Mein Leben
Lust hat, sondern weil man vertraglich dazu verpflichtet ist, vergisst man leicht die Ideale, die einen ursprünglich zusammengeführt hatten. Außerdem stellt sich, wenn man vor einem Publikum spielt, das einen allzu bereitwillig geradezu anhimmelt, irgendwann Selbstgefälligkeit ein. Ich fing an, mich für Cream zu schämen, weil ich fand, dass die Band ein Schwindel war. Sie entwickelte sich nicht weiter. Auf unserer Reise durch Amerika lernten wir eine Menge kraftvolle und einflussreiche neue Musik kennen, um uns herum entstanden neue Formen von Jazz und Rock, und mir kam es vor, als ob wir nichts daraus lernten.
Was mich jedoch vor allem stutzig machte und zweifeln ließ, war die Musik von The Band, die mir mein Freund Alan Pariser vorspielte, ein Unternehmer aus L.A., der praktisch alle im Musikbusiness kannte und einem Kontakte zu jedem vermitteln konnte. Er hatte Bänder ihres ersten Albums Music from Big Pink, und es war phantastisch. Ich war wie vom Donner gerührt, das Album warf ein Schlaglicht auf all die Probleme, die wir meiner Meinung nach hatten.
Hier war eine Band, die es richtig machte, die Einflüsse aus Country, Blues, Jazz und Rock verarbeitete und fantastische Songs schrieb. Ich musste sie unwillkürlich mit uns vergleichen, was vermutlich dumm und sinnlos war, aber ich war auf der Suche nach einer Messlatte und überzeugt davon, sie mit diesem Album gefunden zu haben. Es war schlichtweg großartig, und jedes Mal, wenn ich es hörte, hatte ich das Gefühl, dass wir feststeckten und ich rauswollte. Stigwood gewöhnte sich an meine regelmäßigen Anrufe nach Gigs, in denen ich ihm erklärte: »Ich will nach Hause, ich kann das nicht mehr, du musst mich hier rausholen.« Worauf er ebenso regelmäßig erwiderte: »Halt noch eine Woche durch.«
Als wir im Frühsommer 1968 nach England zurückkehrten, standen wir kommerziell sehr gut da. Wir hätten jede Konzerthalle, in der wir auftraten, zweimal ausverkaufen können. Das Album Disraeli Gears war ein Bestseller in den USA, wo wir mit »Sunshine of Your Love« auch einen Singlehit hatten. Aber das zählte für mich nicht, weil wir unsere Orientierung verloren hatten. Ich war des Virtuosengetues überdrüssig. Unsere Gigs waren zum Vorwand geworden, als Einzelmusiker anzugeben, und jedes Gefühl von Einheit und Zusammengehörigkeit, mit dem wir möglicherweise angefangen hatten, schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
Außerdem schafften wir es nicht, miteinander auszukommen. Wir liefen voreinander weg. Privat unternahmen wir nie etwas zusammen und tauschten auch keine Ideen mehr aus. Wir stiegen bloß noch auf die Bühne, spielten und gingen dann wieder unserer Wege. Am Ende war das auch der Ruin unserer Musik. Ich glaube, wenn wir es geschafft hätten, uns gegenseitig zuzuhören und mehr Interesse füreinander aufzubringen, hätte Cream vielleicht eine Chance gehabt, aber das konnten wir damals nicht begreifen. Wir waren unreif und unfähig, unsere Meinungsverschiedenheiten zu überwinden. Vielleicht hätte auch eine gelegentliche Pause geholfen.
Unsere Entscheidung, getrennte Wege zu gehen, hat Robert Stigwood vielleicht wütend gemacht, aber überraschend kam sie ganz bestimmt nicht. Dafür hatte er zu viele verzweifelte Anrufe aus Amerika erhalten. Zu Beginn hatte er uns erklärt, dass er unser aller Interessen im Auge habe, aber im Laufe der Zeit gelangte ich zu der Erkenntnis, dass ich derjenige war, auf den er seine Hoffnungen setzte. Was Cream betraf, verabredeten wir zwei weitere Alben, von denen wir das erste vor unserer Abreise in die USA bereits halb aufgenommen hatten, eine Abschiedstournee durch Amerika im Herbst und zwei letzte Konzerte in London nach unserer Rückkehr.
Es war großartig, wieder in der Pheasantry zu sein, wo Litvinoff mich aufgekratzt erwartete, weil er als Dialogtrainer und technischer Berater für den Film Performance engagiert worden war, der von Donald Cammell und Nicolas Roeg in Chelsea gedreht wurde. Litvinoff war wegen seiner speziellen Kenntnisse der Londoner Unterwelt verpflichtet worden, da der Film, im Grunde ein Starvehikel für Mick Jagger, der darin ein heruntergekommenes Rockidol spielt, in der Gangsterszene angesiedelt ist. Litvinoff war voller Ideen, wie die Geschichte weiterentwickelt werden sollte, und erzählte mir jeden Abend von den Begebenheiten am Set und den Aussichten auf den kommenden Tag. Eines Abends brachte er den Regisseur Donald Cammell mit nach Hause, der es schaffte, einen
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