Mein Geheimnis bist du
die Heizplatte. Sie reichte Mareike eine der Tassen.
»Lass uns ins Wohnzimmer gehen.«
Dort setzte sich Andrea in ihren Lieblingssessel. Hier fühlte sie sich einigermaßen sicher. Mareike wählte das Sofa.
»Also«, begann Mareike von dort aus zögernd, »wie gesagt, wir müssen reden. Genau genommen, muss ich dir erklären, was . . . also, wie es kam, dass ich . . .« Mareike wand sich.
Andrea wartete.
Mareike atmete tief durch. »Du wirst es kaum glauben, aber du bist die ganze Zeit in meinem Kopf. Entweder weil wir mal wieder im Clinch miteinander liegen oder weil ich ein schlechtes Gewissen dir gegenüber habe.«
Das mit dem Clinch konnte Andrea nachvollziehen, aber . . . »Schlechtes Gewissen?«, fragte sie irritiert.
»Du bist immer so . . . verständnisvoll – also, wenn du nicht gerade wütend auf mich bist. So nachsichtig. Ich bin es nicht gewohnt, dass man mir derart anständig begegnet. Die letzten Jahre in meinem Job waren ein täglicher Kampf, meinen Platz zu behaupten. Ich war auch bei dir auf einen solchen Kampf eingestellt. Am Anfang sah auch alles danach aus. Und dann . . . zwischen uns hat sich so viel verändert. Und vor allem so schnell.« Mareike suchte nach Worten. »Ich fühle mich zu dir hingezogen, aber . . . ich liebe Laura.« Mareike wusste nicht weiter. Eine bedrückende Pause entstand. Bis Mareike verzweifelt, mehr zu sich selbst als zu Andrea, sagte: »Ich habe Laura immer geliebt.«
Andrea blickte in ihre Kaffeetasse. »Ja. Ich weiß. Onkel Max sagte es. Und ich bin ja auch nicht blind.«
»Nicht blind, aber . . .« Mareike biss sich auf die Unterlippe. »Auch nicht ohne Gefühl für mich, nicht wahr? Ich komme mir so schäbig vor, dass ich mich nicht besser beherrscht habe.«
»Du konntest es ja nicht wissen.«
»Oh doch.«
»Wie bitte?« Andrea sah auf.
»Ich habe es gespürt. Die ganze Zeit. Ach, Andrea. Es gibt so viele Anzeichen. Du bist so eine schlechte Schauspielerin.«
Andrea senkte erneut den Blick.
»Siehst du, genau das ist es.« Mareike stellte ihre Kaffeetasse ab. Leise sagte sie: »Eigentlich müsste ich dir jetzt vorschlagen, dass wir unseren Kontakt auf die rein berufliche Ebene beschränken. Das wäre das Vernünftigste. Nicht wahr?«
Andrea fühlte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Ihr Herz hämmerte ängstlich. Wenn Mareike das sagt, wird sie es so machen. Sie ist nicht so schwach wie ich. Den Frosch in ihrem Hals herunterwürgend, erwiderte sie: »Ja, das ist es.«
»Aber der Gedanke ist mir unerträglich.« Mareike blickte Andrea hilflos an. Plötzlich sprang sie förmlich vom Sofa auf, lief im Wohnzimmer auf und ab.
Andrea verfolgte ihren Lauf. Bis Mareike stehenblieb, sich an den Kopf griff und rief: »Himmel noch mal, was ist nur mit mir los?«
So als erwarte sie die Antwort auf ihre Frage von Andrea, drehte sie sich zu ihr um, sah sie ratlos an.
Andrea konnte immer noch nicht fassen, was Mareike gerade gesagt hatte. Endlose Erleichterung machte sich in ihr breit. Der Gedanke, Mareike und sie würden lediglich eine distanzierte, rein kollegiale Beziehung haben, bisher immer ein Zufluchtsort für sie, hatte sie erschreckt. Er löste größeres Unbehagen in Andrea aus als all die peinlichen Momente, die sie miteinander erlebt hatten. Heute konnte Andrea sowieso über die meisten dieser Dinge nur noch schmunzeln. Vor allem da, im Nachhinein betrachtet, sie diese Momente einander näher brachten.
»Was ist daran so lustig?«, fragte Mareike irritiert.
Erst jetzt bemerkte Andrea, dass sie während ihrer Überlegungen wirklich gelächelt hatte. »Nichts«, sagte sie. »Ich bin nur so froh, dass es dir genauso geht wie mir. Oder doch zumindest ähnlich. Ich habe schon versucht, auf Abstand zu dir zu gehen. Aber wohlgefühlt habe ich mich dabei nicht.«
Mareike setzte sich wieder. »Das Date?«, fragte sie.
»Das angebliche Date«, gestand Andrea.
»Gott sei Dank.« Mareike lächelte schief. »Wenigstens brauche ich mir nicht auch noch vorwerfen, dass ich dir da was verbaue.« Ein Seufzen folgte. »Ich komme mir so egoistisch vor.«
»Aber für seine Gefühle kann doch niemand was. Und deine Gefühle sind nun mal bei Laura, nicht bei mir.« Für einen Moment schien es Andrea, als wolle Mareike widersprechen. Sie hielt inne. Doch Mareike hatte zwar angesetzt, sagte aber nichts. »Du brauchst deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben«, fuhr Andrea fort. »Du magst mich zwar, aber mehr eben nicht. Der Rest ist meine
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