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Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit

Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit

Titel: Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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heraufkamen. Er war als Erster bei mir.
    »Dir ist ja wohl klar, Billy, dass du, streng genommen, unbefugt hier eingedrungen bist …«
    Meine Eltern brachten mich zu einem jungen kubanischen Arzt in der Woodland Avenue, und der geriet in Panik. Er fing an, genau die gleichen Laute von sich zu geben wie Desi Arnaz in Typisch Lucy, als Lucy was furchtbar Dummes gemacht hatte – nur gab der kubanische Arzt sie über meinem Bein von sich. »Ich glaube nicht, dass ich da was machen kann«, sagte er und schaute meine Eltern flehentlich an. »Das ist ein wirklich schlimmer Bruch. Ich meine, schauen Sie sich das an. Meine Güte!«
    Ich glaube, er hatte Angst, man würde ihn zurück nach Kuba schicken. Schließlich brachten sie ihn dazu, den Bruch zu richten. Die nächsten sechs Wochen blieb mein Bein mehr oder weniger verkehrt herum. Doch in dem Moment, in dem sie den Gips abmachten, sprang es zurück in die richtige Lage, und alle waren freudig überrascht. Der Arzt strahlte. »Das nenn ich Glück!«, sagte er fröhlich.
    Dann stand ich auf und fiel um.
    »Oh«, sagte der Arzt und sah nun wieder besorgt drein. »Das nenne ich nicht so gut.«
    Er dachte eine Minute lang nach und sagte dann zu meinen Eltern, sie sollten mich nach Hause bringen, dafür sorgen, dass ich den Rest des Tages und die Nacht das Bein nicht gebrauchte, und sehen, wie es am nächsten Morgen sei.
    »Glauben Sie, dann ist es wieder in Ordnung?«, fragte mein Vater.
    »Keine Ahnung«, sagte der Arzt.
    Am nächsten Morgen stand ich auf und trat vorsichtig auf mein verletztes Bein. Es fühlte sich an, als sei es in Ordnung. Es fühlte sich gut an. Ich ging herum. Alles klar. Ich lief noch ein Stückchen. Ja, es war definitiv wieder heil.
    Als ich mich nach unten begab, um die gute Neuigkeit mitzuteilen, war meine Mutter in der Waschküche über die Schmutzwäsche gebeugt und sortierte sie.
    »Hey, Mom, mein Bein ist wieder heil«, verkündete ich. »Ich kann laufen.«
    »Ach, schön, Liebling«, sagte sie, den Kopf im Trockner. »Wo ist bloß der andere Socken?«

    Es war keineswegs so, dass meine Mutter und mein Vater dem körperlichen Wohlbefinden ihrer Kinder gegenüber gleichgültig waren. Sie glaubten nur, dass am Ende schon alles gut werden würde, und sie hatten immer Recht. In unserer Familie verletzte sich nie jemand schwer. Niemand starb. Niemals ging irgendetwas wirklich ernsthaft schief – und wenn man es recht bedenkt, ging auch in unserer Stadt und in unserem Staat kaum was ernsthaft schief. Gefährliche Dinge passierten weit, weit weg, auf den Inseln Matsu und Quemoy oder in Belgisch-Kongo, Orten, von denen man nicht einmal wusste, wo genau sie überhaupt waren.
    Heute haben die Menschen gar keine Vorstellung mehr davon, wie enorm groß die Welt damals für alle war, und in welch weiter Ferne selbst relativ nahe Orte lagen. Wenn wir mit meinen Großeltern in Winfield ein Ferngespräch führten – was wir fast nie taten –, klang es, als sprächen sie zu uns von einem anderen Stern. Wir mussten schreien, damit sie uns verstanden, und einen Finger ins Ohr stecken, um ihre leisen, dünnen Stimmchen zu verstehen. Sie waren nur etwa 150 Kilometer entfernt, doch das war sogar noch bis weit in die 1950er Jahre hinein keine unbeträchtliche Strecke. Alles, was noch weiter war, meinetwegen hinter Chicago oder Kansas City lag, wurde schon fast zum Ausland. Und nicht nur Iowa war weit weg von allem. Alles war weit weg von allem.
    Die Vereinigten Staaten waren in dieser Beziehung besonders gut dran. Wir hatten links und rechts große schützende Ozeane und keine Nachbarn über oder unter uns, die uns ärgerten, also bestand auch keinerlei Anlass, jemals vor irgendetwas Angst zu haben. Selbst Weltkriege beeinträchtigten das Leben in unserem Land kaum. Als der Filmmogul Jack Warner im Zweiten Weltkrieg merkte, dass sein Hollywoodstudio aus der Luft nicht von einer nahe gelegenen Flugzeugfabrik zu unterscheiden war, ließ er einen Pfeil und die Worte »Dahin geht’s zu Lockheed!« auf sein Dach malen, um japanische Bomber zu ihrem korrekten Ziel und bloß weg von den wertvollen Stars zu dirigieren, die nicht in den Krieg zogen (unter anderem Gary Cooper, Bob Hope, Fred MacMurray, Frank Sinatra, John Garfield, Gene Kelly, Alan Ladd, Danny Kaye, Cary Grant, Bing Crosby, Van Johnson, Dana Andrews, Ronald Reagan, John Wayne und viele kühne Helden, die den Vereinigten Staaten halfen, sich den Weg zum Sieg zu mimen).
    Keiner wusste, ob Warner es mit dem

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