Mein Leben für dich
überrascht die Luft einsaugen. Schnell will ich das Blatt wieder zuschlagen und unters Bett werfen, damit Simon es nicht sieht, aber es ist zu spät.
»Sag bloß, das war eben diese verdammte Hackfresse?«, fragt er. »Anscheinend kann kein einziger Tag ohne dieses Arschloch vergehen.«
Ich verdrehe die Augen. »Ach komm schon, Kai ist Vergangenheit, ich will nicht mehr von ihm sprechen.«
Simon reagiert nicht, seine Augen sind wie gebannt auf den Artikel unter Kais Foto gerichtet. »Das glaub ich jetzt nicht«, murmelt er.
»Was denn? Hat er den Oscar gewonnen oder was?«, frage ich leicht gereizt, denn ich will nicht, dass Kai Thalbach unser Frühstück ruiniert. Kurzerhand reiße ich Simon die Zeitung aus der Hand, dabei werfe ich einen Blick auf die Überschrift. Polizeirazzia stellt große Mengen Kokain sicher. Schauspieler Kai Thalbach wandert in den Entzug. Hastig überfliege ich die Zeilen darunter, dann lasse ich die Zeitung sinken. Simon und ich starren uns an.
»Da steht, jemand habe der Polizei einen anonymen Hinweis gegeben«, sage ich tonlos. »Warst … du das?«
Simon schüttelt den Kopf. »Nein«, murmelt er. »Wobei ich es liebend gerne getan hätte. Komm, jetzt frühstücken wir erst mal.«
Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen, genauso wie Simon, aber so richtig viel Appetit haben wir beide nicht mehr. Nicht, dass mir Kai leidtäte. Im Gegenteil, er ist selbst schuld daran, dass seine glänzende Karriere ein Ende hat. Vielmehr ist mir unwohl bei dem Gedanken, dass Simon es war, der ihm den Stoff überbracht hat. Denn sicherlich wird die Polizei brennend interessieren, woher Kais Drogen stammen. Sie werden ihn löchern und er … Er wird singen. Denn was hat er jetzt wohl noch zu verlieren?
Simon
»Danke«, murmle ich matt, als mein Vermieter mir am Montagabend den Schlüssel übergibt.
»Diese Wohnung ist etwas teurer als die letzte«, erklärt er. »Dafür ist die Gegend auch besser.«
Ich nicke. »Ist in Ordnung. Ich bin froh, dass Sie überhaupt noch etwas frei hatten.«
»Ich kriege das Geld für den ersten Monat bar und im Voraus. Sorry, Junge, aber ich habe im letzten Jahr schließlich so meine Erfahrungen mit dir gesammelt.«
»Schon gut.« Ich krame meinen Geldbeutel hervor und zähle ihm die Scheine in die Hand. Er tippt sich an den Kopf, dann verschwindet er aus meiner neuen Mietwohnung, die keinen Deut angenehmer riecht als meine frühere.
Ich lasse mich auf den schmuddeligen Teppichboden fallen und lehne mich gegen die kalte Wand. Ich fühle mich, als wäre ich mit voller Wucht in mein altes Leben zurückgeschleudert worden. Mit dem Unterschied, dass ich jetzt auch darin aufgeschmissen bin, denn mit Rick habe ich es mir verschissen und auch mein Job im Cage ist futsch. Dabei habe ich in dem Moment, als ich den Artikel über Kai las, gewusst, was auf mich zukommen könnte. Ich wollte es nur nicht wahrhaben. Ich dachte, es würde vielleicht ein Wunder geschehen. Noch eines, nachdem ich Mia küssen, sie berühren, ihr ganz nahe sein durfte. Aber Wunder sind selten, ansonsten wären es keine.
Falkenstein kochte, als er mich kurz nach seiner Rückkehr zu sich rief. Ich sah es an seinen zitternden Händen. Trotzdem blieb er ruhig wie immer, als er mich feuerte. Er hielt einen Brief in der Hand, den er mir reichte. Er stammte von Kai Thalbach. Darin beschuldigte er mich, in Drogengeschäfte verwickelt zu sein. Inwieweit und wer noch dahintersteckte, das könne er aus Angst um seine eigene Sicherheit nicht sagen. Aber, so stand da, er selbst würde seine Tochter keinem Typen wie mir anvertrauen, mein echter Lebenslauf wäre mit Sicherheit alles andere als sauber.
Es kam wie befürchtet: Kai ging fest davon aus, dass ich es war, der ihn bei der Polizei angeschwärzt hatte, und ich kann es ihm noch nicht mal verübeln. Er konnte gar nichts anderes annehmen, nachdem ich ihn derart vermöbelt habe, und der Brief war eben seine Rache. Er hat wahr gemacht, was er mir angedroht hatte, so wie ich es an seiner Stelle auch getan hätte.
»Gehen Sie«, sagte Falkenstein. »Verlassen Sie sofort mein Hotel.« Er stellte noch nicht einmal infrage, dass das, was Kai Thalbach behauptete, wirklich stimmte. Er hatte meine Daten überprüfen lassen und dabei festgestellt, dass ich weder Bewebungsunterlagen für den Parkhauswächterjob eingereicht noch irgendeinen Berufs- oder Studienabschluss habe, geschweige denn auch nur ansatzweise im Sicherheitsbereich ausgebildet bin. Das reichte
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