Mein bis in den Tod
gewiefter, extravaganter Baronet, wurde in der
Sunday-Times
-Liste der 100 reichsten Männer Englands aufgeführt, und das Paar kam in keiner Saison aus den Klatschspalten heraus: von Polo mit dem Prinzen von Wales über Wimbledon mit Tom Cruise und Nicole Kidman bis hin zu Glyndebourne mit dem König und der Königin von Norwegen. Vor einer Fotosession für
Hello!
hatte sie noch unbedingt ein großes Facelifting haben wollen, war aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden gewesen. Aber so musste es ja kommen, wie ihm nun zu seinem Kummer klar wurde. Sie war eine Frau, die man nie zufrieden stellen konnte.
Vielleicht waren einige der Bissigkeiten in Dempsters Klatschkolumne in der
Daily Mail
, auf die Faith ihn hingewiesen hatte, ja doch wahr. Zwei- oder dreimal hatte er gelesen, dass sie ungeachtet ihres Reichtums nur ungern ihre Rechnungen bezahlte.
»Meine beiden Gesichtshälften sind nicht gleich – das
müssen
Sie doch sehen!«
»Lady Reynes-Raleigh, wenn Sie die Mona Lisa betrachten, so werden Sie erkennen, dass auch deren Gesicht asymmetrisch ist.«
Die Pferde mit Federbüscheln, die auf dem Couture-Seidenschal paradierten, der ihren Hals verdeckte, hoben und senkten sich. »Mona Lisa ist eine alte Schachtel, wenn Sie meine Meinung hören wollen. Ich finde den Vergleich wenig schmeichelhaft. Außerdem haben Sie meine Nase komplett verunstaltet. Sie ist völlig gerade, dabei habe ich Ihnen ausdrücklich erklärt, dass ich den Höcker
kleiner
haben möchte. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich Sie für diesen Pfusch bezahle. Hätten Sie also die Liebenswürdigkeit, mir mitzuteilen, was Sie dagegen unternehmen wollen?«
Es bedurfte schon äußerster Willensanstrengung, dass er nicht unhöflich wurde. Die Frau verlangte zu viel: Er hatte vorzügliche Arbeit geleistet – sie sah unvergleichlich besser aus als vorher. Aber wenn er nichts unternahm oder unhöflich wurde, konnte sie ihm erheblich schaden.
Er ließ seinen Charme spielen. »Sagen Sie einmal, was denkt eigentlich Ihr Mann über Ihr Aussehen?«
»Ich glaube nicht, dass dies etwas mit dem Thema zu tun hat, Mr. Ransome. Es geht darum, was
ich
denke.«
Er verbiss sich eine Antwort. »Selbstverständlich.«
»Was gedenken Sie also zu tun?«
Er hob die Hände. »Sind Sie bereit, noch eine weitere Operation machen zu lassen?«
»Ich bin kein Feigling, das wissen Sie. Sehe ich etwa so aus? Mit meinem
asymmetrischen Gesicht?«
»Selbstverständlich nicht.«
»Eine zweite Operation käme mir höchst ungelegen, das verstehen Sie doch, oder?«
»Und es gibt Risiken bei jeder Operation, Lady Reynes-Raleigh – ich muss Sie darauf hinweisen.«
Mit ätzender Schärfe entgegnete sie: »Ich habe soeben gesagt, ich bin kein Feigling, aber ich habe einen extrem vollen Terminkalender. Und ich erwarte selbstverständlich, dass Sie mich für jede Extraausgabe entschädigen.«
Ruhig sagte er: »Können Sie mir einen Hinweis darauf geben, wie diese Entschädigung aussehen könnte?«
Mit einem Lächeln, das Stahl hätte rostig machen können, antwortete sie: »Meine Anwälte bereiten schon eine Liste vor.«
[home]
27
D ie Überdachung der Tankstelle wirkte wie ein Windkanal. Den Kopf zum Schutz gegen die schmerzhaften Regentropfen gesenkt, stand Faith neben dem Range Rover. Die Zapfsäule kam ihr heute langsam vor, während die Anzeige für den getankten Treibstoff herunterklickte und der Regen aus allen Richtungen auf ihre abgewetzte Barbour-Jacke herunterprasselte, ihr die Jeans gegen die Beine klatschte und ihr Haar durchnässte.
Alec saß angeschnallt auf dem Rücksitz. Er winkte ihr zu und zog eine Grimasse. Auch sie zog eine Fratze. Er beugte sich vor und drückte die Nase ans Fenster, ließ die Zunge wie ein Schwachsinniger aus dem Mund hängen. Sie lachte. Was für ein herrliches Kind du doch bist. Du bist witzig und intelligent und freundlich und unschuldig. Ich möchte dich von Ross loseisen, bevor er dich so arrogant, unhöflich und grausam macht, wie er es selbst ist.
In den vergangenen vierundzwanzig Stunden, seit sie im Beisein von Oliver Cabot fast zusammengebrochen wäre, hatte sie sich, körperlich und seelisch, viel wohler gefühlt. Gestern Abend hatte sie ihren Appetit wiedergefunden, heute Morgen war sie hungrig gewesen und zum Mittag noch einmal, und im Freizeitpark hatte sie mit Alec und seinen beiden Freunden, die sie soeben zu Hause abgesetzt hatte, einen Hamburger mit matschigen Pommes hinuntergeschlungen. Es war das erste Mal
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