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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Straße ging, und er stellt sich unter der Dachtraufe des gegenüberliegenden Gebäudes unter, er traut sich nicht zu klingeln oder heraufzukommen, es ist spät, aber das kann nicht sein, er hat sich dort postiert, er muss schon eine Weile da sein, nach seiner Haltung zu urteilen und danach, wie er den Jackettkragen aufgestellt hat und ihn mit seinen knochigen Händen zusammenhält, während er die auseinanderstehenden, schwarzen, riesigen und fast wimpernlosen Augen zu unserem Schlafzimmer hebt, was schaut er an, was sucht er, was will er, warum schaut er, ich weiß, dass er in meiner Abwesenheit manchmal mit Ranz gekommen ist, dass er Luisa in meiner Abwesenheit besucht hat, mein Vater hat ihn mitgebracht, was man Vorbeikommen nennt, der Besuch des Schwiegervaters und eines Freundes von ihm und nominell von mir, er muss sich in Luisa verliebt haben, aber er verliebt sich nicht, ich weiß nicht, ob sie darüber Bescheid weiß, wie merkwürdig, sich in einer Regennacht, wenn ich wieder da bin, wie ein Hund auf der Straße durchnässen zu lassen.‹ Das waren meine ersten und raschen und ungeordneten Gedanken. Ich hörte, wie Luisa aus dem Badezimmer kam und wieder in unser Schlafzimmer ging. Sie rief mich von dort mit meinem Namen und sagte (eine Wand dazwischen, aber beide Türen offen, die auf den Flur gehen): »Kommst du nicht schlafen? Komm, es ist sehr spät geworden.« Ihre Stimme klang genauso natürlich und munter wie an allen Tagen seit meiner Rückkehr, schon eine Woche, wie sie einige Minuten zuvor geklungen hatte, während sie mir eher verliebte Worte auf dem gemeinsamen und geteilten Kissen sagte. Und statt ihr zu sagen, was vor sich ging, was ich sah, was ich dachte, verzichtete ich darauf, so wie ich auch darauf verzichtete, auf die Terrasse hinauszugehen und ihn bei seinem Namen zu rufen und ohne Umschweife zu fragen: ›Heh, was machst du denn da?‹, die gleiche Frage, die Miriam mir mit der größten Selbstverständlichkeit von der Esplanade her gestellt hatte, ohne mich zu kennen, so wie man zu einem Bekannten spricht, mit dem man vertraut ist. Und ich verstellte mich bei der Antwort (verstellte mich aus Verdacht, obwohl ich es noch nicht wusste): »Mach schon das Licht aus, wenn du willst, ich bin noch nicht müde, ich seh noch kurz eine Arbeit durch.«
    »Schön, aber mach nicht so lange«, sagte sie, und ich sah, dass sie das Licht löschte, ich sah es im Flur. Ich schloss sorgfältig meine Tür und löschte sofort mein Licht, die kleine Lampe, die ich in dem Zimmer eingeschaltet hatte, in dem ich arbeite, um die Texte durchzusehen, und dann wusste ich, dass alle unsere Fenster dunkel waren. Ich blickte erneut durch das meine, Custardoy Sohn schaute noch immer nach oben, das Gesicht erhoben, den weißen Fleck zum dunklen Himmel gewandt, trotz der Dachtraufe traf es der Regen, Tropfen auf den Wangen, vielleicht vermischt mit Schweiß, nicht mit Tränen, der Regentropfen, der aus der Regenrinne fällt, immer auf dieselbe Stelle, wo die Erde allmählich nachgibt, bis sie durchlässig wird und eine Öffnung und vielleicht ein Kanal entsteht, Öffnung und Kanal wie bei Berta, den ich gesehen und gefilmt hatte, und bei Luisa, in dem ich erst wenige Minuten zuvor gewesen war. ›Jetzt wird er gehen‹, dachte ich, ›wenn er sieht, dass die Lichter aus sind, wird er gehen, so wie ich mein Warten aufgegeben hatte, als ich die Lichter in Bertas Wohnung verlöschen sah vor noch nicht vielen Tagen. Damals war es durchaus ein vereinbartes Signal gewesen, auch ich wartete eine Weile auf der Straße, wie Custardoy jetzt, wie Miriam vor längerer Zeit, nur dass Miriam nicht wusste, dass zwei Gesichter oder weiße Flecken und vier Augen sie von oben beobachteten, die Guillermos und die meinen, und Luisa nicht weiß, dass zwei Augen sie von der Straße her ausspionieren, ohne sie zu sehen, und Custardoy nicht weiß, dass die meinen ihn vom dunklen Himmel, von oben her überwachen, während der Regen fällt, der unter den Straßenlampen wie Quecksilber oder wie Silber aussieht. Hingegen wussten wir beide, Berta und ich in New York, wo sich ein jeder befand, oder wir konnten es vermuten. Jetzt wird er gehen‹, dachte ich, ›er muss gehen, damit ich in mein Schlafzimmer zu Luisa zurückkehren kann und mich nicht mit seiner Anwesenheit befassen muss, ich könnte weder einschlafen noch der schlafenden Luisa den Rücken decken, wenn ich wüsste, dass Custardoy noch immer unten steht. Ich habe während meiner

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