Mein Herz und deine Krone
eine Pause, und Andreas schüttelte wie betäubt den Kopf.
„Sicher erinnerst du dich noch daran, was für einen imposanten Eindruck unser Zuhause und die riesige Rinderzuchtfarm vermittelten. Und dass meine Mutter aus einem europäischen Königshaus stammte – wenn auch nur aus einer Nebenlinie – weißt du auch. Sie selbst sah das etwas anders und verlor nie ihre Sehnsucht nach Prunk, Glanz und Luxus. Obwohl ich glaube, dass sie meinen Vater, zumindest am Anfang ihrer ungewöhnlichen Liebesbeziehung, aufrichtig geliebt hat. Dass er ihr all das, was sie begehrte, auf Dauer nicht bieten konnte, davor haben beide die Augen verschlossen. Also hat mein Vater sich kontinuierlich Geld geborgt und Schulden über Schulden gemacht … bis es zu spät war.“
„Er war doch unglaublich reich!“, protestierte Andreas betroffen.
„Das war er eben nicht“, korrigierte Holly nüchtern. „Aber es ist ihm gelungen, noch über einen langen Zeitraum bei jedermann diesen Eindruck zu erwecken. Viel zu lange … deshalb haben sie an meinem siebzehnten Geburtstag, wie ich später erfahren habe, diesen verrückten Plan ausgeheckt.“
„Welchen Plan?“
Holly straffte sich und schaute Andreas fest in die Augen. „Mich reich zu verheiraten. Meine Mutter nutzte ihre alten Kontakte in Europa, schrieb an nahezu jedes Königshaus und jede millionenschwere Berühmtheit und bot passenden jungen Män nern eine Art letzte Auszeit auf ihrem Anwesen, bevor sie ihre zukünftigen Pflichten wahrnehmen mussten.“
„Aber … die prachtvollen Bälle und Partys …?“
„Alles nur Fassade“, ernüchterte Holly den verstörten Prinzen. „Bis du auf der Bildfläche erschienen bist, bin ich per Funk zu Hause unterrichtet worden und musste jeden Tag auf der Farm helfen. Vom Tag deiner Ankunft an hatte ich frei. Natürlich war ich darüber so glücklich, dass ich nicht lange nachgefragt habe. Und ebenso natürlich ist mir diese Freiheit zu Kopf gestiegen, zumal …“
Sie brach ab, und mit einem Anflug von Rührung sah Andreas, wie sie heftig errötete. Also war seine Holly in ihrem Innern doch nicht so kaltschnäuzig, wie sie sich ihm gegenüber gab.
„Zumal ich das erste Mal in meinem Leben verliebt war“, gestand sie leise und hob gleich darauf energisch ihr Kinn. „Auf jeden Fall stürzte das ganze Kartengebäude mit deiner Abreise zusammen. Mein Vater hatte mehr Schulden als je zuvor, meine Mutter packte frustriert ihre Koffer und verließ ohne ein Wort die Farm, und ich blieb schwanger und liebeskrank zurück.“
„Liebeskrank …“, echote Andreas schwach.
„Schon gut, ich habe es inzwischen überwunden“, informierte Holly ihn kalt. „Du wolltest die Story doch unbedingt hören. Also, schwanger oder nicht, ich musste ab sofort härter denn je arbeiten. Und ja, ich habe einige Narben davongetragen, wobei die innerlichen bei weitem schlimmer sind als die sichtbaren. Und, um das Ganze abzuschließen … ich habe dich ganz bewusst nicht von meiner Schwangerschaft unterrichtet, selbst als meine Eltern …“
Holly hatte sich regelrecht in Rage geredet, doch jetzt brach sie ab und biss sich auf die Unterlippe, als wolle sie sich daran hindern, noch mehr zu sagen.
„Was war mit deinen Eltern?“, fragte Andreas heiser.
„Nun, ich habe mich einfach quergestellt, als sie planten, dich in eine ungewollte Heirat zu drängen, und behauptet, ich würde deine Vaterschaft ableugnen, sollten sie wirklich versuchen, dich zu erpressen. Stattdessen habe ich mein Baby allein bekommen. Es hat meine ganze Welt verändert … ich habe es so sehr geliebt …“ Ihre Stimme drohte zu brechen. „Doch noch ehe es zwei Monate alt war, erkrankte es an Meningitis und starb in meinen Armen. Das war’s … das Ende der Geschichte.“ Holly schloss gepeinigt die Augen, und als sie die Lider wieder hob, war ihr Blick kalt und leer.
Ja, dies war das Ende der Geschichte … Und den schwersten Teil davon hatte sie bereits überstanden.
„Danach habe ich mich in die harte Farmarbeit und Lehrbücher vergraben, bis ich per Fernstudium meinen Universitätsabschluss als Lehrerin bekam und seitdem Kinder im Outback per Funk unterrichte. Daraus resultierte seit Jahren unser einziges Einkommen, da mein Vater zunehmend in schwere Depressionen verfiel, was jede Form von Arbeit unmöglich machte. Doch von einem Verkauf der Farm wollte er nichts hören, obwohl es immer schwerer fiel, alles zusammenzuhalten. Vor sechs Monaten ist er gestorben, und seitdem steht
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