Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
ich einen Mann, auf den die Beschreibung passte, die mir Yasin gerade gegeben hatte. Ich erkannte das Problem, als ich näherkam: Dieser Mann hatte keine Ahnung von dem, was er da tat. Er war ein alter Mann, Ende sechzig. An seiner djellaba sah ich, dass er Marokkaner war. Er stand dort auf dem Gehsteig herum und schaute ziellos umher. Er war ahnungslos.
Ich ging zu ihm hin, legte meine Arme um ihn und küsste ihn auf beide Wangen.
„Ich bin so froh, dich zu sehen!“, sagte ich. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht früher entdeckt habe! Die ganze Zeit habe ich Ausschau gehalten…“
Der Mann starrte mich verwirrt an. Ich fasste ihn am Arm und zog ihn mit. Die ganze Zeit sprach ich laut mit ihm. „Wie geht es den Kindern?“Dann, leiser: „Ich habe ein Geschenk für dich. Ich habe es aus Belgien mitgebracht. Weißt du, wer es geschickt hat?“
Ich wandte mich ihm zu, er sah mich an, wirkte nervös.
„Amin und Yasin?“Seine Stimme zitterte leicht.
Ich nickte. Wir gingen einige Minuten lang weiter. Ich redete unablässig, als ob wir zwei alte Freunde wären, die gemeinsam spazieren gingen.
Schließlich wandte er sich mir zu. „Wo ist es denn?“, wollte er wissen.
„Keine Sorge, es ist an einem sicheren Ort. Wir holen es morgen, nachdem wir das Auto angemeldet und die Steuer bezahlt haben.“
Der Mann hielt inne und sah mich an. „Nein, Bruder, das müssen wir nicht tun.“
„Natürlich müssen wir das tun“, antwortete ich. Das Auto war in Marokko unter meinem Namen registriert. Wenn ein ausländischer Wagen ins Land kam, hielt das die Zollbehörde in ihrem Computersystem fest. Der Weiterverkauf war die einzige Möglichkeit, meinen Namen aus diesem System zu löschen. Wenn ich das nicht tat, war ich für alles verantwortlich, was mit dem Auto geschah, einschließlich des gesamten Inhalts. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei der Ausreise aufgehalten wurde, war sehr viel größer, denn sie würden mich vielleicht anhalten, um herauszufinden, was ich mit dem ins Land gebrachten Fahrzeug angestellt hatte.
All dies erklärte ich dem alten Mann, und er versuchte mich zu beruhigen. „Keine Sorge, Bruder. Wir haben einen Mann an der Grenze. Er hat den Eintrag bereits aus dem Computer gelöscht. Dir wird nichts geschehen.“
Ich glaubte ihm nicht. Und ich traute Amin und Yasin nicht. Sie hatten mir nicht die kleinste Warnung über die aktuellen strengen Sicherheitsmaßnahmen zukommen lassen, und offensichtlich machten sie sich auch jetzt, da ich vor Ort war, keine Sorgen wegen meines Wohlergehens. Ich dachte weiter nach und begriff, dass es sehr bequem für sie wäre, wenn ich es nie nach Belgien zurückschaffte. Sie hatten von mir bekommen, was sie brauchten. Sie wussten jetzt, wo Laurent wohnte, und konnten jederzeit mit ihm direkt Geschäfte abschließen. Und sie hatten mir niemals völlig vertraut. Gerade jetzt, nachdem ich mit ihnen über Semtex und Sprengzünder geredet hatte, könnte es für sie bequemer sein, mich aus dem Weg zu schaffen.
Ich starrte den alten Mann an. „Warum zum Teufel sollte ich dir vertrauen? Du hast vier Stunden lang auf dem Platz nach mir Ausschau gehalten. Hör zu, ich meine es ernst: Ohne dieses Papier bekommst du das Auto nicht.“
Er wirkte eingeschüchtert. „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Darüber musst du mit den Brüdern sprechen.“
Ich ließ ihn stehen, wo er war, und ging in eine Telefonzelle, um Yasin anzurufen. Er meldete sich, und ich wiederholte das Ultimatum, das ich seinem Kontaktmann gestellt hatte: keine Papiere, kein Auto. Yasin versuchte mir meine Besorgnisse auszureden und meinte, ich solle doch auf den alten Mann hören. An der Grenze gebe es jemanden, der sich um diese Sache kümmere. Er erinnerte mich daran, dass wir es eilig hätten, dass wir bereits zu viel Zeit verloren hätten.
Ich glaubte nichts von alledem und blieb unbewegt. „Ich meine es ernst. Entweder zahlt er die Steuer und meldet das Auto an, oder ich gebe es ihm nicht.“
Wieder einmal kam Yasin nicht weiter. Er antwortete erst nach einer langen Pause. „In Ordnung. Wir prüfen, was wir tun können. Ruf mich morgen früh wieder an.“
Yasin klang sehr bedrückt, als ich am folgenden Morgen mit ihm sprach. „Wir haben getan, was du verlangt hast“, sagte er. „Er hat das Geld. Er wird die Papiere für dich besorgen. Du kannst ihm das Auto geben.“
Ich hatte Yasin noch nie in diesem Tonfall reden hören – traurig, resigniert.
„Weißt du, wir
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