Mein bis in den Tod
einer chinesischen Pflanze, gesüßt mit dem Mark indischen Zuckerrohrs«, sagte er blumig, als rezitierte er eine Gedichtzeile.
»Klingt sehr viel eleganter als ein Tässchen mit Zucker.«
Als er sie freundlich anschaute, interessierte es sie nicht mehr, ob jemand sie sah. Sie fühlte sich herrlich befreit, als sei das Zusammensein mit diesem exzentrischen Fremden ihre kleine Revolte gegen Ross’ Tyrannei.
»Also, was kaufen Sie hier ein?«
»Ich will mir eine Hochzeitsliste anschauen, ein Kollege heiratet.«
»Ein tolles Geschäft für eine Hochzeitsliste.«
»Ja, ich habe ihm geraten, sie hier auszulegen. Es ist mein Lieblingsgeschäft auf der ganzen Welt. Es hat ein durch und durch englisches Flair. Mehr als Harrods oder Harvey Nichols.«
»Und was ist mit Liberty’s?«
»Mehr als Liberty’s. Finden Sie nicht auch?«
»Es ist auch eines meiner Lieblingskaufhäuser.«
Eine Weile schwiegen sie. Dann fragte Faith: »Sagen Sie – wie haben Sie eigentlich herausgefunden, wie ich heiße?«
»Das war nicht allzu schwierig. Sie sind doch mit einem Schönheitschirurgen verheiratet, oder?«
Sie reckte den Kopf. »Möchten Sie mir noch mehr über mich erzählen?«
Oliver Cabot wollte, hielt sich aber zurück. Sie in dem Kaufhaus anzutreffen, hatte ihn leicht schockiert. Sicher, es war sein Lieblingsgeschäft, aber seit der Vorweihnachtszeit war er nicht mehr hier gewesen. Und er hätte auch nicht heute herkommen müssen. Er hatte das Hochzeitsgeschenk bereits gekauft, eine Jardiniere aus Porzellan, per Telefon.
Es funktioniert wirklich, dachte er immer wieder. Wenn man sich etwas
wirklich
wünscht, geschieht es.
Die Macht des Bewusstseins.
Wenn er das vor acht Jahren begriffen hätte, würde Jake,
vielleicht
, noch am Leben sein …
Am Morgen, beim Fahrradfahren, hatte er an Faith gedacht und aus seinen Gedanken verbannt. Plötzlich war sie ihm durch den Kopf gegangen, so sehr, dass es schien, als bestände eine telepathische Verbindung zwischen ihnen. Er hatte angenommen, dass es sich einfach nur um Wunschdenken handelte. Aber jetzt saß sie vor ihm, mit ihrem umwerfenden Seidenschal und dem eleganten Mantel und wartete lächelnd auf eine Antwort auf seine Frage. Acht Jahre zuvor hätte er diese Begegnung als bloßen Zufall abgetan. Seine Medizinerausbildung sagte ihm, dass es so etwas wie Telepathie nicht gab. Und doch hatte sie ihn gelehrt, was auch alle anderen Ärzte häufig erlebten: dass die stärkste Arznei, die es gibt, eine Art Placebo ist.
Die Kraft des menschlichen Geistes
.
Sie trug ein wenig Make-up, und ihre Augen blickten freundlich, aufmerksam, aber in ihren Bewegungen, in ihrer Aura lag die gleiche Verzweiflung, die er gestern Abend bemerkt hatte. Und da war noch etwas, das ihm nicht gefiel.
Wortlos streckte er die Hand über den Tisch aus, ergriff ihre linke Hand am Handgelenk und musterte ihre Handfläche. Das Handgelenk war fest, schlank, hatte etwas Sinnliches, aber er versuchte diesen Gedanken zu verbannen. Versuchte, den Geruch ihres Parfüms fern zu halten, das Vergnügen, diese warme, weiche Hand zu halten, zu ignorieren und sich nur zu
konzentrieren
.
Während Oliver Cabot mit dem Zeigefinger sanft an Faiths Lebenslinie entlangstrich, verspürte sie einen winzigen erotischen Kitzel.
Er strich an anderen Falten in ihrer Handfläche entlang. »Die Liebeslinie, die Gesundheitslinie.« Er runzelte die Stirn.
Das Gefühl, das sie soeben empfunden hatte, dass sie alte Freunde waren, vertiefte sich.
»Das ist Ihre Lebenslinie.« Er zeigte auf eine zweite Linie, die sie kreuzte. »Nach dem oberen Drittel ist sie durchbrochen, das bedeutet, Sie werden um die Anfang dreißig eine Veränderung durchmachen.« Er hielt inne. »Das ist ungefähr Ihr Alter, nehme ich an?«
»Was für eine Art Veränderung?«
»Könnte alles sein. Aber es handelt sich wohl um eine recht große Veränderung … Vielleicht ein Wandel in der Beziehung. Eine Scheidung.«
Jetzt wandte sie verlegen den Blick ab. »Können Sie sonst noch etwas in meiner Hand lesen?«
»Natürlich. Was möchten Sie sonst noch wissen?«
»Nur die guten Dinge – den Rest können Sie streichen.«
Lächelnd betrachtete er erneut ihre Handfläche. Plötzlich verdüsterte sich seine Miene. Als er zu ihr aufsah, drückte sein Blick Besorgnis aus. »Wie steht’s mit Ihrer Gesundheit?«
Sie verschwieg ihm, dass es ihr nicht gut ging. »Ganz gut, danke.« Mit etwas nervösem Zittern in der Stimme fügte sie hinzu:
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