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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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gefliesten
Küchenboden, zerbarst und sprang in braune Scherben. Der
Gerstensaft sickerte heraus und bildete einen großen,
schäumenden Fleck auf dem Fußboden. Der Geruch von Bier
breitete sich in der Küche aus. »Das hättest du
nicht tun sollen«, flüsterte Roland, doch seine Frau war
längst aus dem Raum gestürmt.

 
    56
    22.10
Uhr
    »Kind, du siehst
müde aus«, stellte Edith Hahne lächelnd fest.
»Ich glaube, du arbeitest zu viel.« Die beiden Frauen
saßen sich im spärlich beleuchteten Wohnzimmer von
Frankas Mutter gegenüber. Sie lebte seit Ewigkeiten in dem
Mehrfamilienhaus an der Eichenstraße. Franka war auf dem Rott
groß geworden, und die oft verschlungenen und schwer
einsehbaren Straßen, die für einen Fahrschüler ein
Albtraum waren, kannte sie wie ihre Westentasche. Diese Wohnung
hatten die Eltern bereits bewohnt, als Franka noch ein Kind gewesen
war. Ihr ehemaliges Kinderzimmer gab es noch - allerdings war es
inzwischen zum Bügelzimmer der Mutter umfunktioniert worden.
Auch, wenn ihr die Wohnung nach Frankas Auszug und dem Tod des
Vaters viel zu groß war, so wollte sie nicht ausziehen. Zu
viele Erinnerungen hingen an diesen vier Wänden. Einen alten
Baum verpflanzt man nicht mehr, pflegte sie stets zu sagen, wenn
ihr jemand aus dem Bekanntenkreis den Umzug in eine kleinere
Wohnung ans Herz legte.
    »Ich sehe nicht
nur so aus - ich bin müde.« Franka nickte und knabberte
Gebäck. Ihre Mutter hatte einen Tee aufgesetzt und Kerzen
angezündet. Aus dem Radio tönte leise Musik - deutscher
Schlager, denn Edith Hahne liebte Schlagermusik über
alles.
    »Ich arbeite an
einem Fall um einen ziemlich brutalen Mord«, antwortete
Franka und unterdrückte ein Gähnen. »Der
Mörder hat sein Opfer erst missbraucht und dann zu Tode
gebissen.«
    Edith Hahne bekam
große Augen. »Was, sag bloß, du arbeitest an dem
Fall der Bestie?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich
habe in der Zeitung davon gelesen. Schrecklich so was. Manchmal
mache ich mir wirklich Sorgen um dich, Kind.«
    »Keine Angst,
ich werde mich nicht beißen lassen«, lächelte
Franka.
    »Man muss sich
immer wieder fragen, zu was Menschen eigentlich fähig
sind«, ereiferte sich die alte Dame.
    »Das muss ich
mich leider jeden Tag fragen«, erwiderte Franka.
    »Vielleicht
solltest du dich lieber in den Innendienst versetzen lassen«,
überlegte Edith Hahne und strich sich eine graue Strähne
aus dem Gesicht. »Da wärst du in
Sicherheit.«
    »Nein, das ist
absolut nicht mein Ding«, lachte Franka. »Acht Stunden
am Tag als Schreibtischtäterin … ich muss raus, brauche
den Kontakt zu den Menschen. Und sobald wir an einem neuen Fall
arbeiten, packt mich das Jagdfieber. Ich würde es nicht im
Büro aushalten, solange der Täter, den wir suchen, noch
auf freiem Fuß ist. Eigentlich habe ich auch jetzt keine
wirkliche Ruhe.«
    Frankas Mutter zuckte
die Schultern., Aber du besuchst deine Mutter trotzdem«,
stellte sie lächelnd fest. »Und das freut
mich.«
    »Ich bin leider
wirklich platt«, gab Franka zu. »Das Problem ist, dass
ich ständig an der Lösung des Falls arbeite, zumindest
geistig. Mein Körper sehnt sich nach
Entspannung, aber mein Geist ist ständig wach und gönnt
mir keine Erholung. Ich könnte jetzt auf der Stelle in mein
Bett fallen, weil ich todmüde bin. Aber sobald ich liege,
wälze ich mich von einer Seite auf die andere, finde keine
Ruhe und starre die Zimmerdecke an. Das ist mein Problem. So
richtig ausruhen kann ich erst, wenn der Fall abgeschlossen
ist.«
    »Vielleicht
solltest du Schlaftabletten nehmen.«
    »Dann bin ich
innerhalb weniger Tage süchtig«, lachte Franka und
schüttelte den Kopf. »Es ist halt so, da muss ich durch.
Von einem Achtstundentag muss ich wohl auch noch weiter
träumen.«
    »So wirst du
niemals einen Mann finden, Kind. Oder gibt es schon jemanden in
deinem Leben, und du verheimlichst ihn mir?« Edith Hahne
zwinkerte ihrer Tochter verschwörerisch zu.
    Mit ihrer Mutter
verband Franka ein gutes, freundschaftliches Verhältnis, das
nach dem Tod des Vaters noch mehr gewachsen war. Die beiden Frauen
hatten keine Geheimnisse voreinander. Franka überlegte, ob sie
ihr von Bernd Krüger erzählen sollte, doch sie entschied
sich dagegen. Vermutlich hatte ihre Mutter moralische Bedenken
dagegen, dass sie Interesse an einem - noch - verheirateten Mann
bekundete. So etwas gehörte sich einfach nicht.
Basta.
    Franka hatte sich ja
auch vorgenommen, mit Krüger nichts anzufangen, solange er
noch verheiratet

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