Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
hatte sie eine Chance. Sie hörte Stephens Stimme in ihrem Kopf, wie er sagte: Isobel, du schaffst das.
Sie wartete, bis er nur noch zehn Meter von ihr entfernt war.
Sie richtete sich abrupt auf, hielt die Hände hinter sich versteckt. »Sir! Bitte helft mir!«
Der Mann riss die Augen auf. »Na, das ist ja eine Überraschung«, sagte er, senkte den Schwertarm und ließ ein breites Grinsen sehen. »Mir hat niemand gesagt, dass hier eine Frau ist.«
Von seinem Akzent und seiner schlichten Kleidung schloss Isobel, dass er ein einfacher Franzose war. »Englische Soldaten haben mich aus meinem Heim entführt«, rief sie ihm zu und tat so, als weinte sie. »Ihr müsst mir helfen, bitte!«
Der Mann trat langsam auf sie zu, als wäre sie ein Pferd, das leicht zu erschrecken wäre. Was, wenn er nicht zu den Angreifern gehörte? Was, wenn er einfach ein Bauer war, der ihr helfen wollte? Er hatte ein Schwert, aber …
Der Mann ließ seinen Blick über sie schweifen, und sie wusste mit vollkommener Sicherheit, dass er ihr Übles wollte. Und wenn er mit ihr fertig wäre, würde er FitzAlan töten.
Sie stand regungslos und wartete. Noch einen Schritt. Nur noch einen Schritt. Als er auf der anderen Seite des Baumstamms angelangte, kaum noch einen guten Meter von ihr entfernt, warf er sich auf sie.
Der Widerstand, als ihr Schwert in seinen Körper fuhr, ließ ihren Arm zittern. Sie biss die Zähne aufeinander und stieß mit aller Kraft zu. Einen schrecklichen Moment lang taumelte er und starrte sie aus überrascht aufgerissenen Augen an. Dann stürzte er nach hinten und riss ihr dabei das Schwert aus den Händen.
Sie sprang über den Stamm und stellte sich über ihn, während ihr das Herz in der Brust donnerte. Das Schwert. Sie musste es wiederhaben.
Ihre Übelkeit hinunterschluckend, ergriff sie das Heft mit beiden Händen und zog. Es steckte fest. Ihre Hände fühlten sich kalt und feucht an. Schweiß rann ihr über den Rücken. Sie musste es wiederhaben.
Sie setzte den Fuß auf den Brustkorb des Mannes und zog mit aller Kraft. Endlich löste sich das Schwert mit einem schmatzenden Geräusch. Sie taumelte einen Schritt zurück, hielt es aber fest.
Das Blut des Mannes tropfte von der Scheide. Sie konnte den Blick nicht davon abwenden.
Als sie ein lautes Stöhnen hinter sich vernahm, wirbelte sie herum und erblickte FitzAlan. Er hatte einen Arm über den Baumstamm gelegt und versuchte, sich abzustützen. Ein Schauer rann ihr über den Rücken, als sie bemerkte, dass sein Blick nicht ihr galt. Er fixierte etwas hinter ihr.
FitzAlans freier Arm bewegte sich, und etwas zischte an ihrem Ohr vorbei. Als sie sich umdrehte, um in die andere Richtung zu schauen, sah sie einen zweiten Mann keine fünf Meter von sich entfernt. FitzAlans Messer steckte in seiner Brust.
Sie war hinter dem Baumstamm, bevor sie sich bewusst wurde, dass sie sich bewegt hatte.
»Ich sehe nicht gut«, sagte FitzAlan schnarrend. Das Gesicht des armen Mannes war schweißüberströmt, und der Verband an seinem Hals war blutdurchtränkt. »Aber ich glaube, da sind noch ein oder zwei von ihnen im Wald.«
Noch ein oder zwei?
Sie schluckte schwer. »Ich bin bereit.«
»Gutes Mädchen.«
Isobel ergriff FitzAlans Ärmel, um seinen Sturz abzufangen, als er zu Boden glitt.
19
Isobel hielt wieder Wache. FitzAlans Teint sah nicht gut aus. Gar nicht gut. Sie beugte sich hinunter und legte ihr Ohr erneut an seine Brust. Bum, bum, bum, bum ! Die Stärke seines Herzschlags machte ihr Mut. Bum, bum, bum, bum !
Sie vernahm ein Rascheln und öffnete die Augen. Ein Mann führte ein Pferd durch den Wald. Es hatte keinen Sinn, sich zu verstecken. Der Baumstamm bot ihnen von dieser Seite keinen Schutz, und der Mann hatte sie bereits gesehen. Sie rappelte sich auf und stellte sich vor FitzAlan.
Der Mann kam einige Meter vor ihr zum Stehen, das gab ihr Zeit, das Glitzern von Silber am Sattel seines Pferdes und seine elegante Kleidung zu bemerken. Er war ein Edelmann. Ein französischer Edelmann.
»Lord FitzAlan, der große Kommandant des englischen Königs, mit nichts als einem weiblichen Ritter.« Er schüttelte den Kopf und bedachte sie mit einem amüsierten Lächeln. »Das ist recht nobel von Euch, holde Dame. Aber dennoch hoffnungslos.«
Dann war das also kein zufälliger Angriff! Diese Männer kannten ihre Opfer. Irgendwie mussten sie erfahren haben, dass FitzAlan heute ohne seine Männer unterwegs wäre. Wie war das möglich? Wer konnte es ihnen gesagt haben?
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