Mein Geheimnis bist du
Andrea bekam nur so viel mit, dass es um Jasmin und die Werkstatt ging, die scheinbar ganz gut anlief. Sie planten, eine Webseite einzurichten.
»Kennst du vielleicht jemanden, der so was kann? Am besten für ein paar Gratisreparaturen.«
Andrea entging, dass Saskia diesmal wirklich auf eine Antwort wartete.
»Andrea?« Saskia fuchtelte demonstrativ mit der Hand vor dem Gesicht ihrer Freundin herum.
»Ich? Äh, nein.«
Saskias wissender Blick traf Andrea. »Was ist denn wieder los?«, forschte sie, und als Andrea nur abwinkte: »Also doch. Sie! Und nicht nur beinahe.«
Andrea schluckte. »Verdammt, Saskia, ich kann einfach nichts dagegen tun.«
Saskia legt ihre Hand auf Andreas Arm. »Wir reden heute Abend darüber, okay? Reden statt Squash?«
»Danke.«
Kurz vor Feierabend erschien Mareike in Andreas Büro und lud sie auf einen Kaffee ein. »Oder vielleicht ein Glas Sekt, um auf deinen neuen Job anzustoßen?«
Andrea war versucht, Saskias Angebot in den Wind zu schlagen und sich Mareikes Gesellschaft als Heilmittel für ihre Seele zu verschreiben. Aber dann besann sie sich. »Ich bin mit Saskia verabredet.«
»Schade«, erwiderte Mareike. Sie zögerte. »Wahrscheinlich hast du erst mal die Nase voll von meiner Gesellschaft«, meinte sie. »Das Wochenende war nicht gerade das reine Vergnügen.« Andreas deutliche Zurückhaltung verunsicherte Mareike.
Andrea seufzte. »Aber nein . . .«
»Schon gut.« Mareike fuhr sich durchs Haar. Eine Geste der Hilflosigkeit, die Andrea das erste Mal an ihr beobachtete. »Du musst dir nicht die Mühe machen zu leugnen. Es ist mir nicht entgangen, wie schweigsam du gestern warst.« Sie sah Andrea an. »Ich habe es ja gesagt . . .«, Mareike lächelte bedrückt, ». . . meine Familie schlägt jeden in die Flucht.«
»Na ja.« Andrea blickte betreten drein. Sie wollte Mareike nicht daran erinnern, dass es unter anderem auch ihr Kuss auf der Tanzfläche war, der für Aufregung sorgte. Und dass Mareike von dem Moment an, da Laura auf der Bildfläche erschien, sie, Andrea, praktisch kaum noch bemerkte.
Mareike stieß einen Seufzer aus. »Als ich gestern zu Hause ankam, fühlte ich mich unglaublich müde.«
Wen wundert’s. Wer die Nacht über nicht schläft . . .
Das geht dich nichts an , ermahnte Andrea sich. Wie und wo Mareike ihre Nächte verbrachte, oblag allein ihr.
»Normalerweise mag ich es, allein zu sein, aber gestern . . .« Mareike machte eine hilflose Geste. »Ich fürchte, zurzeit fällt mir zu Hause die Decke auf den Kopf. Da habe ich gehofft, wenn ich dich zum Kaffee einlade, kann ich noch eine Stunde der Leere meiner Wohnung entgehen.« Sie schmunzelte. »Auf angenehmere Art als durch Überstunden.«
»Tut mir leid«, bedauerte Andrea.
Mareike ging zur Tür. »Muss es nicht. Überstunden sind okay. Außerdem fördern sie die Karriere. Viel Spaß bei deiner Verabredung.«
Andrea nickte und wartete, bis Mareike gegangen war. Dann erlaubte sie sich einen ausgiebigen Seufzer. Na toll. Mareike glaubt, ich bin die perfekte Gesellschaft, um sie von ihrer Einsamkeit abzulenken.
In der vergangenen halben Stunde hatte Andrea, auch dank zwei Caipirinhas, vor Saskia ihr Innerstes nach außen gekehrt.
»Was soll ich tun?«, suchte sie jetzt unglücklich Rat bei ihrer Freundin.
»Kämpfen!«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
»Kämpfen?« Andrea hob verzweifelt die Hände. »Gegen eine jahrelange unerfüllte Liebe? Das haben vor mir sicher schon andere versucht.«
»Zu deinem Glück ohne Ausdauer. Oder sie waren nicht die Richtigen. Du bist es«, sagte Saskia auf die ihr eigene, immer optimistische Art überzeugt.
»Ja? Bin ich das?«, fragte Andrea kläglich. »Also, mal angenommen, ich gestehe Mareike meine Gefühle und es endet nicht mit einem entsetzlich peinlichen Schweigen und dem schauderhaften Angebot, einfach weiter Freundinnen zu bleiben. Angenommen, sie sagt: Ja, probieren wir es. Was dann? Ich will nicht der Notnagel sein, die zweite Wahl. Immer darauf gefasst, dass Laura auftaucht, der sie jederzeit folgen wird, wenn die es nur will. Ich würde immer wissen, dass es eigentlich Laura ist, der Mareikes Herz gehört. Ich kann das nicht.«
»Wer sagt dir denn, dass du der Notnagel sein wirst? Ich meine, am Anfang wird es vielleicht so sein. Aber so was kann sich doch weiterentwickeln. Irgendwann vergisst sie diese Laura, glaub mir. Sie wäre schön blöd, wenn sie nicht merken würde, was sie an dir hat. Und sie mag dich doch!
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