Mehr als Ja und Amen - Doch wir koennen die Welt verbessern
Frieden und die Bewahrung der Schöpfung.
Unser christlicher Glaube existiert ja nie jenseits von der Zeit und der Welt, in der wir leben. Er stärkt uns geistlich, schärft unser Gewissen und macht uns Mut zum Handeln in der Welt. Als Kirche insgesamt ringen wir um Nachhaltigkeit, etwa wenn in Hannover die Dächer vom Landeskirchenamt und dem Haus Kirchlicher Dienste mit Solarzellen ausgestattet werden, wenn Energiegutachten für Pfarrhäuser erstellt werden – aber auch im kleineren Maßstab, wenn wir fair gehandelten und biologisch angebauten GEPA-Kaffee ausschenken. Umweltfragen, Wirtschaftsinteressen und die soziale Realität zu verbinden, darum geht es bei Nachhaltigkeit! Da mag mancher lächeln, aber wir können etwas verändern. Gerade erst hat das eine Studie nachgewiesen. 73 In ihr wird deutlich, „dass Fair Trade tatsächlich die Lebens- und Arbeitsbedingungen benachteiligter Produzenten in den Entwicklungsländern verbessern kann. Ziele wie eine transparente Preisbildung seien bisher jedoch nicht optimal erreicht.“ 74
Mir ist wichtig, dass wir Menschen ermutigen. Wir können noch umkehren! Ja, wir müssen prophetisch mahnen, ohne den Fatalismus zu stärken. Uns ist bewusst: Zur ökologischen Erneuerung im Sinne einer Langzeitverantwortung gibt es keine Alternative, wenn diese Erde auch noch für unsere Kinder und Kindeskinder bewohnbar sein soll. Die Frage ist, ob es die politische Kraft gibt, auf eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaftsform umzusteuern, die vor allem auch den Maßstäben weltweiter und generationenübergreifender Gerechtigkeit entspricht.
Politik mit dem Einkaufskorb
Als ich bei der Übergabe der Erntekrone an den Bundespräsidenten in der französischen Friedrichstadtkirche in Berlin sagte, dass, während 46 Prozent der Weltbevölkerung mit zwei Euro am Tag überleben müssten, eine deutsche Kuh von der EU mit zwei Euro am Tag subventioniert würde, gab es Gemurmel. Bauernpräsident Sonnleitner sagte mir anschließend, er habe schon befürchtet, nun folge die übliche Schelte der deutschen Landwirte. Aber das wäre viel zu einfach. Auch die Landwirtschaft in Deutschland ist eingebunden in ein System, das vom Markt diktiert wird. Ein Landwirt sagte mir, er habe das Gefühl, Geld nicht mehr auf dem Feld, sondern am Telefon zu verdienen. Er verkaufe am Telefon schon eine Ernte, die er noch gar nicht ausgesät habe. Und genau dieses System führt dann zu Nahrungsmittelspekulation. Aber es ist eben nicht einfach nur „der Markt“. Auch der Markt wird von Menschen gemacht. Und wir alle haben als Produzierende und Konsumierende daran Anteil. Wie stark die Macht der Verbraucher ist, zeigte sich etwa, als nach der Entdeckung sehr unappetitlicher Maden in Fisch in kürzester Zeit der Fischmarkt in Deutschland völlig zusammenbrach. Unterschätzen wir nicht, was wir tun und bewirken können.
Es gibt eine „Politik mit dem Einkaufskorb“, wie sie beispielsweise mit Blick auf das Apartheidregime in Südafrika und die Kampagne der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland betrieben wurde. Die Aktion war damals sehr umstritten, ich weiß. Aber sie hat große Aufmerksamkeit erregt. Es waren Frauen, die sie getragen haben. Diejenigen, die in ihrem Lebensmittelladen mit dem Händler vor Ort diskutiert haben und natürlich all die, die schlicht nur noch Früchte ohne Herkunft aus Südafrika eingekauft haben. Der Boykott zeigte in kurzer Zeit Wirkung. Das geht doch auch heute: „Woher kommen die Lebensmittel?“, kann ich fragen. An der Fleischtheke, wenn es denn Fleisch sein soll. Am Obststand kann ich mich fragen, ob ich wirklich im Februar Erdbeeren brauche. Warum beim Kauf nicht Saison und Region berücksichtigen? Bei Blumen gibt es inzwischen eine Herkunftskennzeichnung …
Überzeugend finde ich beispielsweise das Berliner „COEO-Haus der guten Taten“. Es liegt an der Schloßstraße, einer der beliebtesten Shopping-Meilen Berlins. Schon die Gestaltung des Ladens setzt sich wohltuend von den umliegenden Geschäften ab: einladend offen mit viel Platz, inmitten der Regale ein rustikaler Holztisch mit Bänken, eine Sitzecke und eine Kaffeetheke. Der Name „COEO“ leite sich vom lateinischen Wort „coire“ ab, das „Zusammenkommen“ und „sich finden“ bedeutet, erklärte mir eine Mitarbeiterin. Die Waren, die hier verkauft werden – Lebensmittel, Taschen, Spielzeug und Deko-Artikel – stammen überwiegend aus „Fair Trade“-Betrieben auf der ganzen Welt oder wurden
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