Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
Vom Netzwerk:
schwankte in Richtung
Küche, um sich ein neues Bier aus dem Kühlschrank zu
holen. Dabei führte sein Weg an dem kleinen Computertisch
vorbei. Als er hinter ihr stand, blieb er kurz stehen, blickte
über Rebeccas Schulter auf den Bildschirm und schüttelte
den Kopf. »Es ist so widerlich«, brummte er und setzte
seinen Weg zur Küche fort. Rebecca hörte, wie er sich am
Kühlschrank zu schaffen machte.
    Womöglich war der
Streit, den sie nun mit Roland hatte, so etwas wie die Strafe des
Himmels. Er hatte ja nicht einmal Unrecht. Auch, wenn sie ihn nicht
mit Clay betrog, so tauschte sie mit diesem Unbekannten doch ihre
geheimsten Gedanken und Sehnsüchte aus.
    Rebecca fühlte
sich hin- und hergerissen. Vielleicht war es nicht in Ordnung, dass
sie sich einem im Prinzip wildfremden Mann anvertraute und mit ihm
über Themen sprach, die zwischen ihr und ihrem Ehemann
standen, den sie eigentlich über alles liebte. Doch sie war
nie fremd gegangen. Nicht einmal in Gedanken. Nein, soweit wollte
sie es auch gar nicht kommen lassen.
    Rebecca schaltete den
Rechner aus und erhob sich. Sie betrat die Küche. Roland hatte
sich mit einer neuen Flasche Bier am Küchentisch
niedergelassen. Er hatte die Beine weit von sich gestreckt,
knibbelte das feuchte Etikett der Flasche ab, formte daraus kleine
Kügelchen, die er auf den Tisch schnippte, und trank in
kleinen Schlucken. Dann stierte er wieder ins Leere. Von Rebeccas
Anwesenheit nahm er, bewusst oder unbewusst, keine
Notiz.
    »Es tut mir
leid«, sagte Rebecca leise. Sie lehnte mit verschränkten
Armen im Türrahmen und beobachtete den Mann, mit dem sie
eigentlich ihre Zukunft verbringen wollte.
    Sein Kopf ruckte hoch.
Aus glasigen Augen starrte er sie unverwandt an und zuckte die
Schultern. »Hm.« Wieder ein Schluck aus der Flasche. Er
trank hastig, doch diesmal unterdrückte er den Rülpser.
Rebecca stieß sich vom Türrahmen ab und zog sich einen
Küchenstuhl heran. Sie setzte sich und stützte den Kopf
in die Hände. »Ich weiß auch nicht, was manchmal
mit mir los ist. Du weißt, dass mich Hälse faszinieren.
Diese zarte Haut. Die Adern. Sie sind wie ein offenes Tor. Und ich
stehe auf diesen süßlichen Geschmack von Blut. Du
weißt, dass ich so empfinde. Lebe damit oder lass
es.«
    »Das ist nicht
normal, Rebecca.«
    »Wie dem auch
sei. Ich habe mehrmals versucht, mit dir darüber zu sprechen,
doch das ist ja offenbar nicht möglich. Du hast mich immer nur
ausgelacht und mich deine kleine süße Vampirschlampe
oder sonstwie genannt.«
    »Das hätte
ich nicht tun sollen.«
    »Darum geht es
doch gar nicht, Roland.«
    »Du bist kein
Vampir. So was gibt es nicht, außer in alten Filmen oder
Büchern. Mensch, kapier doch bitte endlich, dass du jedes Mal
auf irgendeinem bescheuerten Trip bist, wenn es dich mal wieder
überkommt.« Roland schüttelte den Kopf und tippte
sich bezeichnend an die Stirn.
    »Du willst mich
gar nicht verstehen«, entgegnete Rebecca enttäuscht.
»Und du hast mich ausgelacht. Deshalb habe ich im Internet
über dieses Thema recherchiert und festgestellt, dass es noch
andere Menschen gibt, die ähnlich empfinden wie ich. Und so
habe ich Clay in einem dieser Foren kennen gelernt. Fertig
aus.«         
    »Dieses
Arschloch hat dir den Kopf verdreht.«
    »Unsinn.«
Rebecca machte eine wegwerfende Handbewegung, griff nach Rolands
Bierflasche und leerte sie. Er erhob sich, hielt sich am
Küchentisch fest und marschierte zum Kühlschrank.
Türe auf, neue Flasche, Türe zu. Schwerfällig
ließ er sich wieder auf seinen Stuhl sinken, griff nach dem
Öffner, warf den Kronkorken in die Ecke der Küche, setzte
die Flasche an und trank.
    »Dieses
Arschloch hat dir echt ins Gehirn geschissen. Rebecca, du bist kein
Kind mehr!«
    »Ich würde
wirklich gerne ernsthaft mit dir darüber sprechen, aber du
hast mich von der ersten Minute an, als ich das Thema ansprach,
ausgelacht. Ich behaupte nicht, dass ich normal bin, aber ich
erwarte von meinem Partner, dass er zu mir steht.«
    Roland nickte. Er
grinste schräg. »Ja«, sagte er gedehnt. »In
guten und in schlechten Zeiten.« Er schlug sich vor die
Stirn, dass es klatschte. »Wie konnte ich das nur vergessen,
meine süße kleine Vampirschlampe?«
    Sie sprang auf, der
Stuhl fiel dabei polternd um, und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
Sein Mund stand vor Staunen weit offen. Die Hand, mit der er die
Bierflasche umklammert gehalten hatte, öffnete sich und
ließ die Flasche fallen. Sie knallte auf den

Weitere Kostenlose Bücher