Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
„ungerechte“ Geldleihpraktiken und manche Existenzgründung scheitert.
Das Neue Testament belegt insgesamt einen ziemlich entspannten Umgang mit dem schnöden Mammon – vom verlorenen Groschen bis „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ . Und: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ , heißt es dort beispielsweise. Nächstenliebe und der Aufbau der Gemeinde – die soziale Dimension – sind das Kriterium des angemessenen Umgangs mit Geld in der Bibel. Reichtum wird zum Problem, wenn er zu Geiz und Gier führt. Er kann zum Segen werden, wenn mit den Pfunden, wie Jesus sagt, gewuchert wird für das Gemeinwohl. Die Pfunde mögen Geld sein. Oder eben auch Talente, wie es in einer alten Übersetzung heißt, also Chancen, Möglichkeiten, Gaben, die ich einbringen kann. Wer Eigenes in die Gemeinschaft einbringt, wer für andere gibt, was er oder sie an Geld, Zeit, Kreativität hat, wird es vermehren. Es geht um Begabung, die jeder Mensch hat, oder wie Paulus das ausdrückt: Es gibt viele Gaben, aber es geht darum, dass sie von einem Geist zusammengehalten werden (1. Kor 12).
In der Bibel werden Reichtum und Wohlstand an sich nicht verurteilt. Aber Reiche haben es schwer mit dem Himmelreich, das zeigt der berühmte Vergleich im Markusevangelium, Kapitel 10, Vers 25: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.“ Ich denke, das liegt daran, dass Besitz unfrei macht, Haben- und Halten-Wollen immer stärker werden und der Mensch sich nicht mehr auf Gott gewiesen weiß, sondern meint, selbst das Leben in der Hand zu haben. Reichtum oder Wohlstand vernebeln oft den Blick auf das Ganze, die Verantwortung für das Gemeinwohl.
Und es geht auch darum, wie Reichtum entsteht. Durch die Ausbeutung anderer, durch Raubbau an der Natur? Oder auf nachhaltige Weise, bei der das Bauen und Bewahren im Blick ist und nicht nur das Ernten? Gemeinwohl und Nachhaltigkeit sind – freilich sehr verkürzt – Grundsätze eines von der Bibel her begründeten gerechten Wirtschaftens. Ich meine, dass sie auch in unserer Zeit und aktuellen Situation gerade in ihrer Einfachheit überraschend hohe Aktualität erlangt haben.
Wirtschaften mit allen
Wir brauchen bei alledem einen klaren, realistischen und selbstkritischen Umgang mit Geld. Das ist gut biblisch. Es geht ebenso um die innere Freiheit vom Besitz wie um die Freiheit zum Handeln. Um Verantwortung im Umgang mit Geld ebenso wie um Gottvertrauen. Wirtschaft wird in den jüngsten Diskussionen um Zukunft und Wachstum als ein merkwürdig isolierter Bereich angesehen. Dabei leitet sich der Begriff oikonomia ja vom griechischen Wort oikos ab, dem Haus, das Ganze umfassend, wie oikumene oder oikologie . Ich denke, eine der entscheidenden Fragen ist, ob die Ökonomie sich als Teil des Ganzen begreift, sich einfügt in das Zusammenspiel von Politik, Kultur und Zivilgesellschaft insgesamt oder ob sie sich abgrenzt vom oikos und meint, in einem eigenen Raum mit eigenen Gesetzen zu existieren.
Der Nobelpreisträger Amartya Sen hat daher in seinem Buch „Ökonomie für den Menschen“ 46 die Erweiterung von Freiheit sowohl als Zweck an sich wie auch als oberstes Ziel für wirtschaftliche und soziale Entwicklung definiert. Das ist ein interessanter Gedanke. Dann geht es nicht um Wirtschaft um des Gewinns willen, sondern der Mensch rückt wieder in den Mittelpunkt. Dann geht es um ein Wirtschaften mit allen. Das würde nicht das Streben nach materiellem Gewinn in den Mittelpunkt stellen, sondern die Würde aller. Es ginge nicht um den Kampf um die vordersten Plätze, sondern darum, dass auch der Letzte noch würdig leben kann, weil das mein eigenes Leben im Sinne von Gerechtigkeit als Beziehungsgeschehen bereichert. Es geht nicht um die Angst, nicht mithalten zu können, sondern um das Vertrauen, dass ich wertvoll bin, ganz gleich, wie viel ich beitragen kann.
Wir können in der Gerechtigkeitsfrage nicht die persönliche Verantwortung auf die Unternehmen abwälzen und die unternehmerische Verantwortung nicht kleinreden. Beides ist relevant! Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Altbischof Huber, schreibt: „Die gegenwärtige Krise – das wird angesichts eines verbreiteten Systemdenkens oft übersehen – hat eine individualethische Dimension: Viele haben ihre Freiheit allein im Blick auf die eigenen Individualinteressen genutzt. Verantwortlich zu handeln heißt aber, die eigenen Entscheidungen daraufhin zu prüfen, dass sie
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