor wollte ihnen die Wahrheit nicht erzählen. Dass sie einander in einer Bar begegnet waren. Dass sie sich in einer verrauchten Kneipe von Calgary gegenseitig

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