Mein mutiges Herz
machen solltest.“
„Das mag ja schön und gut sein, aber falls es dir entgangen sein sollte, ich habe keinen Heiratsantrag erhalten.“
Ihre Mutter lächelte milde. „Mach dir darüber keine Sorgen, Kind. Dein Vater und ich haben uns eingehend mit dieser Frage befasst und einige interessierte Heiratskandidaten in die engere Wahl gezogen. Du musst dich nur noch für einen entscheiden.“
Lindseys rebellierender Magen verkrampfte sich. „Ich fasse es nicht. Willst du damit etwa sagen, ihr habt euch den Mann ausgesucht, den ich heiraten soll?“
„Aber nein. Wir haben lediglich eine Liste der infrage kommenden Kandidaten aufgestellt. Und alle haben Interesse an einer Heirat mit dir bekundet.“
Das konnte nicht wahr sein, es war unfasslich. „W… wie viele sind es denn?“
„Bislang nur drei. Vermutlich finden wir noch den einen oder anderen Kandidaten, falls du triftige Gründe vorbringst, die drei abzulehnen. Aber du wirst erstaunt sein über die hervorragende Eignung und den vornehmen Hintergrund der Herren, die wir dir vorschlagen.“
Es war der reine Wahnsinn. Lindsey war eine unabhängige Frau – in vieler Hinsicht jedenfalls. Sie hatte es nicht nötig, dass ihre Eltern einen Ehemann für sie aussuchten.
„Ich weiß eure Fürsorge zu schätzen, glaube mir.“ Sie versuchte zu lächeln, aber ihre kalten Lippen wollten nicht gehorchen. „Aber ich bin noch nicht bereit für eine Ehe, das musst du verstehen.“
Ihre Mutter stellte die Tasse klirrend auf den Tisch. „Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Es ist unsere Pflicht als Eltern, für dein zukünftiges Wohl zu sorgen. Und wir halten es für dein Bestes, dass du eine Ehe mit einem wohlhabenden und standesgemäßen Mann eingehst. Du hast unsere Großzügigkeit bislang zwar nicht über Gebühr strapaziert, falls du dich aber weigerst, einen der von uns vorgeschlagenen Kandidaten zu heiraten, sehen wir uns gezwungen, deine finanziellen Zuwendungen zu streichen und dich zu bitten, unser Haus zu verlassen.“
Lindsey saß wie gelähmt da und konnte keinen klaren Gedanken fassen.
„Mir ist bewusst, dass dich das wie ein Schock treffen muss, aber wenn du dir ansiehst, welche Auswahl wir für dich getroffen haben …“ Sie nahm ein Blatt Papier zur Hand, das neben ihr auf dem Sofa lag. „Hier sind die Namen der Herren, mit denen dein Vater ausführlich gesprochen hat. Alle drei waren sehr angetan von der Aussicht, dich zur Gemahlin zu nehmen.“
Verlegenheit, gemischt mit Zorn und verletzter Eitelkeit, brodelte in Lindsey auf. „Ich kann einfach nicht glauben, dass Vater so etwas getan hat! Diese Männer müssen doch denken, ich sei auf der verzweifelten Suche nach einem Ehemann und unfähig, mir selbst einen zu suchen!“
„Aber keineswegs, Liebes“, versuchte ihre Mutter sie zu beschwichtigen. „Du bist ein hübsches junges Mädchen und die Tochter eines Barons. Im Gegenteil, die Herren fühlen sich geschmeichelt, dass du sie als zukünftigen Gemahl in die engere Wahl ziehst.“
Mit zitternder Hand ergriff Lindsey die Liste, die ihre Mutter ihr reichte, und las den ersten Namen.
William Johnston, Earl of Vardon. Sie hatte auf einigen Bällen mit dem Earl getanzt. Er war stets sehr aufmerksam und versuchte charmant zu sein, was ihm nie wirklich gelang. Sein Interesse an ihr erstaunte sie nicht. Der Earl war sehr begütert und hatte eine angesehene Position in der Gesellschaft. Aber Lindsey hatte nicht das geringste Interesse an ihm.
„Vardon wäre eine gute Partie“, pries ihre Mutter ihn an, „obgleich deine Tante der Meinung zu sein scheint, du würdest Michael Harvey den Vorzug geben.“
Das war der zweite Name auf der Liste. Grundgütiger, ihr Vater hatte mit Lieutenant Harvey gesprochen! Hatte er mit dem Familienstammbaum vor seiner Nase gewedelt, in dem Wissen, dass eine Ehe mit der Tochter eines Aristokraten seiner Karriere mächtig auf die Sprünge helfen würde? Da Rudy nach wie vor als Hauptverdächtiger in den Frauenmorden galt, wunderte sie sich allerdings, dass Michael eine Ehe mit ihr überhaupt in Betracht zog, ungeachtet der Vorteile, die ihm diese Verbindung bringen würde.
„Mr. Harvey hat natürlich weder Vardons Vermögen noch seinen Titel vorzuweisen, aber er hat ausgezeichnete Beziehungen. Immerhin ist sein Onkel ein Duke.“
„Sein Großonkel“, verbesserte Lindsey sie zerstreut.
„Ja, gut. Nach allem, was wir über ihn herausgefunden haben, ist er finanziell gut abgesichert. Sein
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