Mein ist dein Herz
ausschließlich an vier Orten zuteil kommt: Neben meiner Arbeitsstelle, wo Jane ab und an sogar unter der Woche vorbeikommt, wenn sie es nicht mehr ohne mich aushält. Bei mir und bei ihr Zuhause und überall da, wo wir gerade sind, wenn uns die Dunkelheit umhüllt. Na gut, richtig würde es heißen: Die Offenlegung ihrer Zuneigung erlebe ich situationsbedingt. Und das ist auch der Grund, warum ich jeden Bruchteil dieser vergänglichen Sekunden ebenso genieße, wie eine Steppenblume den viel zu selten auftretenden Niederschlag.
»Lass uns reingehen«, schlägt sie mir vor und unterbricht damit ihre Liebkosung.
Zu meiner eigenen Verwunderung fällt Jane buchstäblich über mich her, sobald wir die Türschwelle zum Haus passiert und diese hinter uns zugeschlagen haben.
»Was ist denn jetzt los?«, frage ich verblüfft.
»Du hast mir so gefehlt, Süßer ...«, bekennt sie. Es kommt so überraschend, dass ich mich unweigerlich ducke und frage, wo der Haken an der Sache ist. Sie drängt mich währenddessen auf die Treppe und setzt sich rittlings auf mich.
Obwohl es mehr als angenehm ist und mein ganzer Körper ihrer gierigen Lust entgegenstrebt, hat diese Aktion etwas anhaften, was mir wie eine ›Schuldgefühle-Ade-Nummer‹ vorkommt. Und glauben Sie mir, das bilde ich mir nicht ein. Ein solches Spielchen erkenne ich von ›Weitem‹, weil ich das zwar nicht erfunden, dafür aber perfektioniert habe. Das am meisten Verstörende hierbei? Habe ich sie abgezogen, ging ich wirklich davon aus, dass mein Abgang, der unmittelbar danach kam, hierdurch ›schonender‹ wurde. Nun erkenne ich aber, dass es nur noch schmerzhafter werden kann. Man enttarnt es als ein Trugbild und fühlt sich benutzt.
Das ist dann auch der Grund, warum ich den Lippenkontakt unterbreche, Janes Gesicht einfange und in ihre Augen blicke. Wie ich auch vermutet habe, finde ich dort ein unendlich tiefes Meer, das aus Schmerzen und Zweifeln besteht.
»Was ist los, Jane?«, frage ich und betone hierbei ihren Namen. Mit dem spreche ich sie üblicherweise nur dann an, wenn jemand dabei ist, oder es alternativ dazu um ein ganz ernstes Thema geht.
Sie schließt die Augen, schüttelt den Kopf und versucht sich in einem Lächeln.
Vergeudete Liebesmüh! Ich kenne sie viel zu gut, um darauf reinzufallen.
»Jane!«
»Nichts ...«, erwidert sie und erinnert sich nun plötzlich an die ›Uhrzeit‹. »Wir sollten aufbrechen, wenn wir rechtzeitig da sein wollen.«
»Gibt es etwas, was du mir sagen willst?«, hake ich nochmals nach und werde Zeuge von einer ›Entscheidungsfällung‹ á la Bears.
A.) Ihre Lippe landet zwischen ihren Zähnen und wird von ihnen angekaut.
B.) Der Blick wird ruhelos und meidet einen Kontakt mit dem Meinen.
C.) Die Finger nesteln nervös an ihren Ärmeln.
»Ja ... habe ich ...«, gesteht sie leise. Tränen steigen ihr in die Augen und ich weiß bereits jetzt, dass ihre Worte mich umbringen werden. Gefühlsmäßig, zumindest.
Kapitel 22
K omm schon! Sag´s! Jetzt, sofort! Du musst das tun.
Ich muss! Das stimmt schon, aber wie? Wo zum Teufel soll ich die Kraft hernehmen, um ihm diese Hiobsbotschaft mitzuteilen? Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und versagt mir gänzlich den Dienst, als Sean seinen berüchtigt zärtlichen Griff um mein Kinn legt. Den Blickkontakt meide ich, so gut ich kann, weil mein Mut die Angewohnheit besitzt, genau dann die Biege zu machen, wann immer ich in Seans von Liebe erfüllte Augen schaue.
Jedes Mal, wenn ich dieses Thema auf den Tisch bringen will, verwandelt er sich quasi in einen kleinen, verletzten Jungen. Ich kann ihm einfach nicht wehtun, das würde mich im Nachhinein auffressen. Andererseits nagen Tag aus, Tag ein andere Schuldgefühle an mir.
»Jane, du quälst mich durch dein Schweigen ...«
»Sean, ich muss dir gestehen ...«
Nein! Ich kann ihm das nicht antun. Nicht jetzt.
»... dass ich eifersüchtig bin.«
Verdammt seist du Bears!
Heuchlerin!
Feigling!
»Eifersüchtig? Auf wen?«
»Komm ... zieh dich erst einmal um. Ich erzähle es dir auf dem Weg ...«
Mit unveränderter Skepsis, die ich ihm nicht einmal verübeln kann, geht Sean nach oben, während ich unten bleibe und in der eigentlich bereits aufgeräumten Küche nochmals für Ordnung sorge. Auch so eine neue Art, über meine Nervosität die Oberhand zu gewinnen: Zwanghaftes Aufräumen.
Unterbrochen werde ich, wie so oft durch ein Piepsen, das mir mittlerweile bis ins Mark geht. Jetzt Mal ganz im Ernst, es hat
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