Mein bestes Stuck
Vater allein zu sein? Es kommt mir so vor, als hätte ich in den letzten Tagen nichts anderes gemacht, als dir zu sagen, dass du mich in Ruhe lassen sollst, Simon. Musst du nicht auch irgendwelche Leute herumchauffieren? Dein Vater hätte sich niemals in unsere Privatangelegenheiten derart eingemischt. Das Auto muss noch für Samstag poliert werden – ist das nicht auch Aufgabe des Chauffeurs?«
Simon verzog keine Miene. Eleonore funkelte ihn an und fragte sich, ob sie ihn noch einmal direkt auffordern sollte zu gehen.
»Eleonore«, setzte Simon an. »Hör mir bitte einen Moment zu. Und dann gehe ich auch, wenn du unbedingt willst.«
Seine Stimme war sanft, doch es schwang eine Bestimmtheit darin mit, die klarmachte, dass Simon sich keinesfalls von Eleonore herumkommandieren lassen würde. Wie konnte er es nur wagen?
»Hör mir bitte zu, Eleonore. Ich bin nicht euer Familienchauffeur.«
Eleonore drehte sich weg. Niemand würde sie zwingen,
Simon zuzuhören. Aber Moment mal – was hatte er da gesagt? Sie runzelte die Stirn und wandte sich ihm wieder zu.
»Das bist du also nicht? Gestern jedenfalls hast du eine sehr überzeugende Darstellung eines Chauffeurs abgeliefert. Und den Tag davor auch, wenn ich mich recht erinnere. Dein Vater wäre sehr stolz auf dich gewesen.«
Er legte den Kopf schief und sagte: »Schön, dass du so denkst. Ich habe deinem Bruder geholfen. Eleonore, auch mein Vater war nicht der Familienchauffeur, wie du ihn und uns immer so nett bezeichnest. Er hat deinem Vater dreißig Jahre lang in allen möglichen handwerklichen Dingen zur Seite gestanden und hin und wieder hat er ihn auch gefahren. Aber er hätte sich niemals aufgeplustert und sich als ›Familienchauffeur‹ bezeichnet – ebenso wenig dein Vater!«
Eleonore verspürte einen leichten Stich, weil er sie indirekt als Snob bezeichnet hatte.
»Wie auch immer«, sagte sie leise.
»Weißt du, warum ich gerade im Château war, als dein Vater starb?«
»Du wirst es mir gleich verraten, oder?« Trotzig verschränkte Eleonore die Arme vor der Brust.
»Ich bin letzte Woche hierher zurückgekommen, um Luc zu sehen und mit ihm über meine Bewerbung als Chefwinzer zu sprechen …. Claude geht ja bald in den Ruhestand.«
»Wirklich?« Eleonore bemühte sich, so teilnahmslos wie möglich zu klingen. »Das wusste ich gar nicht.«
»Ja, wirklich. Nur habe ich erst da gesehen, wie krank dein Vater wirklich war. Luc hat den großen Helden markiert
und nie etwas zuvor davon erwähnt. Mit aller Kraft hat er sich bemüht, die Dinge hier so reibungslos wie möglich am Laufen zu halten, so als wäre es noch dein Vater, der hier das Sagen hat. Also hat er keine Anstalten gemacht, unser Gespräch zu verschieben.«
»So ist er, mein Bruder«, brachte Eleonore mit zusammengebissenen Zähnen hervor, sehr viel schärfer, als sie es beabsichtigt hatte. »Er ist wie ein Heiliger, der Junge.«
»Wie auch immer.« Simon ignorierte ihren Einwurf und richtete seinen Blick auf den Sarg. »Als dein Vater dann leider verstorben ist, bin ich natürlich geblieben und habe Luc so gut ich konnte unterstützt. Auch mein Vater hätte das so gewollt.«
»Wie schön für dich.« Ihre Stimme war nur einen Hauch sarkastisch.
Damit hätte sie das Fass beinahe zum Überlaufen gebracht. »Eleonore, würdest du bitte einfach damit aufhören?«
Das Echo der steinernen Wände ließen seine Worte erschreckend laut wirken. Sie hatte noch nie erlebt, dass Simon seine Stimme erhob. Einen Moment lang fühlte es sich an, als hätte er sie geohrfeigt.
»Dein Gehabe geht mir wirklich auf die Nerven«, fuhr er in kaltem Tonfall fort. »Wir zwei kennen uns doch nun wirklich schon viel zu lange, als dass du mich einfach so beleidigen könntest und dann auch noch erwartest, dass ich es hinnehme.«
»Simon …« Eleonore deutete vielsagend zu dem aufgebahrten Sarg, doch Simon war nun nicht mehr zu bremsen.
»Hör zu, Eleonore, ich kenne dich. Ich weiß, dass es dir entsetzlich schlechtgeht, und ich will dir helfen. Dir und Luc. Ich hasse es, wenn du mir all diese miesen Beleidigungen an den Kopf wirfst, aber wenn du auch nur einen Moment lang glaubst, deine kleine Überheblichkeitsnummer würde mich vergraulen, hast du dich geschnitten! Ich bin da, Eleonore! Ich bin da! Und ich werde nirgendwo hingehen, also gewöhn dich besser an meine Existenz!«
»Simon, bitte! Sprich doch leiser!«, flüsterte sie.
Er seufzte tief und entspannte sich etwas. »In Ordnung, Eleonore. Aber
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