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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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oder wir übergeben die Sache Ihrem Hausarzt.«
    Ich gab ihm die entsprechende Adresse und verabschiedete mich. Es war zwei Uhr morgens. Der Flur war von gelben Notlampen beleuchtet und still. Ich zündete mir eine Zigarette an, schlurfte durch die Empfangshalle hinaus und winkte einem Taxi. Es hatte aufgehört zu regnen. Sogar den Mond konnte man sehen. Aber da schlief ich schon.

Zweiter Tag

1
    Eine riesige Ratte in Unterhosen saß auf der Bettkante und hielt eine flammende Rede über den deutschen Wald. Zwischendurch schnappte sie sich immer wieder einen meiner Füße und nagte dran herum. Ich hatte mindestens zehn. Irgendwann kroch ich dann auf Beinstümpfen durch einen endlosen Tunnel, entlang an Männern in weißen Kitteln, die johlend mit dem Finger auf mich zeigten. Vom Ausgang des Tunnels her kam mir eine dicke Frau entgegen, die in den Händen ein klingelndes Telefon hielt, sie stellte es vor mir ab, und ich nahm den Hörer und sagte »Hallo?«, niemand antwortete. Und immer weiter klingelte es und immer lauter. Und immer wieder hob ich den Hörer ab. Schließlich wachte ich in kaltem Schweiß gebadet auf. Jemand schellte wie verrückt an der Wohnungstür. Ich schlug die Bettdecke zurück und schleppte mich zum Kleiderschrank. Die Beretta lag angenehm in der Hand. Auf meiner Uhr war es zwanzig nach fünf. Wer zum Teufel konnte das sein? Ich betastete meinen linken Arm, er tat kaum noch weh. Wieder schellte es. Diesmal wurde gleichzeitig auf die Tür eingehämmert.
    »Polizei! Aufmachen!«
    Ich machte Licht, drehte den Schlüssel um, entsicherte die Beretta und zog die Tür auf. Es waren tatsächlich die Bullen. Zu viert bildeten sie einen Halbkreis um mich.
    Einer tippte sich beiläufig an die Mütze und fragte »Sie sind Kemal Kayankaya?«
    »Wenn’s an der Tür steht.«
    »Kommen Sie mit.«
    Ich steckte die Kanone in die Bademanteltasche und verriet ihm die Uhrzeit.
    »Ich habe Befehl, sie vorläufig festzunehmen«, polterte er und wies ein Papier vor. »Wenn Sie sich weigern, laß ich Ihnen Handschellen anlegen.«
    Die drei hinter ihm fingerten nervös an ihren Pistolentaschen herum. Ich gab auf, und eine halbe Stunde später waren wir auf der Wache.
    Die Zelle maß etwa drei Quadratmeter, mit einer hellgrünen Plastiktoilette in der Ecke. Die Wände waren mit Schweinereien bemalt. Rechts über mir rauschte ein kleiner Ventilator. Fenster gab es nicht. Die Uhr zeigte kurz nach sieben, draußen mußte es schon hell sein.
    Ich lag auf einem schmalen Bettgestell und summte Schlager. Vor einer halben Stunde hatten sie Licht gemacht. Grelles Licht, das durch die geschlossenen Augenlider drang. Einer hatte eine Kanne Leitungswasser hingestellt und bedeutet, der Kommissar habe noch zu tun. Das Licht wurde unerträglich, ich legte die graue Decke über meinen Kopf. Die Zigaretten waren im Mantel, und der Bulle, der von Zeit zu Zeit seinen Kopf durch die Tür steckte, weigerte sich, mir welche zu besorgen. Als mich einer der Idioten aus dem Wagen zerren wollte, hatte der Arm wieder angefangen zu bluten. Ich drehte mich zur Wand und versuchte zu schlafen. Es gelang nicht. Die Wunde pochte bis ins Hirn. Also stand ich auf und machte zwei Schritte vor und zwei zurück, hin und her, immerhin und her. Dann fing ich an, auf der einen Seite gegen den Pißpott zu treten und auf der anderen gegen die Guckscheibe zu schlagen. Keine zwei Minuten, und der Kopf steckte im Rahmen.
    »Was soll das?!«
    »Ich gewöhn mir ‘s Rauchen ab.«
    »Wie bitte?«
    »Sehn Sie vielleicht ‘ne Zigarette?!«
    Er zog die Scheibe zu, ich hörte nur noch »Willi, der Kanacke dreht durch.« Ich stieg auf den Klodeckel und hielt die Decke in den Ventilator. Der harte Stoff verfing sich sofort in den Flügeln. Wieder klopfte ich gegen die Scheibe. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    Ich zeigte auf den Ventilator: »Ich ersticke.«
    Er schob sich an mir vorbei und sah die Decke. »Hör mal, Schmutzfink, hinten sitzt eine Menge Kollegen, die verdammt nicht gut drauf sind, weil das eine verdammt lange Nacht war, und die hätten nichts dagegen, dir verdammt nochmal die Fresse zu polieren! Halt’s Maul und leg dich hin, und du wirst es nicht bereuen.«
    »Ich möchte meinen Anwalt anrufen.«
    Erst betrachtete er mich mitleidig. »Du verstehst mich nicht«, brüllte er dann los, »als ob du sowas überhaupt kennst, einen Anwalt. Eben noch die Höcker auf den Autodächern gesucht, aber jetzt will er einen Anwalt!«
    Ich packte seinen grünen

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