Mein glaeserner Bauch
Voraussetzungen eines Schwangerschaftsabbruchs mit der Aufklärung darüber, dass Gegenstand der Indikation nicht die Erkrankung, Entwicklungsstörung oder Anlageträgerschaft des Ungeborenen für eine Erkrankung ist, sondern ausschließlich die Unzumutbarkeit für die Schwangere, die für sie entstehende Gefahr einer Beeinträchtigung ihres körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes auf andere Weise abzuwenden als durch einen Schwangerschaftsabbruch,
Art und Schwere der drohenden gesundheitlichen Gefährdung der Schwangeren,
medizinische, psychosoziale und finanzielle Hilfsangebote, die es der Schwangeren ermöglichen können, die gesundheitliche Gefährdung auf andere Weise abzuwenden als durch einen Schwangerschaftsabbruch,
die verschiedenen Methoden des Schwangerschaftsabbruchs und ihre jeweiligen Risiken,
die möglichen psychischen Folgeprobleme und ihre Behandlungsmöglichkeit,
die Einhaltung einer angemessenen Bedenkzeit zwischen Beratungen und Schwangerschaftsabbruch,
bei fortgeschrittener Schwangerschaft die Möglichkeit der Geburt eines lebenden und lebensfähigen Kindes mit der ärztlichen Pflicht, das Kind zu behandeln, sowie den durch den frühen Geburtszeitpunkt bedingten zusätzlichen gesundheitlichen Risiken für das Kind,
die Möglichkeit psychosozialer Betreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch,
die gesetzlichen Regelungen bei Lebend- und Totgeburt.
Bei Bedarf sollen Ärzte oder Berater spezieller Fachgebiete hinzugezogen werden. Die beratenden Ärzte haben die Gespräche zu dokumentieren. Mindestens zwei der beratenden Ärzte haben die Indikation einvernehmlich zu bescheinigen. Eine angemessene Bedenkzeit zwischen den Beratungen nach gesicherter Diagnose einer fetalen Erkrankung, Entwicklungsstörung oder Anlageträgerschaft für eine Erkrankung und einem Schwangerschaftsabbruch hat sich als sinnvoll und für die zu treffende Entscheidung wie für die seelische Verarbeitung durch die Schwangere und ihren Partner als notwendig herausgestellt. Da sich die Indikation zum Schwangerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik meist auf die Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit der Schwangeren bezieht und die Schwangere nach den Beratungen Zeit benötigt, um ihre Entscheidung sorgfältig zu bedenken, ist die Einhaltung einer solchen Bedenkzeit in der Regel erforderlich. 54
Sollte ich etwa die Hinweise auf medizinische, psychosoziale und finanzielle Hilfsangebote überhört haben, die es mir hätten ermöglichen können, eine gesundheitliche Gefährdung auf andere Weise abzuwenden als durch einen Schwangerschaftsabbruch? Sollte ich etwa Hinweise auf die möglichen psychischen Folgeprobleme und ihre Behandlungsmöglichkeiten überhört haben? Sollte ich etwa das Angebot der Vermittlung von Kontaktpersonen, Selbsthilfegruppen und anderen unterstützenden Stellen überhört haben?
Falls ich all das überhört habe, als die Ärzte mit mir sprachen, würde das wohl auf einen noch größeren Ausnahmezustand hindeuten als denjenigen, in dem ich mich nach meiner eigenen Einschätzung damals befand.
D ie Stationsärztin, die mich in der Frauenklinik behandelt, ist jung, blond und hübsch. Und sehr sachlich. AiP. Ärztin im Praktikum. Mit einem kalten Metallinstrument hat sie in ihrem Behandlungsraum Vaginaltabletten in meine Scheide eingeführt und diese zur künstlichen Einleitung der Geburt vor dem Muttermund platziert. Cergem Vaginal Tabletten, wie ich Jahre später im Bericht an meine Gynäkologin lese. Prostaglandine. Wehen auslösende Medikamente.
Die junge Ärztin scheint zuversichtlich zu sein, dass in wenigen Stunden alles vorüber ist. Bei den meisten Patientinnen sei das so. Es könne aber auch länger dauern. Ich liege in meinem Krankenbett und versuche, ruhig zu bleiben. Es ist helllichter Tag, und ich liege im Bett. Ich bin nicht krank und ich muss mich nicht ausruhen. Ich warte. Warte auf das Schlimmste, was mir im Leben je passiert ist.
Für die Ärzte der Klinik stellt sich unsere Begegnung offenbar völlig anders dar, als ich sie erlebe. Jedenfalls wurde später im Bericht an meine Gynäkologin festgehalten:
Die Patientin kam zur stationären Aufnahme mit einer Trisomie 21 in der 15. SSW, die außerhalb sowohl durch Ultraschall, als auch durch die Zottenanalyse gesichert worden war. Auch in unserer Ultraschall-Abteilung konnte die Diagnose eines Feten mit generalisiertem Hautödem bestätigt werden. Daraufhin wurde mit der Patientin die Schwangerschaftsunterbrechung ausführlich
Weitere Kostenlose Bücher