Mein ist der Tod
geachtet.
Michaela Bossi wandte sich ihr zu und bat sie auf Englisch, für die nächsten Minuten draußen auf dem Flur zu warten. Aminata begriff, dass der jetzt anstehende Teil der Besprechung vertraulich war, ging zur Tür, die Törring ihr aufhielt, und setzte sich draußen auf einen der Stühle im Gang.
Die Chefermittlerin entnahm ihrer Tasche die Ermittlungsmappe, legte sie vor sich und schlug sie auf. Sie sprach konzentriert und schnell, scheinbar ohne innere Beteiligung.
Beginnen wir mit den technischen Feststellungen. Die Teichfolie, in die der Täter Iris Paintners Körperteile verpackt hat, besteht aus 1,05 Millimeter starkem EPDM-Kautschuk und stammt von dem Hersteller Firestone, sie wird seit Jahren über große Gartencenter und sämtliche Versandhändler für Teichbau vertrieben, aussichtslos, ihren Weg zurückzuverfolgen. Dennoch läuft die Ermittlung der Internetkunden seit dem Jahr 2000. Die sogenannten Computerspiele, die vermutlich vom Täter unter dem Titel Mein ist der Tod verteilt werden, wurden teils mit Gamestudio/A8 Pro Edition programmiert, einer Software, die immerhin um die siebenhundert Euro kostet, allerdings noch nicht zur ganz hohen Profiklasse zählt. Andere Teile, die Videostrecken, sind mit Avid Studio bearbeitet. Der Täter verfügt über einen relativ hoch aufgerüsteten PC. Er benutzt eine AES-Verschlüsselung, um den Zugang zu den Filmen über die Fundorte seiner Leichen zu sperren.
Die Art und Weise, wie er die Opfer behandelt, zerteilt und versteckt, wie er uns auf sie hin lenkt, weist auf eine hochgradig paranoide, möglicherweise traumatisierte Persönlichkeit hin, im Alltag eher unauffällig. Wir gehen davon aus, dass es sich um einen männlichen Täter handelt, der unter dem Zwang steht, weiter zu töten, wenn wir ihn nicht hindern. Er hat keine Komplizen, obwohl nicht auszuschließen ist, dass jemand von seinen Verbrechen weiß und ihn deckt.
Zur Waffe. Unsere Untersuchungen ergaben, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein japanisches Katana handelt, ein Schwert ohne Wellenschliff, mit einer relativ schmalen, ungemein scharfen Klinge aus Karbonstahl. Es handelt sich vermutlich um sogenannten Tamahagane-Stahl mit einer Gebrauchshärte von 66 HRC. Die Waffe liegt sicher in der Preisklasse ab zwei- bis dreitausend Euro. Die glatten Muskelschnitte und die relativ geringe Wirbelzertrümmerung deuten auf ein Schwert, wie man es von amerikanischen und japanischen Anbietern im Internet beziehen kann. Unsere Erhebungen haben diesbezüglich aber noch keine Spur ergeben, die auf Zungen an der Nelda hinweisen würde.
Der Täter führt die Schläge beidhändig aus. Er trifft Iris Paintner und Saskia Runge im Genick, Nína Jökulsdóttir auf der rechten Halsseite, bei ihr wurde zuerst die Muskulatur, und zwar erst der Sternocleidomastoideus, dann Splenius Capitis und Splenius Cervicis durchschnitten. Entschuldigen Sie bitte, ich lese nur die Ergebnisse des Gerichtsmediziners vor, er nimmt es eben genau.
Bei den beiden anderen Opfern liegt die erste muskuläre Verletzung oberhalb des Serratus posterior superior. Bei Iris Paintner ist die Enthauptung hoch angesetzt, das Schwert hat die Halswirbelsäule zwischen Atlas und Axis durchtrennt, ich erspare Ihnen die lateinischen Ausführungen. Die beiden anderen Opfer wurden zwischen dem zweiten und dritten Wirbel getroffen. Wir sind sicher, dass sie sofort tot waren. Die Stümpfe am Handgelenk des linken Arms weisen dieselben Waffenmerkmale auf. Die Hände wurden nach der Enthauptung mit derselben, noch blutigen Waffe abgehackt.
Von Bedeutung ist, wie das Herz der ermordeten Iris Paintner herauspräpariert wurde. Vermutlich verfügt der Täter über ein Skalpell oder zumindest ein skalpellähnliches Instrument. Auch hier kämen japanische Messer infrage, aus Ao-Gami-Stahl. Die Schnitte, mit denen die starken Gefäße, die Arteria pulmonaris sinistra und dextra, die Aorta ascendens am Truncus beziehungsweise Bulbus sowie die Vena cava inferior abgetrennt sind, deutet auf fachmännisches, rasches Handeln, denn das Herz wurde dem noch warmen Körper entnommen.
Sibylle Lingenfels schob ihren Stuhl zurück, stand auf und verließ wortlos das Sitzungszimmer. Frau Bossi unterbrach ihren Bericht für einen fragenden Blick zu Klantzammer, der mit den Schultern zuckte. Sie fuhr fort:
Wir nehmen an, dass beim Täter medizinische Vorkenntnisse bestehen. Es könnte sich vielleicht auch um entsprechende Fertigkeiten aus dem
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