Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
»Komm, Issie, es war ein anstrengender Ritt, und ich habe seit Stunden nichts mehr gegessen.«
Als sie Carleton ein letztes Mal böse anschaute, warf er ihr einen Kuss zu. Der Mann war einfach unmöglich.
Welcher Wahnsinn hatte ihn bloß erfasst, fragte Stephen sich selbst. Als er durch das Tor des Burgfrieds gegangen war und gesehen hatte, wie sie einen Fremden umarmte, das Gesicht von einem ihrer seltenen Lächeln erhellt, war er mit der festen Absicht, den Mann übel zuzurichten, über den Hof gestürmt.
Gütiger Gott, er konnte es sich kaum erklären.
Nein. Er wusste verdammt gut, was ihn dazu getrieben hatte. Gedankenlose, rasende Eifersucht. Er hatte gedacht, der Mann wäre de Roche, und Isobel schaute ihn auf jene Art an, wie sie Stephen bei ihrem allerersten Treffen angeschaut hatte.
Das konnte er einfach nicht ertragen.
Er wollte nicht darüber nachdenken, was das bedeutete. Trotzdem beabsichtigte er, ihren Bruder kennenzulernen.
Isobel zog ihren Umhang gegen die frühmorgendliche Kälte eng um sich. »Ich hatte schon befürchtet, du hättest dein Versprechen vergessen, vor dem Frühstück mit mir zu üben«, sagte sie und drückte Geoffreys Arm.
»Und wäre das Risiko eingegangen, den Zorn meiner Schwester auf mich zu ziehen?«
Sie gingen freundschaftlich schweigend, während ihre Schritte auf dem gefrorenen Boden knirschten.
Als Geoffrey wieder zu sprechen begann, war sein Ton ernst. »Bist du allein hier herumgelaufen, Isobel?«
Es gab nur eine Person, die ihm das erzählt haben konnte. »Hat dieser Stephen Carleton mit dir gesprochen?«
»Aye, Sir Stephen hat mir einen ausführlichen Vortrag über die Gefahren, die in einer Burg lauern, gehalten«, sagte er, »und über meine Pflichten als dein Bruder.«
»Wie kann er es wagen!«
»Seine Botschaft konnte nicht missverstanden werden, aber der Mann war ziemlich freundlich«, meinte Geoffrey. »Er ist ein angenehmer Kerl. Sowohl er als auch sein Neffe scheinen gute Männer zu sein.«
Sie schnaubte. »Stephen Carleton fehlt jegliche ernsthafte Zielsetzung.«
»Es schien ihm aber gestern recht ernst damit zu sein, mich umbringen zu wollen«, gab Geoffrey sanft lächelnd zu bedenken.
Sie erinnerte sich daran, wie gefährlich Stephen ausgesehen hatte. Gefährlich und unglaublich attraktiv.
»Ein hitziges Gemüt verbessert einen frivolen Mann nicht.« Sie klang unausstehlich, aber sie konnte sich nicht zurückhalten. »Er ist, nach allem, was man weiß, ein reueloser Ehebrecher und Trinker. Angesichts deiner tiefen Frömmigkeit überrascht es mich, dass du bereit bist, seine Sünden zu übersehen.«
»Du solltest nicht alles glauben, was du hörst«, sagte Geoffrey. »Im Übrigen steht es weder dir noch mir zu, ihn zu verurteilen. ›Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.‹«
Sie beschloss, die Sanftmut ihres Bruders nicht zu prüfen, indem sie ihm erzählte, dass der Mann, den er da verteidigte, auf ihr gelegen und sie besinnungslos geküsst hatte. Dieses Geheimnis teilte sie besser nicht mit ihm.
»Warum lächelst du, Issie?«
»Ach, nichts.« Gott stehe ihr bei, denn sie bereute diese Küsse längst nicht so sehr, wie sie sollte. »Lass uns nicht mehr über Stephen Carleton sprechen.«
»Aber er …«
Sie hob die Hand. »Bitte, Geoffrey, nicht.«
Als sie den Vorratsraum erreichten, duckte sie sich durch den niedrigen Eingang und nahm ihren Umhang ab. Dann drehte sie sich um, um einen Platz zu finden, wo sie ihn ablegen konnte – und erschreckte sich so sehr, dass sie aufschrie.
Stephen Carleton hockte auf einem Stapel Getreidesäcke.
»Guten Tag, Lady Hume«, begrüßte er sie, als wäre er es gewohnt, dass Frauen bei seinem Anblick aufschrien. »Ihr erinnert Euch an meinen Neffen, Jamie Rayburn?«
Erst jetzt bemerkte sie den jungen Mann und nickte ihm steif zu.
»Ich wollte dir eben sagen, dass Sir Stephen freundlicherweise angeboten hat, heute mit uns zu üben.« Ihren bösen Blick ignorierend, fuhr Geoffrey fort: »Wir haben Glück, denn er ist berühmt für sein Können.«
»Bitte, nennt mich einfach Stephen«, sagte Carleton und sprang auf den Boden. »Eure Schwester macht das auch.«
Sie wollte widersprechen, doch diese kleine Lüge war die geringste seiner Verfehlungen.
Als ihr Bruder sich umwandte, um sich mit Jamie zu unterhalten, trat Carleton zu ihr. »Schaut nicht so böse«, sagte er leise. »Euch kann nichts passieren, wenn Jamie und Euer Bruder hier sind. Ich verspreche, dass es Euch Spaß machen
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