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Mein Glueck

Mein Glueck

Titel: Mein Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Spies
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ihrer »Exhibition by 31 Women« vorstellte. Dass Max und Gypsy wenigstens vorübergehend in Verbindung standen, zeigt, dass er ihre Adresse 65 West, 56th Street, New York in sein Adressbuch notierte. Ein Bild Max Ernsts, »A maiden’s dream about a lake«, befand sich in der Sammlung von Gypsy Rose Lee. Wegen ihr gab es wohl auch eine Auseinandersetzung mit Peggy. Jimmy Ernst erzählt, was er Peggy damals sagte: »Wir können Gypsy Rose Lee keine Rechnung schicken. Max hat ihr dieses Bild geschenkt«, und er fügte hinzu: »Nein, ich weiß nicht, ob sie dafür in dieser Form bezahlt hat.« Ich hatte vor der Reise Max gefragt, ob er nicht Lust habe, Lotte Lenya wiederzusehen, mit der er früher eng befreundet war. Er fand das eine prächtige Idee, setzte dann aber kurz danach hinzu: »Vielleicht besser nicht.« Und er erzählte mir, als er Lotte das letzte Mal traf, habe sie ihm nach einem schönen Abend im Restaurant vorgeschlagen, doch nun gemeinsam die Nacht zu verbringen. Er habe geantwortet: »Lieber nicht. Ich habe doch jetzt einen Hängebauch«, worauf Lotte meinte, das sei doch schnurzegal, sie habe doch auch einen.
    Mit Max besuchte ich seinen alten Freund Bill Copley im obersten Stock des berühmten Beresford-Building am Central Park West. Er empfing uns inmitten seiner einzigartigen Sammlung surrealistischer Hauptwerke. Man Rays »A l’heure de l’observatoire – Les Amoureux« hing über einem Sofa, daneben Picabias »Spanische Nacht« und »Day and night« von Max Ernst. Bill hatte wie immer seine Pfeife im Mund und trug ein Baby mit Schnuller im Arm. Max bekam einen Lachanfall und meinte zu mir, die neue Partnerin, eine Chinesin, die uns mit ungerührtem Lächeln überaus freundlich betrachtete, werde Bill wohl schnell vollkommen ruinieren. Und er sollte recht behalten. Beide verehrten W.C. Fields, dessen Porträt Max gemalt hatte und dessen berühmtes »My little Chicadee« Bill zu anzüglichen Bildern angeregt hatte. Max erzählte mir die Geschichte von Bills Jugend. Ein amerikanischer kinderloser Millionär sei in Chicago in ein Waisenhaus gegangen und habe dem Direktor gesagt, er wolle zwei Buben adoptieren. Er stellte zwei Bedingungen, einer der beiden sollte schön und vielversprechend sein, der andere möglichst schwer erziehbar und hässlich. Seine Absicht war, Gott zu zeigen, was man alles mit Geld erreichen könne. Bill, der wirklich nicht sehr hübsch war, entpuppte sich als hochintelligentes und liebenswürdiges Kind, der andere war ein Bösewicht, der später alles daransetzte, Bill zu schaden und ihn zu verdrängen. Max schilderte auch, wie Bill in den vierziger Jahren zu ihm nach Sedona kam, um bald darauf eine Retrospektive in seiner Galerie in Beverly Hills für ihn zu organisieren, zu der Strawinsky und Schauspieler wie Edward Robinson kamen. Am Tag der Vernissage fiel erstmals seit Jahren in dieser Region Schnee, und alle Besucher ignorierten die Ausstellung, weil sie dieses Wunder nicht verpassen wollten. Strawinsky entdeckte in der Ausstellung das spektakuläre monumentale »Vox Angelica«. In einem Brief an den Künstler zeichnet er auf dünnem blauem Papier die Anrede »Dearest Max Ernst« der Signatur im Bilde nach. Die musikalische Anspielung im Titel hatte Strawinsky gepackt. Es ist so ziemlich der einzige Brief, den Max Ernst aufbewahrt hatte und den er mir später mit zwei weiteren, darunter einem lebensrettenden von Paul Éluard, zum Geschenk machte. In Sedona, so erzählte er mir, habe er im Atelier fast ausschließlich Schallplatten von Strawinsky gehört. Daran erinnerte er auch an einem Abend, an dem wir in New York mit der Witwe Vera und einem Sohn Strawinskys zusammentrafen. Vera beklagte sich dabei bitter darüber, dass Robert Craft als Faktotum ins Leben des Musikers eingetreten sei und sie daraufhin von Igor enterbt wurde. Auch Max Ernsts neue Freunde, eine Abordnung der Hopi-Indianer, waren zur Ausstellung nach Beverly Hills gekommen. Für sie blieb Max Ernst ein großer, verehrter Freund. Später reiste ein Vertreter aus dem Pueblo auch nach Paris, um Max Ernst ein wertvolles Amulett des Stamms, ein Armband aus milchig-blauem Türkis, zu überreichen.
    Am Tag nach dem Besuch bei Copley in New York waren wir bei der attraktiven und geistreichen Maxime de la Falaise zum Abendessen eingeladen. Sie schrieb für die Vogue und hatte im Jahr zuvor ihr Kochbuch Seven Centuries of English Cooking: A Collection of Recipes herausgebracht. Die Speisen, die in einem

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