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Mehr als nur ein halbes Leben

Mehr als nur ein halbes Leben

Titel: Mehr als nur ein halbes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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wir uns so freuen.
    »Heidi, vielen Dank, dass du mich besuchst.«
    »Du hast keinen Grund, dich zu bedanken. Ich tue nur, was auf dem Dienstplan steht. Du bist mein Elf-Uhr-Termin.«
    Hä?
    »Ich bin deine BT.«
    Nochmal, hä?
    »Deine Beschäftigungstherapeutin. Ich arbeite hier.«
    »Oh!«
    Der Kittel, die lila Crocs, der Lichtbildausweis, der an einer Kordel um ihren Hals baumelt. Ich war immer davon ausgegangen, dass sie irgendeine Art von Krankenschwester ist, aber ich habe sie nie gefragt, was genau sie macht oder wo sie arbeitet.
    »Wie geht es dir?«, fragt sie.
    »Gut.«
    Sie starrt mich an und wartet ab, als wäre ich ein schwieriger Teenager, der bestreitet, dass die Drogen ihm gehören. Ich habe ein Schädel-Hirn-Trauma, mein Kopf ist kahl rasiert, ich kann nicht laufen, weil ich keine Ahnung habe, wo mein linkes Bein ist, und sie ist hier, weil sie meine Beschäftigungstherapeutin ist und ich ihr Elf-Uhr-Termin bin. »Gut« ist nicht annähernd eine zutreffende Antwort.
    »Ehrlich gesagt, nicht so gut. Ich will nicht hier sein. Ich will nicht in diesem Zustand sein. Ich will einfach nur nach Hause.«
    »Hey, ich will auch nicht, dass du hier bist. Sosehr es mich auch freut, die Gelegenheit zu haben, dich endlich besser kennen zu lernen, würde ich das doch lieber in meinem Wohnzimmer bei einer Flasche Wein tun.«
    Ich lächle, weil ich Heidis Freundlichkeit zu schätzen weiß, aber nur für einen winzigen Moment, denn ich bin im Moment zu beschäftigt damit, genauer auszuführen, inwiefern es mir »nicht so gut« geht.
    »Ich habe so viel Arbeit versäumt, so viele wichtige Termine. Ich muss wieder zur Arbeit. Und meine Kinder. Charlie hat Probleme in der Schule, und ich vermisse es, Lucy ins Bett zu bringen – und Linus. Ich muss wirklich wieder nach Hause.«
    Meine Stimme beginnt schon zu brechen, als ich Lucys Namen sage, und sie versagt völlig, als ich zu Linus komme. Tränen laufen mir übers Gesicht, und ich versuche gar nicht erst, sie zurückzuhalten. Heidi reicht mir ein Taschentuch.
    »Ich will mein Leben wiederhaben.«
    »Wir bringen dich wieder dorthin. Du musst positiv bleiben. Ich habe Charlie und Lucy gestern beim Vor-Schulbeginn-Programm gesehen, und es geht ihnen gut. Haben sie dich schon gesehen?«
    »Sie kommen heute zum ersten Mal.«
    Seit dem Unfall sind zweieinhalb Wochen vergangen, und Bob hat mir erzählt, dass Charlie und Lucy angefangen haben zu fragen: »Wann kommt Mommy von der Arbeit nach Hause?« Ich wünschte, ich wüsste es. Und ich wünschte auch, sie müssten mich nicht hier sehen, in diesem Zustand, kahl rasiert und behindert in einer Rehaklinik, aber ich kann es nicht mehr erwarten, sie zu sehen.
    »Gut. Und ich habe eben deine Mom getroffen. Sie ist ja so süß. Sie wollte wissen, wo sie dir einen Hut kaufen könnte.«
    Natürlich wollte sie das.
    »Was hast du ihr gesagt?«
    »Ich habe sie zur Pru geschickt.«
    »Hat sie nach der Adresse gefragt?«
    »Ja, sie ist versorgt.«
    Sie ist ein Fall für sich.
    »Also, wir werden mit dir trainieren, wieder auf die linke Seite zu achten. Bist du bereit, mit der Arbeit anzufangen?«
    »Ja.«
    Ich hole einmal tief Luft.
    »Kannst du mir sagen, wie spät es ist?«, fragt sie.
    »Elf Uhr.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Weil du mir gesagt hast, dass ich dein Elf-Uhr-Termin bin.«
    Sie lacht.
    »Bei dir werde ich wirklich auf Draht sein müssen. Ehrlich gesagt bin ich heute ein bisschen spät dran. Kannst du mir sagen, wie viel zu spät ich bin?«
    »Ich sehe hier drinnen keine Uhr.«
    »Na ja, du trägst eine wunderschöne Armbanduhr.«
    »Ach ja.«
    Meine Cartier-Uhr. Platin, mit rund geschliffenen Diamanten ringsum und römischen Zahlen auf dem Ziffernblatt.
    »Kannst du mir sagen, wie spät es darauf ist?«
    »Ich kann sie nicht finden.«
    »Kannst du sie an deinem Handgelenk spüren?«
    »Nein.«
    »Wie hast du sie denn angelegt?«
    »Das hat meine Mutter für mich getan.«
    »Okay, suchen wir deine Uhr.«
    Sie steht auf und scheint das Zimmer zu verlassen, aber ich höre die Tür nicht auf- und zugehen. Ich warte darauf, dass sie irgendetwas sagt. Doch sie sagt nichts.
    »Du riechst nach Kaffee«, stelle ich fest.
    »Gut, du wusstest, dass ich immer noch hier bin.«
    »Für einen Kaffee würde ich jetzt alles geben.«
    »In der Eingangshalle gibt es ein Dunkin’ Donuts. Wenn du mir sagst, wie spät es ist, hole ich dir einen.«
    Ich atme wieder ihren Kaffeegeruch ein, und mein Herz schlägt vor Vorfreude ein

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