Mein Geheimnis bist du
ist eine Frau wie Mareike noch Single? Sie hat ein Handicap. Und kein kleines. Es heißt Laura.«
»Das heißt, jedesmal, wenn Laura nach Deutschland kommt . . .«
»Taucht sie mehr oder weniger effektvoll wieder in Mareikes Leben auf und kriegt sie rum.« Max Holländer blickte ernst auf Andrea hinab. »Das solltest du wissen, bevor du dich in sie verliebst.«
Zu spät , dachte Andrea. Sie schluckte den Kloß im Hals hinunter, kämpfte mit dem Schock, den Onkel Max’ Worte in ihr auslösten. Die ließen die winzige Hoffnung, die Andrea bis eben doch irgendwo in sich trug, wie eine Seifenblase zerplatzen. Die Hoffnung, Mareike würde mit der Zeit Gefühle für sie entwickeln.
Mareike stellte den Motor ab. »So. Damit wäre das auch überstanden. Nur noch morgen beim Frühstück die tadelnden Blicke meiner Mutter, und dann können wir zurückfahren.«
Sie gingen ins Haus. Drinnen war es dunkel. Mareikes Eltern, die das Fest schon eine Stunde vor ihnen verlassen hatten, schliefen bereits.
»Ich bin noch nicht müde«, sagte Mareike. »Ich werde mich noch ein wenig ins Wohnzimmer setzen und lesen.« Sie wünschte Andrea eine gute Nacht.
»Gute Nacht«, erwiderte Andrea leise und stieg die Treppe zum Gästezimmer hinauf. Wenig später, auf dem Weg ins Bad, riskierte Andrea unauffällig einen Blick ins Wohnzimmer. Mareike saß auf der Couch, ein Glas Rotwein vor sich. Sie war in Gedanken versunken.
Auch Andrea konnte nicht schlafen. Sie lag wach im Bett. Immer wieder hörte sie Onkel Max’ Worte: Sie kommt einfach nicht von Laura los.
Stimmte das? War Mareike von Laura besessen? Oder übertrieb Onkel Max?
Andrea wollte nicht glauben, dass Mareike Laura derart hörig war. Das war doch nicht möglich. Bei einer Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben stand. Dazu passte diese Fixierung auf Laura gar nicht. Die noch dazu, wenn es so war, wie Onkel Max sagte, Mareike immer wieder aufs Abstellgleis schob.
Draußen klappte eine Autotür. Andrea stand auf, stellte sich neben das Fenster und lugte hinaus. Sie sah Mareikes Wagen wegfahren. Halb drei Uhr morgens – eine ungewöhnliche Zeit für eine Spritztour, dachte Andrea. Allerdings, wenn einen die Gedanken quälten, war es eine gute Möglichkeit, um sich abzulenken. Man konnte aber auch zu einer alten Freundin fahren, an der man immer noch hing. Besonders, wenn die alte Freundin Ursache dieser Gedanken war.
Andrea ging zurück ins Bett, fiel in einen unruhigen Schlaf. Immer wieder wachte sie auf, schaute auf die Uhr, stand auf, sah aus dem Fenster. Keine Spur von Mareikes Wagen.
Das Zuschlagen einer Autotür drang durch den Nebel des Halbschlafs in Andreas Bewusstsein. Sie öffnete die Augen und schaute auf die Uhr. Kurz nach sechs. Wo war Mareike so lange gewesen? Auf einer dreistündigen Spritztour? Oder kam sie von Laura?
»Gut geschlafen?«, fragte Mareike Andrea beim Frühstück.
»Danke, ganz gut«, log Andrea. »Und du?«
»Ich bin doch tatsächlich auf der Couch eingeschlafen. Als ich wieder aufwachte, war es schon sieben. Ich wollte dich nicht wecken, wenn ich um die Zeit im Zimmer rumwusele. Deshalb habe ich mich einfach auf der Couch noch mal umgedreht.«
Nun war Andrea sicher: Mareike hatte die Nacht bei Laura verbracht. Wenn sie eine Spritztour gemacht hätte, weil sie nicht schlafen konnte, hätte Mareike ja sagen können, dass sie noch mal weggefahren war.
Was hast du erwartet, Andrea? Dass Mareike unter dem Eindruck der Hochzeit plötzlich sentimental wird und sich in dich verliebt?
Ja, ja und nochmals ja! Verdammt. Sie hatte gehofft . . . zugegeben entgegen ihrer offiziellen Behauptung . . . doch sie hatte gehofft, das Verhältnis zwischen Mareike und ihr würde . . . persönlicher. Natürlich war es schon persönlich, aber Andrea erhoffte sich eine andere, eine gefühlvollere Ebene. Das war natürlich nicht möglich, wenn Mareikes Gefühle einer anderen Frau gehörten. Noch dazu einer Frau, die nicht nur mal eben Mareikes Weg gekreuzt hatte, sondern einer, die über Jahre zu Mareikes Leben gehörte. Mit Unterbrechungen und schlechten Erinnerungen zwar. Aber auch mit Erinnerungen an Zeiten, in der Freundschaft und Leidenschaft genau die Harmonie trugen, die Andrea sah, als Mareike mit Laura tanzte. Und diese Erinnerungen schienen Mareike wichtiger als alles andere. Andrea fühlte sich elend.
Während der Heimfahrt schwieg sie in gedrückter Stimmung. Mareike nahm daran jedoch keinen Anstoß. Sie hing, wie Andrea vermutete,
Weitere Kostenlose Bücher