Mein Geliebter, mein Prinz
er mich getäuscht hat, habe ich ihn zum Teufel geschickt.
Vielleicht war es ratsamer, berufliche Gründe vorzuschieben. Ella wählte ihre Worte sorgfältig. „Um ehrlich zu sein, Rachel, bin ich mir nicht sicher, ob ich die Zeit für eine Geschäftsreise erübrigen kann.“
Rachel blickte sie an, als zweifle sie an Ellas gesundem Verstand. „Aber ich kann mit der Arbeit hier allein fertig werden. Du weißt, dass ich das kann!“ Sie machte ein gekränktes Gesicht. „Du hast mich doch früher schon das Büro managen lassen. Oder meinst du plötzlich, ich bin dazu nicht imstande?“
„Natürlich nicht!“
„So eine Gelegenheit ist doch wie etwas aus einem Märchen!“ Rachel schüttelte den Kopf.
Vielleicht war es das, aber nicht so, wie ihre Assistentin es meinte. Zweifellos handelte es sich hier um ein böses Märchen, den Teil, in dem jemand in einen Apfel biss und in einen jahrhundertelangen Schlaf fiel oder in dem sich die Glaskutsche in einen Kürbis verwandelte …
„Möglicherweise erweist es sich als ein zu großes Projekt für eine kleine Firma wie unsere.“
Rachel hob die Hände. „Na und? Dann stellen wir einfach mehr Leute ein.“
Eine Idee nahm langsam Gestalt an. Eine Lösung, die Ella mit heiler Haut davonkommen lassen und obendrein Rachel begeistern würde. Und Prinz Nicolo Louis Fantone Cacciatore könnte unmöglich etwas dagegen einwenden …
„Hast du Lust, ins Dorf zu gehen und uns Brot fürs Mittagessen zu holen?“, fragte Ella unschuldig.
Sobald Rachel gegangen war, griff Ella nach dem dicken cremefarbenen Blatt Papier mit dem Wappen am oberen Rand und wählte mit zitterndem Finger eine Nummer. Ellakonnte kaum glauben, dass es sich tatsächlich um eine direkte Durchwahl zum Palast in Mardivino handelte.
Beim Klang der sonoren Stimme ließ Ella fast den Hörer fallen.
„ Si? Nicolo.“
Und wie redete sie ihn jetzt an? Mit Nico? Nicolo? Prinz Nicolo? Oder vielleicht mit dem, was am besten passte: „Mistkerl“?
„Nico?“, sagte sie ohne Förmlichkeit.
Er hatte ja gewusst, dass sie anrufen würde! In seinem ruhigen, prachtvollen Palastbüro sitzend, spürte Nico, wie sich sein Puls beschleunigte. „ Ciao , Gabriella. Hast du meinen Brief bekommen?“
„Woher sonst sollte ich wohl deine Nummer wissen?“, erwiderte sie kühl.
Jetzt schlug sein Puls noch schneller. Er war ein Mann, der ständig nach neuen Abenteuern suchte, und doch hatte er bisher nicht geahnt, wie erregend Unverschämtheit sein konnte. „Und? Wann kommst du?“, fragte er freundlich.
Diese Frage zu beantworten bereitete Ella so viel Vergnügen. Auch wenn es nur eine kleine Rache war, würde sie Ellas Schmerz und die Demütigung mildern. „Ich werde meine Assistentin schicken.“
Ein Schweigen folgte.
„Oh nein, wirst du nicht“, sagte Nico leise.
Ella ignorierte den drohenden Unterton. „Sie ist sehr tüchtig, und es ist eine wundervolle Gelegenheit für sie.“
„Ich will nicht deine Assistentin, ich will dich.“
Despot! Tja, er sollte besser lernen, dass sie keine Untertanin von ihm war und er ihr nicht einfach Befehle erteilen konnte. „Ich denke, es wird Zeit, dass ich dich aufkläre, Prinz Nicolo. Erstens ist es ziemlich erbärmlich, einen Auftrag zu erfinden, nur weil du eine Frau wiedersehen möchtest. Besonders wenn sie dich nie wiedersehen will. Und zweitens: Entweder meine Assistentin kommt, oderdu kannst dir deinen Auftrag abschminken.“
Köstliche Vorfreude ließ Nico auflachen. Ella schrie ja geradezu danach, erobert zu werden. Dieser Aufgabe würde er sich mit Vergnügen und entschlossen widmen, so wie er Berge und Ozeane bezwungen hatte. „Erstens, Gabriella: Dein Ego mag so groß sein, dass du dies für einen Trick hältst, doch ich brauche dich wirklich als Beraterin.“
„Ach ja?“, fragte sie ungläubig.
„Ja.“ Nico blickte nachdenklich nach draußen auf das saphirblaue Meer. „Mardivino ist eine kleine Insel, und wir müssen unsere Tourismusindustrie gründlich überholen und selektiv gestalten. Die Insel wird als Reiseziel immer beliebter, und die Gefahren zu großen Wachstums haben wir anderswo alle schon gesehen. Wenn zu viele Menschen kommen, besteht das Risiko, dass der ursprüngliche Charme eines Ortes zerstört wird. Das geschieht hier gerade.“
„Auf diesem Gebiet bin ich überhaupt nicht tätig“, erwiderte Ella kühl.
„Dann solltest du es vielleicht werden. Ich habe dein Unternehmen überprüfen lassen, und mir gefällt, was du
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