Mein Leben für dich
Autofahrt über angeschwiegen und uns noch nicht einmal angefrotzelt haben, liegt daran, dass uns diese Zeitschriftengeschichte von vorhin immer noch im Kopf herumschwirrt. Mir jedenfalls. Ich wüsste nämlich gern, ob nicht doch irgendetwas Wahres an der Vermutung dieser Redakteurin ist. Und wenn auch nur ein klitzekleiner Furz.
Während Mia noch immer gebückt in ihrer Strandtasche herumwühlt und allerlei Zeug herausholt, kommt mir spontan die Frage in den Sinn, ob sie ihren Bikini wohl schon drunter trägt. Leider schaffe ich es absolut nicht, meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken, und bei der Vorstellung, dass sie ihn sich vielleicht erst umständlich unter ihrem Kleid anziehen muss, merke ich plötzlich das, was logischerweise die Konsequenz solcher Fantasien sein muss. Es regt sich etwas in meinen Badeshorts. Verdammte Scheiße, das ist mir das letzte Mal mit fünfzehn passiert! Ich kneife die Augen zusammen. Es muss doch irgendetwas geben, was mich aus dieser Situation retten kann. Wie verrückt krame ich in meinem Gedächtnis nach etwas, das mich ablenkt, und endlich fällt mir diese bescheuerte US-Fernsehshow von gestern Abend ein. Ein verrückter Typ hat glitschige, zappelnde Goldfische bei lebendigem Leib runtergeschluckt. Es war wirklich eklig, wie die Schwanzflosse noch zwischen seinen wulstigen Lippen herausragte und zuckte. Ich erinnere mich an die entsetzten Rufe aus dem Publikum.
Das wirkt. Ich atme erleichtert aus. Jetzt bloß nicht wieder auf dumme Gedanken kommen, beschwöre ich mich und bin Gott äußerst dankbar dafür, dass er nicht jede Frau mit einem solchen Körper gesegnet hat wie Mia. Eine Tonne mit Vierfachkinn und Damenbart legt sich nämlich gerade in unsere Nähe und packt gleich ihre Fresspakete aus. Sehr gut, denke ich, manchmal sind rettende Engel eben erst auf den zweiten Blick erkennbar. Diese Frau jedenfalls ist meiner, und ich werde mir in einem neuen Notfall einfach vorstellen, wie sie ihren Bikini unter ihrem zeltartigen Kleid wechselt.
»Sag mal, was holst du denn da alles aus deiner Tasche?«, frage ich Mia, als ich mich wieder sicher genug fühle. »Kein Mensch braucht so viele unterschiedliche Flaschen Sonnencreme.«
»Ich eben schon. In dieser hier ist noch ein letzter Rest drin, den ich erst aufbrauchen möchte. Der da riecht nach Kokos, der nach normaler Sonnencreme und der hier ist speziell fürs Gesicht und hat einen höheren Lichtschutzfaktor. Und das ist gar keine Lotion, wenn du genau hinsiehst, sondern Sonnenöl. Und dies hier ist eine Après–«
»Alles klar, du Quasseltante, jetzt setz dich endlich hin, du machst mich ganz nervös.« Wenn sie wüsste, wie nervös, füge ich in Gedanken hinzu und lasse meinen Blick ganz kurz zu meinem fetten Engel gleiten, um keinen Rückfall zu erleiden. Mann, ich sollte wahrscheinlich dringend in den Schatten, bevor in meinem Hirn noch die letzten Sicherungen durchbrennen.
Mia schiebt sich ihre überdimensionale Sonnenbrille in die Haare und lässt sich neben mir auf ihr Strandlaken fallen. Sie trägt immer noch ihr Kleid, was mir in diesem Moment ganz recht ist. Unsere Arme sind höchstens einen Meter voneinander entfernt und trotz der Sommerhitze habe ich das Gefühl, die Wärme zu spüren, die Mias Haut abstrahlt. Einen Moment lang schauen wir beide aufs Wasser, dann merke ich, wie sie ihr Gesicht wieder in meine Richtung wendet. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie ein paarmal Luft holt, bevor sie es schafft, das auszusprechen, was ihr auf der Zunge brennt.
»Diese Sache vorhin«, sagt sie leise, »du weißt schon, der Artikel …«
»In dem steht, dass du in mich verliebt bist?«, hake ich plump nach, weil ich weiß, dass ich sie damit ärgern kann. Okay, und um meine eigene Nervosität zu überspielen, denn ich merke, wie mein Puls bei dem Thema von einer Sekunde auf die andere auf Höchstgeschwindigkeit umgeschaltet hat.
»Ja, genau der!« Prompt färben sich Mias Wangen rot und ich muss schmunzeln. »Das ist ja … gerade noch mal gut gegangen, nicht wahr?« Sie klimpert mit den Augenlidern. »Wirklich unmöglich, diese Redakteurin. Wenn ich die noch mal treffe …«
Ich beobachte Mia fasziniert von der Seite. Es ist eine ganz besondere Röte, die ihr Gesicht immer dann überzieht, wenn ihr etwas peinlich ist oder sie sich ärgert. Nicht knallrot oder pinkfarben, wie bei vielen anderen. Eher so, als würden die letzten Strahlen der Abendsonne ihr Gesicht streifen. Ich frage mich, ob das der Grund
Weitere Kostenlose Bücher