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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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anzogen, damit wir uns nicht zu Tode zitterten. Eines Tages trat meine Schwester beim Anziehen rückwärts in das Heizgerät. Man konnte sie in der ganzen Straße schreien hören, ein lautes, wortloses Schmerzgeheul. Ich sehe meine Mutter noch vor mir, wie sie meine Schwester kniend umarmt und sie hin und her wiegt, während sie beide schluchzen. Als meine Schwester sich beruhigt hatte, untersuchte meine Mutter sie, und anscheinend war nichts Schlimmes passiert. Also schickte sie uns in die Schule.
    Aber als wir am Nachmittag nach Hause gingen, waren Hemd und Hose meiner Schwester hinten ganz nass. Dort, wo sie die Heizung berührt hatte, waren im Laufe des Tages Blasen entstanden, und die waren allesamt geplatzt. Bei diesem Anblick fing meine Mutter wieder an zu weinen. Dieses Jahr war ein Jahr größter Armut für meine Familie.
    Eines Tages, ungefähr eine Woche vor Weihnachten, gab es plötzlich große Aufregung, als drei ältere Männer in Anzügen mit Kartons und Tüten voller Lebensmittel vor unserer Tür standen. Ich glaube, es waren Logenbrüder oder Freimaurer, aber ich weiß es nicht mehr. Ich weiß noch, dass meine Mutter sie alle drei umarmte und ihnen dankte, während meine Schwester und ich ihnen wie hungrige Katzen um die Beine strichen und darauf brannten zu sehen, was für Leckereien in diesen Tüten waren. Meine Mutter weinte hemmungslos und umarmte die drei Männer immer wieder. Sie sagten nur, es sei gern geschehen, und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Das war unser Weihnachtsessen. Mehr als einmal bekamen wir Geschenke von solchen Gruppen. Meistens war es die Heilsarmee.
    Mein Vater war zutiefst beschämt, weil er solche Almosen annehmen musste. Das ist etwas, das männlichen Weißen im Süden eingebläut wird, sobald sie sprechen können: Nimm niemals etwas, das du nicht selbst verdient hast. Almosen zu akzeptieren verletzte meinen Vater auf eine Weise, die ihn an den Rand eines emotionalen Abgrunds trieb. Ich war zu klein, um es wirklich zu verstehen; ich wusste nur, dass mein Dad sich merkwürdig benahm und so heftig an den Fingernägeln kaute, dass es manchmal so aussah, als wolle er die ganze Hand in den Mund schieben. Inzwischen weiß ich, warum: Ein Mann, der Almosen nimmt, wird nicht als besonders männlich empfunden – vor allem nicht von sich selbst. Ein Mann mit zwei gesunden Armen und Beinen, der von der Wohlfahrt lebte, war nicht viel anders als ein Dieb, ein Lügner oder ein Vergewaltiger.
    Ich glaube, letzten Endes war das der Grund dafür, dass die Ehe meiner Eltern nach und nach zerbrach. Die Last der Armut. Meistens denke ich um Weihnachten herum an diese Dinge – wahrscheinlich weil eine Tüte Bonbons in den Lebensmittelsäcken war, die die Männer uns brachten, und weil meine Großmutter sie immer » Weihnachtsbonbons « nannte.
    Als ich älter wurde, lernte ich, mich meiner Armut ebenfalls zu schämen. Sie war demütigend, und ich tat, was ich konnte, um sie vor dem Rest der Welt zu verbergen. Ich entwickelte das überwältigende Gefühl, von allem ausgeschlossen zu sein. Wohin du auch schaust, siehst du Leute, die etwas haben, das du nicht hast, und das hat eine tiefgreifende Wirkung auf den Geist, besonders im Teenageralter.
    Später empfand ich glühenden Stolz darauf, aus solchen Verhältnissen gekommen zu sein. Ich sehe die Leute, die mir Schreckliches angetan, die Lügen über mich erzählt, mich misshandelt und versucht haben, mir mein Leben zu nehmen, und ich weiß, sie hätten es niemals geschafft, sich über das alles zu erheben, wie ich es getan habe. Sie wären innerlich gestorben.
    Ich habe mit ein paar anderen Jungs im Todestrakt über unser Leben als Kinder gesprochen, und sie lachten über meine arme Kindheit. Ich lachte mit ihnen. Einer behauptete, er sei auch arm gewesen, denn er sei in einer Sozialwohnung aufgewachsen. » Arm? « , fragte ich empört. » Ihr hattet Wasser! Ihr hattet Heizung! Du hattest Schuhe, die hundert Dollar gekostet haben! Das ist doch nicht arm! Ich will dir sagen, was wir hatten … « Alle kicherten, wenn sie hörten, dass es im Trailerpark bestimmte Ecken gab, wo in unseren Augen » reiche Leute « wohnten. Jetzt, da ich auf das alles zurückblicken kann, finde ich es ja auch komisch. Aber ich habe es nicht immer mit Humor gesehen. Es ist nicht zum Lachen, wenn man sich mit Kakerlaken um die Cornflakes streiten muss.
    Inzwischen glaube ich, meine Eltern waren einfach nicht füreinander bestimmt. Vielleicht waren

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