Mein bis in den Tod
allen – weiß der Himmel, die Keime könnten in der Klimaanlage gewesen sein, im Wasser, im Essen, überall.«
Faith hörte, wie der Hörer auf die Gabel gelegt wurde.
Ross sagte: »Herrje, es musste ja eine meiner Patientinnen treffen.«
Dann das Klicken, als der Fernseher angeschaltet wurde, und das Geräusch, als Ross ins Badezimmer tappte und die Tür hinter sich schloss. Dann die Stimme eines Nachrichtensprechers. »Laut Augenzeugenberichten hat Dr. Cabots Mörder möglicherweise auch den zweiten Mann, Barry Gatt, erschossen, als dieser ihn festzunehmen versuchte.«
Einen Moment lang meinte Faith, sie hätte sich den Namen eingebildet oder falsch verstanden. Der Nachrichtensprecher fuhr fort: »Der Arzt, der heute Morgen von seiner Sekretärin identifiziert wurde, kam vor acht Jahren aus den USA nach England, nachdem sein Sohn an Leukämie gestorben war. Dr. Cabot, der wegen seiner kontroversen Ansichten über die Medizin und die Pharmaindustrie häufig in den Schlagzeilen stand, gründete 1990 das Cabot-Zentrum für Komplementäre Medizin.«
Sie saß kerzengerade im Bett. Dort auf dem Fernsehbildschirm war das Haus in Notting Hill Gate zu sehen, in dem Oliver wohnte. Der Eingang und die Stufen waren mit eine Zeltplane überdacht, Absperrbänder der Polizei riegelten den Bürgersteig ab. Mehrere Streifenwagen und nicht gekennzeichnete Lieferwagen waren zu sehen; aus dem Heck eines Wagens stieg ein Mann in weißem Schutzanzug.
Nein.
Irgendwo in ihrem Bauch öffnete sich eine Schleuse. Dies hier musste mit zu ihrem Traum gehören. Ihr Blut lief aus, und eiskaltes Wasser stieg in ihr auf.
Bitte nicht. Nicht Oliver. Bitte.
Jetzt sah sie ein Gesicht, das sie kannte, einen sanften, gut aussehenden Mann Anfang dreißig, sie hatte ihn schon mal gesehen. Aber wo? Auf dem Fernsehschirm erschien die Bildunterschrift
»Dr. Christopher Forester. Hypnotherapeut
«. Er wirkte verzweifelt; jetzt erinnerte sie sich an ihn. Er hatte auf dem Flur in der Klinik mit Oliver gesprochen. Sie waren in sein Büro gegangen, um – um aus dem Fenster zu blicken, damit sie den Mann sahen, der Oliver und sie verfolgte.
»Oliver war ein wunderbarer Mann«, sagte Dr. Forester – mit einer Stimme, die kaum beherrscht klang. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum jemand so etwas tut. Oliver hat sein ganzes Leben der Hilfe für andere Menschen gewidmet, er hat versucht, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.«
Faith war wie betäubt. In ihrem Kopf wiederholte sich immer wieder ein und derselbe Satz:
Bitte mach, dass Oliver nichts zugestoßen ist.
Wieder erschien der Nachrichtensprecher auf dem Bildschirm. »Der Mörder trug Fahrradbekleidung, einen Sturzhelm und einen Rucksack. Die Polizei ist interessiert, mit allen zu sprechen, die jemanden, auf den diese Beschreibung zutrifft, gestern Nacht zwischen 23.30 und 0.10 Uhr unweit der Ladbroke Avenue gesehen haben.«
Ein Polizist erschien auf dem Bildschirm, und obwohl sie genau hinhörte, konnte sie sich kaum auf seine Worte konzentrieren. Sie schienen umherzutreiben. Es handele sich um ein besonders brutales Verbrechen, sagte der Polizist, allerdings sei es noch zu früh, über die Tatmotive zu spekulieren. Man habe eine gute Beschreibung des Gesichts des Verdächtigen und werde in Kürze ein Fahndungsfoto herausgeben.
Jetzt änderte sich das Bild auf dem Fernsehschirm. Das vertraute Tor des Stormont-Palasts in Belfast. Der Nachrichtensprecher sagte: »Premierminister Tony Blair trifft im Laufe des Morgens in Stormont ein, um gemeinsam mit dem Führer der Ulster-Unionisten, David Trimble, eine Initiative zur Aufrechterhaltung des Karfreitag-Abkommens zu starten.«
Hatte sie etwas verpasst?
Wimmernd stieg sie aus dem Bett. Sie hatte ihre Übelkeit vergessen, griff nach der Fernbedienung und drückte die Videotext-Taste, dann den Befehl für die Nachrichtenschlagzeilen. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie noch immer das schwarze Kostüm von gestern Abend trug.
ZWEI TOTE BEI SCHUSSWECHSEL IN NOTTING HILL . Seite 105.
Ross kam aus dem Badezimmer, nackt. Er legte den Arm um sie. »Du bist ja wach, Liebling. Wie fühlst du dich?«
Wortlos drückte sie die Ziffern.
»Ich muss vielleicht nach London«, sagte er. »Bei einer verdammten Patientin, die ich letzte Woche operiert habe, hat sich eine Sepsis entwickelt. Dass das ausgerechnet bei dieser Patientin passieren musste …« Er zögerte. »Was siehst du dir an?«
Auf dem Bildschirm erschien die
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