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Mein Leben

Mein Leben

Titel: Mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Clapton
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Gitarre spielte, irgendetwas lief immer.
    Als Cream etwas mehr als ein Jahr nach unserem Debüt Mitte August beim siebten Windsor Jazz Festival spielten, entging es uns nicht, wie wenig wir in Wirklichkeit vorangekommen waren. Was die Plattenverkäufe anging, lagen wir immer noch weit hinter den Beatles und den Stones und sogar noch hinter Hendrix. Wir quälten uns in zusammengestoppelten Touren durch die immer selben paar Clubs und waren schwer enttäuscht, dass Stigwood uns nicht erlaubt hatte, beim Monterey Pop Festival aufzutreten, vor allem nach den spektakulären Erfolgen, die Hendrix und The Who dort gefeiert hatten.
    Obwohl wir auf den Gig brannten, hatte Stigwood in seiner Weisheit entschieden, dass wir, wenn wir Amerika erobern wollten, durch die Hintertür einfallen sollten und nicht durch einen Auftritt bei einem riesigen Open-Air-Event, bei dem wir zwischen hunderten anderen Künstlern untergehen würden. Die Aussicht, wegen der für November geplanten Veröffentlichung von Disraeli Gears eine Woche später nach Kalifornien aufzubrechen, heiterte uns allerdings wieder auf.
    Ich betrachtete die West-Coast-Rock-Szene, repräsentiert von neuen Bands wie Jefferson Airplane, Big Brother and the Holding Company und Grateful Dead, offen gestanden mit einer gewissen Verachtung. Damals begriff ich einfach nicht, was sie machten, und fand, dass es ziemlich zweitklassig klang. Ich mochte die Byrds und Buffalo Springfield und hatte ein tolles Album einer Band namens Moby Grape aus San Francisco gehört, aber ich hatte sie noch nie live spielen sehen. Außerdem fand ich, dass der meiste so genannte psychedelische Kram, der damals in aller Munde war, eigentlich recht fade klang.
    Bill Graham, der uns zu den Konzerten nach San Francisco eingeladen hatte, war ein Unternehmer und Visionär, der Anfang 1966 das Fillmore Auditorium als Veranstaltungsort für Rock-Konzerte eröffnet hatte. Der ehemalige Sitz der Majestic Academy of Dancing stand an der Ecke Fillmore Street und Geary Street und war schnell zu einer Institution in San Francisco geworden. Bill unterstützte die Idee vom freien künstlerischen Ausdruck, förderte neue Talente und hatte die Vision, eine Konzerthalle zu eröffnen, wo die Leute unter minimaler Aufsicht machen konnten, was sie wollten.
    San Francisco war damals die Hauptstadt der Drogenkultur, und ich glaube, Graham hat diesbezüglich mindestens ein Auge zugedrückt. Solange man keine Unbeteiligten gefährdete, konnte man nach Belieben Trips schmeißen oder Dope rauchen. Für zahlreiche Bands und viele andere Kreative in der Stadt wie etwa die Grafiker, die die Plakate gestalteten, war er eine Art Vaterfigur und wurde von allen, die mit ihm zusammenarbeiteten, hoch geschätzt und geliebt. Es gab Andeutungen, dass er Verbindungen zu zwielichtigen Gestalten oder dem organisierten Verbrechen gehabt hätte, aber ich habe nie ein Indiz dafür gesehen.
    Bill erklärte uns, dass wir spielen konnten, was und so lange wir wollten, selbst wenn es bis zum Morgengrauen dauern sollte, was uns ermutigte, unser Potenzial ungehindert zu erkunden. Überall sonst hätten wir uns vielleicht Sorgen um unsere Bühnenpräsentation gemacht, aber im Fillmore merkten wir bald, dass uns kein Mensch sehen konnte, weil die Light-Show auf die Band projiziert wurde, sodass wir ein Teil von ihr wurden, was sehr befreiend war. Wir konnten uns einfach ungehemmt die Seele aus dem Leib spielen, weil wir wussten, dass das Publikum sich ohnehin mehr in die Bilder versenkte, die auf der Leinwand hinter uns abliefen. Ich bin sicher, dass mindestens die Hälfte der Leute schwer zugedröhnt waren, aber das war egal. Sie hörten zu , was uns Mut machte, in unbekannte Sphären vorzudringen. Wir spielten ausgedehnte Soli über immer weniger Songs. Wir marschierten jeder in seine eigene Richtung los, um dann an irgendeinem Punkt, sei es ein Riff oder ein Akkord oder auch nur eine Idee, wundersam wieder zusammenzufinden, eine Weile darüber zu jammen, um dann wieder in unser eigenes Ding abzutauchen. Es hatte nichts mit Texten oder Themen zu tun, es ging viel tiefer, es war reine Musik. Damals waren wir auf unserem Höhepunkt.
    Für mich war es eine unglaubliche Zeit, denn ich lernte viele phantastische Leute kennen wie zum Beispiel Terry the Tramp, Anführer der Hell’s Angels in San Francisco, Addison Smith, der auf einem Hausboot in Sausalito wohnte und das Hippieleben lebte, das andere nur vortäuschten, sowie Owsley, den Chemiker, der

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