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Mehr als nur ein Zeuge

Mehr als nur ein Zeuge

Titel: Mehr als nur ein Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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– und dazu zählt auch jegliche Schlamperei, was die Schuluniform betrifft   – unverzüglich wieder abgeben darfst.«
    »Und ich?«, fragt Carl.
    »Was ist mir dir?«
    »Krieg ich auch eine?«
    »Das haben wir doch schon geklärt, Carl. Wenn ich der Fußballmannschaft Karten gebe, kommen alle anderen Schüler an und wollen auch welche haben, und das ganze System ist hinfällig.«
    »Schon, aber Sie brauchen den anderen ja keine Karten zu geben. Nur mir. Dann könnten Joe und ich gemeinsam trainieren.«
    |274| Ich bin direkt beeindruckt, wie dreist Carl sich ranschmeißt.
    »Ich soll euch beide für euer abscheuliches Verhalten auch noch belohnen?«
    »Nein, aber so könnten wir unsere sportlichen Leistungen verbessern. Hast du nicht Lust, bei der Fußballmannschaft mitzumachen, Joe?«
    Ich nicke. Eigentlich wäre ich supergern in der Fußballmannschaft. Ich wollte schon immer gut im Fußball sein. Es war eine echte Enttäuschung, als ich in der Grundschule feststellen musste, dass ich viel schlechter war als die anderen Jungs, die mit ihren Vätern und Brüdern andauernd Fußball spielten. Obwohl ich Mum damit genervt habe, dass ich unbedingt in einen Verein will, ist es nie dazu gekommen. Die Sachen, die man allein üben kann, beherrsche ich   – Ballhochhalten und so was   – und schnell bin ich bekanntlich auch, aber ich habe keine Ahnung, wie man als Mannschaft zusammenspielt.
    »Wir könnten zusammen üben, dir im Team alles beibringen.«
    Mr Henderson sieht absolut skeptisch aus, sagt aber: »Wir probieren es mal vierzehn Tage. Wenn ihr beide tatsächlich zusammenarbeitet, können wir die Probezeit verlängern   – und hinterher schicken wir euch in den Nahen Osten, damit dort endlich mal Frieden einkehrt.« Carl bleibt der Mund offen stehen. »Das war ein Scherz, mein Junge. Joe, ich gebe dir einen Schlüssel für den Schrank mit den Fundsachen. Hüte ihn wie einen Schatz.«
    |275| Als wir aus dem Sporttrakt kommen und ich mir eben überlege, Carl zu fragen, ob er es mit seinem Angebot ernst gemeint hat, ruft jemand: »Joe! Komm doch bitte mal kurz her!«
    Es ist Ellie. Sie rollt auf die Laufbahn zu, hält ein Klemmbrett in der Hand und Magda, ihre polnische Helferin, stapft verdrossen neben ihr her. Ellie drückt ihr das Klemmbrett in die Hand und sagt: »Richtest du ihnen bitte aus, dass ich in fünf Minuten bei ihnen bin?«
    Magda schaut sie verständnislos an. »Ich   … richten?«
    Ellie verdreht die Augen. »Die Mädchengruppe! Da hinten! Ich   … komme   … in   … fünf   … Minuten.«
    Dafür reicht mein Polnisch gerade. »Mädchen müssen bisschen warten«, sage ich. Magda lächelt mich dankbar an und zieht los. Die »Mädchen« sind wahrscheinlich die jungen Sportlerinnen, die Ellie betreut. Zoe aus der 8P ist auch dabei und winkt mir zu. Sie hat beim Wettkampf neulich das Rennen der Achtklässlerinnen gewonnen und sieht in Shorts gar nicht übel aus. Aber jetzt geht es um etwas anderes.
    »Mann, die geht einem vielleicht auf die Nerven!« Ellie schaut Magda nach.
    »Du, Ellie   … es tut mir echt so was von leid   …«
    »Leid? Du kannst doch nun wirklich nichts dafür, dass die mir schon wieder so eine nutzlose Helferin zugeteilt haben. Im Gegenteil, dass du Polnisch sprichst, ist echt hilfreich.«
    »Ich hab dir gar nicht gratuliert   … hab mich nicht erkundigt, wie es gelaufen ist   …«
    |276| Sie grinst. »Dein Liebesleben nimmt dich offenbar sehr in Anspruch, was? Ich hatte ja gehofft, dass du zu sehr mit deinem Training beschäftigt warst.«
    Was sie wohl sagen würde, wenn sie die Wahrheit wüsste? »Ich habe trainiert, so gut es ging.«
    »Jedenfalls habe ich gewonnen. Das ist großartig und darum verzeihe ich dir«, sagt sie lässig. »Fangen wir morgen wieder mit den Trainingseinheiten an? Heute Abend feiern wir bei uns zu Hause, wenn du Lust hast, kannst du vorbeikommen.«
    »Vielen Dank, gern.« Dann fällt es mir wieder ein. »Aber vielleicht kann ich nicht, weil meine Mum ein bisschen   … es geht ihr nicht so gut.«
    »Du kannst sie ja mitbringen, falls es ihr besser geht. Jeder kann kommen. Es ist bloß eine kleine Party.«
    »Danke, Ellie.« Ihre strahlende Fröhlichkeit scheint wieder einmal alle meine Sorgen und Bedenken wegzublasen, sie ist wie ein Übermensch, ein Star, alles an ihr ist irgendwie
mehr
als bei normalen Menschen. Komisch, dass Claire ihr so gar nicht ähnlich ist   – Claire ist sozusagen das Gegenteil: kleiner, stiller

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