Mehr Bier
Päckchen aufriß, fragte er: »Also? Werden Sie den Auftrag zurückgeben?«
»Ich glaube nicht.«
Wütend warf er die Zigaretten in den Papierkorb und kam auf mich zu. Mir wurde es zu dumm. Ich wollte aufstehen, aber er stieß mich zurück.
»Sie bleiben sitzen, bis die Sache geklärt ist«, stieß er messerscharf durch die Zähne. Dann wechselte er wieder zum Luftballonverkäufer, lächelte mich an und brummte, als wollte er mir die Vorteile eines Bausparvertrags erläutern: »Hören Sie zu, Kayankaya…«
Er legte die Hände auf den Rücken und durchmaß mit bedächtigen Schritten den Raum.
»Ich kann Sie hier halb tot prügeln, und kein Schwein würde sich darum scheren. Vielleicht würde man mir sogar anerkennend auf die Schulter klopfen.«
Er betrachtete seine Fingernägel.
»Ich ziehe natürlich eine andere Lösung vor. Weil es mir keine Freude machen würde… na, ja. Vier Beamte würden bezeugen, daß Sie mit dem Messer auf mich losgegangen sind, und Sie wandern wegen versuchter Körperverletzung ins Gefängnis. Aber«, er strahlte verzückt, »es kann auch noch viel schlimmer kommen.« Und freundlich tätschelte er meine Schulter. »Ich versau Ihnen die Visage, Kayankaya, dagegen ist ein Flug durch die Windschutzscheibe aktive Gesichtspflege.«
»Sie sind ja ‘ne rasante Nummer. Sitzen da wie’n Heiliger und haben nebenan einen Haufen Schläger, die nur darauf warten, endlich Rabbatz machen zu dürfen. Dabei klopfen Sie beinharte Sprüche, als wären Sie wer weiß was für’n Typ.«
Er schmunzelte.
»Herr Kayankaya, glauben Sie tatsächlich, ich würde meine Beamten…« Er lachte. »Sie haben Ideen.«
Während er zum Schreibtisch zurückging, kicherte er in sich hinein. Dann nahm er das Metall-Lineal in beide Hände und sah nachdenklich zu Boden.
»Wenn Sie mir versprechen, Ihre Finger aus der Sache zu lassen, schließe ich Ihnen«, sein Kinn wies auf die Handschellen, »das da auf, und Sie können gehen. Wenn nicht…«, er räusperte sich, »nun, dann bin ich gezwungen, meinen Worten einen gewissen Nachdruck zu verleihen.«
Eine Weile schien er wie in Gedanken verloren, dann sah er auf und strahlte mich an. »Seien Sie versichert, ich kann das alles ganz allein, und die Wirkung ist gar nicht übel.«
Ich beteuerte, daß ich ihm natürlich eine Menge zutrauen würde, aber es doch nur fair wäre, wenn er mir vorher die Handschellen abnähme. Immerhin hätte ich auch einiges in puncto Rauferei zu bieten und würde ihm gern ein paar Nummern zeigen.
Er kicherte. »Sie sind mir einer.«
Dann kam er auf mich zu und legte mir das kalte Lineal unters Kinn. »Also?«
Es gab nur zwei Möglichkeiten. Ich wählte die falsche. Mit einem Satz sprang ich auf und stieß ihm beide Fäuste in den Magen. Aber ich erwischte ihn nicht voll, und er konnte sich, nachdem er zwei Meter getaumelt war, fangen, um einem zweiten Schlag auszuweichen. Dafür knallte ich mit Schwung gegen den Schreibtisch, und ohne daß ich mich hätte schützen können, zischte das Lineal wie glühendes Eisen auf mein Ohr. Es rutschte ab und riß mir die rechte Wange auf. Sekunden hörte ich nichts. Es war wie Feuer in meinem Kopf. Langsam ließ der Schmerz nach. Ich sah auf. Da stand er und machte »ts, ts, ts«, nahm Maß und schlug erneut zu. Er traf meinen kaputten Arm. Ich spürte noch den heißen Stich, die Wunde platzte auf, und Blut schoß wie aus einem Staudamm, dann wurde ich ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam, schlug mir der nette kleine Mann mit der flachen Hand ins Gesicht. Ich schloß die Augen. Und wieder schlug er zu. Ich versuchte, unter den Schreibtisch zu kriechen, aber er nagelte meine Fußgelenke mit seinen Absätzen fest. Er stand über mir und lächelte.
»Nun, Herr Kayankaya, haben Sie sich überzeugen lassen?«
Überzeugen sei nicht das richtige Wort, wollte ich sagen, spuckte aber nur Blut. Er ließ von mir ab und setzte sich auf die Tischkante. »Stehn Sie auf, Sie versauen den Fußboden.«
Ich zog mich hoch. Meine Wange glühte. Ich schleppte mich zum Stuhl. Der ganze Boden war rot verschmiert. Er kam zu mir und legte seine Hand auf meine Schulter.
»Kleiner Vorgeschmack. Aber«, er gab mir einen Klaps, »in zwei, drei Tagen sind Sie wieder auf dem Damm.«
Ich schloß die Augen. Ein Wasserhahn rauschte. Dann bekam ich einen neuen Schlag ins Gesicht. »Verzeihen Sie, aber wir sind hier nicht zum Vergnügen.«
Ich streckte ihm die Handschellen hin: »Schließen Sie auf und geben Sie mir eine
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