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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Herwig
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jedem Ort, mehrmals in der Woche Sport!« Er lachte meckernd, und Wanda bemerkte erst jetzt, dass die seltsame pilzbraune Bekleidung von Herrn Gilder, die sie für einen Schlafanzug gehalten hatte, ein uralter Trainingsanzug war. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte ihr alter Sportlehrer aus Kindertagen, der verrückte Moosbach, auch immer so ein Ding angehabt. Sofort sah sie das hysterische, drahtige Männlein wieder vor sich, wie es mit Feldwebelstimme brüllte: »Richtige Liegestütze will ich sehen! Keine Weiberliegestütze!«
    »Dann viel Vergnügen«, wünschte Wanda, obwohl sie sich ja weiß Gott etwas Besseres vorstellen konnte, als im Nieselregen zwanzig Kilometer Rad zu fahren. Andererseits hätte sie heute vielleicht doch getauscht, angesichts dessen, was ihr bevorstand. Die Reise nach Australien mit Bertram absagen. Ade niedliche Kängurus, ade geheimnisvolle Kultur der Aborigines, ade, atemberaubende Natur, ade, Wärme und Sonne und mögliche neue Liebe. Und herzlich willkommen, Novembernebel, Regen, Kraftmaschinen, breiige Eiweißshakes und abendliche Einsamkeit. Sie betrachtete Herrn Gilder, der jetzt fröstelnd die Luft auf seinen Reifen prüfte. Warum ging er eigentlich nicht in einen Fitnessklub? Da war es doch wenigstens trocken? Doch dann stellte sie sich vor, wie er völlig überfordert in diesem geschmacklosen braunen Anzug durch einen dieser schicken neuen Klubs, wie Biggis zum Beispiel, stolperte. Wie ein alter Tanzbär.
    Der alte Mann bestieg umständlich sein Rad und setzte sich in Bewegung. »Herr Gilder?«, rief Wanda ihm hinterher. »Wenn es zu nass wird, dann kommen Sie doch in das Studio Herkules, da gibt es auch ein Fahrrad, so eins, das festgeschraubt ist.«
    »Nee, ein Herkules bin ich wahrlich nicht mehr!« Er winkte ab, ohne sich umzudrehen, und wackelte dabei gefährlich.
    »Nein, in das Studio Herkules sollen Sie kommen, in der Talstraße«, brüllte Wanda ihm hinterher, aber Herr Gilder wich gerade mit voller Konzentration einer Pfütze aus und schien sie nicht mehr zu hören. Na, dann eben nicht. »Ksch«, machte sie daher in Richtung Miles.
    Miles! Was ging in den Köpfen mancher Leute nur vor?
    Bertram wartete schon in dem kleinen Café am Markt, vor sich eine Tasse Kaffee und irgendeine Broschüre. Stattlich sah er aus mit seiner sportlichen Figur, seinem immer noch vollen Haar, der Wildlederjacke und der eleganten Brille. Wanda wusste instinktiv, dass es ein Reiseprospekt war, und augenblicklich löste sich ihre ganze Courage und Entschlossenheit in Luft auf. Bertram tat ihr schon fast so leid wie Stefan. Sie zwang sich zu einem optimistischen Gesichtsausdruck und begab sich in das Café.
    »Im Hunter Valley kann man angeblich noch Koalas in freier Wildbahn erleben«, begrüßte er sie. »Hat Stefan die auch gesehen?«
    »Nein, hat er nicht.« Wanda setzte sich Bertram gegenüber und quetschte nervös ihre Handtasche.
    »Kaffee? Hast du schon gefrühstückt? Hier ist heuschreckenfreie Zone.« Er lächelte und wandte sich wieder seiner Broschüre zu. »Dann sollten wir da vielleicht mal hin, was meinst du? Ich versuche gerade, unsere Route zusammenzustellen. Wäre doch schön, wenn wir was entdecken, das Stefan noch nicht gesehen hat. Wenn er zur Abwechslung mal die Reise zu Hause auf der Landkarte verfolgen muss.«
    Die Kellnerin erschien und zückte ihren Stift, aber Wanda schüttelte hastig den Kopf. Sie bekam jetzt nichts runter. »Für mich nur ein Wasser«, krächzte sie.
    Bertram sah hoch. »Bist du krank? Werde jetzt bloß nicht krank, Wanda.«
    »Ich bin nicht krank. Aber …« Sie zögerte kurz, dann gab sie sich einen Ruck. Augen zu und durch. »Ich nicht, aber Stefan. Ich hatte es dir ja erzählt.«
    Bertram nickte gespannt. »Sein Skiunfall.«
    »Snowboard. Jedenfalls ist es nicht nur ein lappiges gebrochenes Bein, es ist ein Splitterbruch, und er muss eine ganze Weile im Krankenhaus bleiben.«
    »Ach, herrje. Entschuldige, das wusste ich natürlich nicht, sonst hätte sich das mit der Landkarte nicht so …«
    »Und das bedeutet«, unterbrach Wanda ihn, denn wenn sie es jetzt nicht herausbrachte, dann nie, »dass ich nicht mit auf die Reise kommen kann. Ich muss sein Geschäft für ihn übernehmen.«
    »Sein Geschäft? Hat er auch einen Laden?«
    »Sein …« Wanda hustete leicht. »Sein Bodybuilding-Studio.«
    Bertram starrte sie an, als habe sie ihm gerade gestanden, dass seit Jahrzehnten ein Bandwurm namens Irene in ihr lebte. »Bodybuilding«, sagte er

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