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Mehr als nur ein Zeuge

Mehr als nur ein Zeuge

Titel: Mehr als nur ein Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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Zeit.
    Als ich später im Bett liege, kann ich nicht einschlafen. Mir ist heiß und kalt, und es kommt mir vor, als ob ich krank werde. Was DC Bettany gesagt hat, will mir nicht aus dem Kopf. Es war alles meine Schuld, das erkenne ich jetzt ganz deutlich. Damals habe ich nichts unternommen, weil Arron dann nicht mehr mein Freund gewesen wäre. Aber jetzt habe ich meinen Freund ein für alle Mal verloren, und auf meinem Gewissen lastet ein Toter.

|118| Kapitel 10
Kaufrausch
    Ich kämpfe mich durch den nächsten Tag, gähne viel und wäre am liebsten einfach nach Hause gegangen, um mich auszuschlafen. Mr Hunt zeigt keine Milde, ich muss tatsächlich doppelt nachsitzen, und sogar das Training auf der Bahn kommt mir wie eine lästige Pflicht vor. Ich spule alles routinemäßig ab und Ellie ist enttäuscht. »Ruh dich am Wochenende mal ein bisschen aus«, meint sie. »Wir treffen uns dann am Sonntag beim Wettkampf.«
    Am Samstagmorgen würde ich liebend gerne noch im Bett bleiben, aber Mum ist fest entschlossen, rauszugehen. Sie hat ihr Make-up gefunden und sich die Augenbrauen gezupft, was sie jünger und attraktiver aussehen lässt. Sie hat mit ihren Haaren rumexperimentiert, die Spitzen stachelig nach oben frisiert und mit irgendeinem komischen Spray ein paar rote Strähnchen hinzugefügt. Es sieht ungewohnt aus   – solange ich mich erinnern kann, ist sie immer blond gewesen   –, aber es steht ihr. Meinte Tante Emma würde »grenzwertig« dazu sagen. Ich sage ihr, dass sie gut aussieht, und sie scheint sich darüber zu freuen.
    |119| »Heute geben wir mal ein bisschen Geld aus«, sagt sie. »Du bist derart gewachsen, dass dir alle Hosen zu kurz geworden sind, und ein paar neue Shirts könntest du auch gebrauchen. Ich kann die ewigen Kapuzenpullis nicht mehr sehen.«
    Hat sie vergessen, dass ich so oft wie möglich eine Kapuze aufsetze, weil die Polizei das so haben will? »Am allermeisten brauche ich gute Laufschuhe«, sage ich, und sie ist damit einverstanden, mir welche zu kaufen.
    Wir gehen zur Bushaltestelle, und mir fällt auf, dass ich tatsächlich größer bin als sie. Ich kann auf ihre aufgesprühten Strähnchen runterschauen. Es sind nur zwei Zentimeter oder so, aber der Unterschied ist gewaltig. Ich dachte schon, dass ich nie mehr wachse, und jetzt ist es tatsächlich passiert. Nach dem vielen Training der letzten paar Wochen komme ich mir auch kräftiger und fitter vor. Mein ganzer Körper fühlt sich anders an. Dieser Joe hat all die Veränderungen, die sie uns im Sportunterricht immer versprochen haben, wie ein Turbolader beschleunigt. Joe ist größer, er ist behaarter und muskulöser. Seine Stimme ist fast immer tief. Er hat es auch geschafft, keine Pickel zu kriegen. Ty war ein Junge, Joe ist schon fast ein Mann. Das gefällt mir. Sogar sehr.
    Als wir das Einkaufszentrum betreten, kommt es mir vor, als würden wir von Hunderten Augen beobachtet. Ich sage rasch zu Mum: »Kann ich schon mal los und nach Schuhen gucken, solange du im
New Look
bist?«, und wir machen aus, dass wir uns in einer halben Stunde vor dem
Topshop
treffen.
    |120| »Bei
New Look
gibt’s eigentlich schöne Sachen«, sagt sie, »aber ohne deinen Rat kaufe ich erst mal nichts.«
    Der Sportladen hat richtig gutes Zeug   – es ist nicht einer dieser verkappten Modeläden   –, und ich fange sofort an, Laufschuhe anzuprobieren. Dann sehe ich Carl den Shrek-lichen, wie er mit seiner Mutter Fußballschuhe kauft. Sie macht ein Riesentheater darum, dass er auch ja die besten Treter kriegt, und sie scheint das nötige Kleingeld dafür zu haben. Weil es ihm garantiert peinlich ist, gesehen zu werden, warte ich, bis seine Mum mit einem Verkäufer zugange ist, schlendere an ihm vorbei und sage: »He, Carl. Na, was geht?«
    Carl schnaubt wie ein Schwein, dem das Futter ausgegangen ist.
    »Gehst du mit deiner Freundin shoppen?«, frage ich unschuldig.
    Carl grunzt wütend. Seine Mum kommt mit einem Paar grellorangefarbener Stiefel wieder, die aussehen, als hätte jemand drübergekotzt, und fragt: »Carl, mein Häschen, ist das einer von deinen Mannschaftskameraden?«
    »Nein«, knurrt Carl. Sie schaut ihn fragend an und er brummelt mürrisch: »Das ist Joe. Aus meinem Jahrgang.«
    »Tolle Stiefel«, sage ich zuvorkommend. »Wenn du die anhast, tritt keiner mehr daneben, was, Carl?«
    »Genau das habe ich auch gesagt«, sagt Carls Mum, und ich genieße es, wie Carl finster vor sich hin stiert.
    So weit, so gut. Jetzt habe ich genug

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