Mein Herz und deine Krone
sich lachend und applaudierend vor ihnen geteilt, als Andreas seine Frau bei der Hand nahm und mit ihr den Ballsaal verließ. Kaum waren sie außer Sicht- und Hörweite, schwang er sie, trotz ihres ausladenden Brautkleides, mühelos auf die Arme. Doch anstatt sie die breite zweigeteilte Treppe ins obere Stockwerk hinaufzutragen, wo sich seine Privatgemächer befanden, brachte sie Andreas über eine wesentlich schmalere Treppe ins Souterrain, wo die Küche, Wirtschaftsräume und die Unterkünfte der Dienstboten lagen.
Schließlich drückte er mit der Schulter eine letzte Tür auf, trat ein und stellte Holly auf die Füße. Mit großen Augen schaute sie um sich. Der Unterschied zu der Pracht des Ballsaales war frappierend.
Die Palastküche war ein riesiger, eher nüchterner, praktischer Raum mit antiken Steinfliesen und einem altertümlichen Herd, der gleich neben einem offnen Kamin platziert war, in dem man leicht einen ganzen Ochsen am Stück hätte grillen können. In der Mitte stand ein langer Tisch, an dem ohne weiteres zwanzig Leute Platz fanden. Es war niemand da außer Dusty, der verschlafen aus einem Korb beim Ofen blickte und dann auf unsicheren Beinchen auf seine neue Herrin zusteuerte.
Holly beugte sich herab, nahm ihn auf den Arm, und als sie sich wieder aufrichtete, war Andreas schon halb aus der Tür.
„Oh, ich verstehe …“, sagte sie trübe. „Es ist Mitternacht, nicht wahr? Das Cinderella-Märchen ist vorbei. Aber … komisch, mein Kleid ist immer noch da.“
„Warte hier auf mich!“, befahl er heiser. „Ich … ich hatte das nicht erwartet und muss noch etwas Dringendes organisieren.“
„Was hast du nicht erwartet?“, fragte Holly beklommen, angesichts seiner grimmigen Miene.
„Dich! Meine Ehefrau!“, mit wenigen schnellen Schritten war er bei ihr und küsste sie auf den Mund. Hart, hungrig, besitzergreifend. „Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle!“ Dann war er verschwunden.
„Warte!“, rief Holly ihm hinterher, aber das hörte er schon nicht mehr.
Was blieb ihr also anderes übrig, als zu gehorchen? Wohin hätte sie auch gehen sollen? Hier kannte sie niemanden wirklich und stand unter noch viel strengerer Bewachung als auf Helias.
Wütend setzte sie sich auf den Boden neben den Ofen, weil ihr voluminöses Hochzeitskleid einfach nicht dazu geschaffen war, auf einem einfachen Küchenstuhl Platz zu nehmen. Was würde wohl passieren, wenn irgendjemand in die Küche kam und sie so sehen würde?
Glücklicher Dusty! Ihn schienen weder Skrupel noch Ängste zu plagen, stattdessen kuschelte er sich auf ihren Schoß und war in der nächsten Sekunde auch schon wieder eingeschlafen.
Fünfzehn Minuten vergingen. Zwanzig … die Uhr über dem massiven Kaminsims tickte wie eine Zeitbombe.
Holly war inzwischen so nervös, dass sie fast aus der Haut fuhr, als die Küchentür aufschwang. Andreas! Immer noch im Hochzeitsstaat! Immer noch umwerfend attraktiv … und immer noch ihr Ehemann …
„Wir sind so weit“, verkündete er mit feierlicher Stimme, und plötzlich überfiel Holly die unsinnige Horrorvision von einem Dutzend alter Weiber, die sich als Zeugen um ihr Brautbett versammeln würden, um ihre Jungfräulichkeit bestätigen zu können. Oder eben auch nicht!
„Wer ist … wir ?“, flüsterte sie erstickt.
Andreas lachte, nahm ihr Dusty ab und zog Holly zu sich hoch. „Georgiou und ich.“
„Oh …!“ Seltsamerweise fühlte sie sich schlagartig besser. „Mein Lieblings-Bodyguard.“
„Und mein Lieblingspilot“, sagte Andreas. „Ich habe zu viel Wein getrunken, um selber fliegen zu können. Nicht, dass ich betrunken wäre, aber für Piloten gilt die Null-Promille-Grenze.“ In einer plötzlichen Aufwallung zog er seine Frau fest an sich und küsste sie auf die Schläfe. „Was würdest du sagen, wenn Georgiou uns von hier entführen und zu unserer Insel bringen würde?“
„Ausreichend Erfahrung hat er ja auf dem Gebiet!“, murmelte Holly und schämte sich gleich darauf für die schnippische Bemerkung, denn insgeheim klopfte ihr Herz wie verrückt bei dem Gedanken, bald wieder an dem Ort zu sein, der in so kurzer Zeit zu einer Art zweiten Heimat geworden war. „Dürfen wir denn so einfach von hier verschwinden?“, fragte sie zaghaft.
„Wir haben unsere Pflicht erfüllt, und der Rest der Nacht gehört allein uns, agapi mou .“
„Und Georgiou.“
„So ist es“, bestätigte Andreas grinsend. „Aber ich denke, die Insel ist groß genug für
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