Mein geliebter Ritter
gehören.
22
Linnet applaudierte mit den anderen Zuschauern, als die Pantomimen mit ihren Masken durch die Halle tollten. Während der ganzen Weihnachtszeit gab es von Tanzbären bis zu Akrobaten jede nur denkbare aufwändige Belustigung. Im unteren Burghof hatten Hahnen- und Hundekämpfe stattgefunden, welche sie verabscheute, aber sie waren leicht zu umgehen.
Die Klänge von Harfe, Flöte und Einhandtrommel tönten von der Galerie herab, während die Leute in der Halle umherschlenderten, sich vor der nächsten Vorstellung die Beine vertraten und sich unterhielten.
Linnet und Königin Katharina standen nebeneinander an der Wand. Leise tratschten sie gutmütig über einige Adlige und Kaufleute im großen Saal.
»Der junge Knappe von Sir James wird sich in ein, zwei Jahren vor den Damen kaum retten können«, bemerkte die Königin.
»Martin hat so ein reines Herz. Ich frage mich, ob es ihm auffallen wird.«
»Ein reines Herz – wahrscheinlich ist er der Einzige hier im Saal, von dem man das behaupten kann«, sagte die Königin mit einem Funkeln im Blick. Sie nahm Linnets Hand und drückte sie. »Es ist gut, Euch so glücklich zu sehen, meine Liebe.«
Es stimmte. Freude erfüllte ihr Herz und ließ ihren Schritt leichter werden. Sie war in einer Puderwolke der Glückseligkeit durch die Tage der Weihnachtsfeierlichkeiten geschwebt. Die Aussicht auf eine Heirat war wider Erwarten erstaunlich … befreiend. Anstatt ihr ein Gefühl des Eingesperrtseins zu geben, bescherte es ihr eine gewisse Zufriedenheit.
Zumindest meistens.
Doch hin und wieder gruben die Sünden Wut und Schuld ihre Fänge in sie. Gerechtigkeit war ihr nicht gewährt worden. Der Mann, der für die Qual der letzten Jahre ihres Großvaters verantwortlich war, genoss noch immer die Früchte seines Diebstahls. Er hatte sie jeglichen Schutzes beraubt und sie der Gnade der abscheulichsten Männer überlassen.
Sie dankte Gott jeden Tag, dass Jamies Onkel Stephen sie und François gerettet hatte. Und sie würde es ihrem Vater niemals vergeben, dass er darin versagt hatte. Tatsächlich hatte er sie schon lange vorher im Stich gelassen.
»Wann werdet Ihr Euch offiziell verloben?«, fragte die Königin.
Linnet war der Königin dankbar, dass sie sie auf andere Gedanken brachte. Es war schwierig, aber sie war fest entschlossen, ihr Versprechen Jamie gegenüber zu halten und die Vergangenheit ruhen zu lassen.
Königin Katharina, ihre gute Freundin, war wegen der bevorstehenden Hochzeit ganz aufgeregt.
»Sobald die Weihnachtsfeierlichkeiten vorüber sind, werden wir nach Ross Castle reisen und in Anwesenheit seiner Familie unser Treuegelöbnis ablegen.«
Trotz Jamies Versicherungen, seine Eltern würden sie willkommen heißen, war sie nervös, wie sie wohl aufgenommen würde. Sie hatte die FitzAlans kurz in der Normandie getroffen, als sie ein Kind gewesen war; beide waren Respekt einflößende Persönlichkeiten. Schon einmal hatte Jamie ihnen Grund zu der Annahme gegeben, sie würde seine Frau werden, doch dann war er mit leeren Händen zu ihnen heimgekehrt. Sie nahm an, dass das zu verzeihen für Eltern nicht einfach war.
»Es wird ein Abenteuer für Euch werden, auf dem Land zu leben und Teil einer großen Familie zu werden.«
»Obwohl ich Jamie damit aufzuziehen pflegte, dass er ein solches Leben anstrebt«, sagte Linnet übers ganze Gesicht grinsend, »ist es doch das, was ich mir jetzt selbst wünsche – für mich und meine Kinder.«
Es tröstete sie zu wissen, dass ihre Kinder in der Geborgenheit einer großen Familie aufwachsen würden.
Der Gedanke an ein eigenes Kind machte es ihr ganz leicht ums Herz. Sie hatte sich zuvor nie erlaubt, an ein Kind zu denken. Obwohl sie sich weigerte, es Jamie oder François gegenüber zuzugeben, wusste sie sehr wohl, dass ihre Rachegelüste nicht ungefährlich waren. Außerdem bedeuteten Kinder die Zukunft, und sie war von der Vergangenheit besessen gewesen.
»Nichts würde mir besser gefallen, als meinen Sohn auf dem Land großzuziehen«, sagte die Königin stockend. »Sie werden ihn mir bald wieder wegnehmen.«
»Das tut mir leid«, sagte Linnet.
»Wenigstens habe ich Owen«, sagte die Königin. »Und es wird die Zeit kommen, in der auch wir heiraten werden.«
»Bitte, redet nicht hier davon!« Obwohl die Königin leise gesprochen hatte, blickte Linnet sich rasch um, um sicherzugehen, dass niemand sonst sie gehört hatte.
Die Königin schien den Tränen gefährlich nahe. Verzweifelt bemüht, sie
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