Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
Unterschied zwischen einer Sweathose und einer Funktionshose?«
»Keine Ahnung. Früher waren das alles Trainingshosen und fertig. Fragen wir doch die mal.« Wanda deutete auf die Verkäuferin des Sportladens, die sofort angesprintet kam.
»Suchen Sie was Bestimmtes?«
Biggi nickte. »Hosen. Zum Sportmachen.«
Die Verkäuferin lächelte aufmunternd und geduldig. »Diese hier haben die atmungsaktive Climalite -Technologie. Wollen Sie so was? Für welche Sportart soll es denn sein?«
»Ähm.« Biggi sah sich suchend um, als hoffte sie, ihre persönliche Sportart in irgendeiner Ecke des Geschäftes zu entdecken.
»Was haben Sie denn für eine Hose an?«, fragte Wanda zurück. »Die gefällt mir. Was meinst du, Biggi?«
»Das sind City-Sweatpants«, erklärte die Verkäuferin. »Die gibt es mit dem Namen einer Stadt hinten drauf. Da kann man ein bisschen Lokalpatriotismus zeigen.« Sie lächelte und machte eine leichte Drehung. Köln stand auf der Rückseite der Hose, genau auf dem winzigen, schmalen Po der jungen Frau. »Ist doch schick, nicht?«
Biggi sah resigniert an sich herunter. »Haben Sie auch eine mit Mecklenburg-Vorpommern ?«
Sie fanden kaum noch Platz, der ganze Stretching-Raum war voller Leute. Wanda sah sich um. Einige kannte sie nun schon vom Sehen. Da war Hajo, diesmal sogar mit seiner Frau Lilo. Wanda konnte sie nicht hören, sah nur ihren Mund, der immer wieder auf- und zuklappte und Wortsalven abfeuerte wie ein Maschinengewehr. Hajos Ohren mussten schon bluten, er starrte mit glasigen Augen an die Wand und nickte ab und zu ergeben. Vorne quetschte sich gerade die andere Frau vom Friseur in die erste Reihe, die sich die jungen Männer hatte angucken wollen. Biggi in ihren neuen Hosen. Herr Gilder in kerzengerader Haltung. Wanda stutzte. Und da war sogar die Freundin von Ritschie, wie hieß sie gleich, Nadine? Natalie. Sie sah blass aus, und als ob sie geweint hatte. Wandas Magen zog sich zusammen. Dieser verdammte Mistkerl. Bezahlt hatte er natürlich immer noch nicht. Wo war er überhaupt? Normalerweise ließ er doch seine Freundin keine Sekunde lang aus den Augen und scheuchte sie von Maschine zu Maschine? Wanda reckte ihren Hals. Er stand draußen am Verkaufstresen bei Marianne, sein bulliger Kumpel stützte gerade die Arme vor Marianne auf. Klasse. Wieder etwas, was Wanda als nicht bezahlt abschreiben konnte, denn gegen die beiden kam selbst Marianne nicht an.
Kai begann, vorn etwas zu erklären, und Wanda konzentrierte sich, um nichts zu verpassen.
»Hände hinter dem Rücken falten, wenn ihr könnt, und die Arme nach hinten dehnen. Wenn ihr mit den Armen nicht nach hinten reicht, dann nehmt ihr ein Gummiband«, sagte Kai gerade. »Dafür sind sie ja da.« Er zwinkerte Wanda zu, die sich vergeblich abmühte. Sie war völlig steif, dabei hatte sie als junges Mädchen Brücke, Handstand, Radschlag und allerlei anderes Atemberaubendes perfekt hinbekommen. Wohin waren alle diese Fähigkeiten verschwunden? Oder besser – warum hatte sie eigentlich eines Tages damit aufgehört? Es gab ja schließlich kein Gesetz, das verbot, ab einem gewissen Alter einen Kopfstand zu machen. Selbst Herr Gilder konnte seine Hände auf dem Rücken verschränken, ach, und jetzt ging Kai auch noch herum und half mit. In wenigen Sekunden würde er bei ihr sein. Wanda zog gestresst an dem Gummiband, das sie um ihre Hände gewickelt hatte. Vielleicht kam sie ja noch ein kleines Stück weiter hinter. Gleich war er da, gleich … Das Band rutschte ihr aus der Hand, zurrte durch die Luft und klatschte direkt in Kais aufmunterndes Lächeln hinein.
»Au!« Er presste sich erschrocken die Hand auf die linke Gesichtshälfte.
»O Gott, Kai, bist du in Ordnung? Das tut mir so leid, ich … ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte.«
Kai antwortete nicht, er zog nur scharf die Luft zwischen den Zähnen hindurch, die Hand immer noch vorm Gesicht.
»Lassen Sie mich mal durch.« Die Frau vom Friseur kam eilig an. »Ich war früher Krankenschwester. Zeig mal her.« Sie schob Kais Hand vorsichtig zur Seite. Ein breiter roter Striemen verlief quer über sein Gesicht.
»Das Auge hast du zum Glück noch drin, ist nur die Wange«, sagte sie. »Da muss Eis drauf. Habt ihr hier so etwas?«
Wanda nickte. Sie schämte sich entsetzlich. Kai war bislang nur nett zu ihr gewesen, und zum Dank zog sie ihm öffentlich eins mit der Peitsche über.
»Kai, ich …«, setzte sie wieder an.
Er winkte ab. Ein schiefes Lächeln zog
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