Mein Leben
Juli in Buffalo zu uns, wo wir vor vierzigtausend Leuten im War Memorial Stadium spielten. Wegen einer schweren Bindehautentzündung, die ich mir bei Yvonne Elliman eingefangen hatte, mit der ich nach wie vor rummachte, war ich halb blind und vor Nervosität so betrunken, dass ich in eine große Topfpflanze krachte, die auf der Bühne stand. Aber als ich an diesem Abend »Have You Ever Loved a Woman?« spielte, hatten die Worte eine ganze besondere Bedeutung für mich.
Nachdem wir nun tatsächlich zusammen waren, war meine Beziehung zu Pattie nicht die unglaublich romantische Geschichte, als die ich sie mir immer ausgemalt hatte. Es war keine reife, gefestigte Bindung, sondern eine, die auf betrunkenen Expeditionen ins Unbekannte basierte. Mit dem, was ich heute über meinen Zustand weiß, bin ich mir nicht sicher, ob wir je die Chance auf etwas Besseres hatten, selbst wenn wir früher zusammengekommen wären, weil meine Sucht dem immer im Weg stand. Trotzdem waren wir sehr verliebt und hatten viel Spaß miteinander, aber auch wenn es toll war, endlich zusammen zu sein und sich nicht mehr verstecken zu müssen, waren wir auf einer Straße unterwegs, auf der wir der Realität früher oder später ins Auge sehen mussten.
Dass ich mir in Bezug auf unsere Beziehung etwas vormachte, wurde zum Teil schon darin deutlich, dass ich Pattie nicht als Pattie sehen konnte. Sie so zu nennen, hätte das Eingeständnis bedeutet, dass sie immer noch Georges Frau war. Meine unbewusste Vermeidungsstrategie war es, sie »Nell« oder »Nelly« zu nennen, manchmal auch »Nello«. Sie schien nichts dagegen zu haben, obwohl sie in ihrem neuen Umfeld ausschließlich unter diesem Namen bekannt war. Vielleicht war es eine Hommage an meine Lieblingsgroßtante oder ich habe versucht, Pattie zu einer Art Bardame zu reduzieren, damit sie mich nicht so einschüchterte. Schwer zu sagen. Damals waren meine Gedanken und Handlungen nie leicht zu deuten, nicht einmal für mich selbst. Aber der Spitzname passte zu ihr und setzte sich durch.
Die Ocean Boulevard – Tour dauerte bis zum Ende des Jahres 1974. Wir spielten neunundvierzig ausverkaufte Konzerte in den Vereinigten Staaten, Japan und Europa, fast alle in riesigen Stadien, und was den größten Teil dieser Zeit angeht, habe ich einen Blackout. Rückblickend hatte Roger wahrscheinlich recht, sich Sorgen darüber zu machen, dass ich in großen Arenen auftreten sollte. Nachdem ich nach so langer Zeit aus der Kälte gekommen war, war ich auf der Bühne nervös und ein bisschen aus der Übung, weshalb ich es vermied, die Soli zu spielen, für die die Fans bezahlt hatten. Live wurde mein Gitarrenspiel erst besser, als wir im folgenden Jahr begannen, in kleineren Hallen aufzutreten. Nell blieb bis zum Ende der ersten Hälfte der Amerika-Tour und flog dann nach Hause.
Sobald sie weg war, stürzte ich mich in eine Serie von One-Night-Stands und benahm mich unverschämt gegenüber jeder Frau, die mir über den Weg lief. Mein moralisches Gleichgewicht war offensichtlich in einem erschreckenden Zustand, der sich durch meinen stetig wachsenden Alkoholkonsum nur verschlimmern konnte. Es war, als würde ich versuchen, meine Beziehung zu Pattie zu sabotieren, als ob ich sie nun, da ich sie hatte, nicht mehr wollte. Nur noch wenige Leute wie Legs Larry und in gewissem Maße auch Carl standen noch zu mir, während die meisten anderen uns aus dem Weg gingen. Hin und wieder ermahnte Roger mich, es ein bisschen langsamer angehen zu lassen, und ich dachte vielleicht auch eine Weile darüber nach, bevor ich die Idee mit dem nächsten Drink ertränkte, wenn ich ihm nicht gleich wütend erklärte, dass er sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte.
Nach dem Ende der Tour dachten Tom und Roger wegen des Erfolgs von »I Shot the Sheriff«, es wäre eine gute Idee, in die Karibik zu fliegen und die Reggae-Geschichte weiterzuverfolgen. Sie hatten Aufnahmen in Jamaika arrangiert, wo wir ihrer Vorstellung nach ein wenig Roots-Reggae-Einfluss abbekommen sollten. Tom glaubte daran, die Quelle anzuzapfen, und ich schloss mich seiner Meinung bereitwillig an, weil Pattie und ich dadurch so etwas wie Flitterwochen haben würden. Kingston war eine tolle Stadt zum Arbeiten. Überall lag Musik in der Luft. Jeder hatte ständig irgendein Lied auf den Lippen, selbst die Zimmermädchen in unserem Hotel, und die Musik ging mir wirklich ins Blut. Aber mit den Jamaikanern im Studio zu arbeiten, war eine ganz andere
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