Mein mutiges Herz
war gekommen und hatte ihm sein dichtes schwarzes Haar modisch geschnitten. Obwohl er seine Fingernägel stets kurz schnitt, wurden sie sorgsam gefeilt und glänzend poliert. Thor hatte nur leise gebrummt.
Da die Zeit drängte, hatten sie beschlossen, bald in Aktion zu treten. Im Büro hatte Lindsey erwähnt, dass sie Lady Paisleys Ball heute Abend besuchen wollte. Lieutenant Harvey hatte sein Kommen gleichfalls zugesagt. Da Lindsey nach diesem letzten Mord in Covent Garden erneut in großer Sorge um ihren Bruder war, hatte sie sich vorgenommen, während des Balles mit dem Lieutenant zu sprechen, um ihm einige nützliche Informationen zu entlocken. Und außerdem hatte sie durchblicken lassen, dass Michael Harvey der Mann sei, den sie vermutlich heiraten würde, obgleich noch keine konkrete Entscheidung getroffen war.
Thor lief also die Zeit davon, und dieser Ball schien die beste Gelegenheit, die ersten Schritte seiner Werbung um Lindsey zu wagen.
Durch einen falschen Schritt brachte Thor Krista aus dem Gleichgewicht, die sich schleunigst wieder auf ihre Aufgabe als Tanzlehrerin konzentrierte. Mr. Pendergast beendete den Walzer, und Thor atmete erleichtert auf.
„Tanzen ist gar nicht so einfach, wie es aussieht.“
Leif erhob sich schmunzelnd vom Sofa. „Alles nur eine Frage der Übung. Im Übrigen wirst du mehr Spaß daran haben, wenn du die Dame deines Herzens in den Armen hältst.“
Thors blaue Augen verdunkelten sich. Er war wild entschlossen, sein Ziel zu erreichen. Sobald ihm klar geworden war, dass es eine reelle Chance für ihn gab, Lindsey zu erobern, ging er mit ungeahntem Eifer ans Werk.
„Ich lerne tanzen“, sagte er grimmig. „Aber alles andere macht mir größere Sorgen. Ich kann nur hoffen, ich finde die richtigen Worte, wenn ich Lindsey gegenüberstehe.“
Diese Sorge hegte auch Krista. Lindsey zu gestehen, dass er sie liebte, und sie um Verzeihung zu bitten gehörte nicht zu den Dingen, die sie Thor beibringen konnte. Er musste selbst wissen, wie er damit zurechtkam.
26. KAPITEL
Der Ball der Countess of Paisley fand in den eleganten Arunedale Rooms statt, der ehemaligen Stadtresidenz des Count du Lac, eines feudalen Palais, das in seiner ursprünglichen Pracht restauriert worden war. Die Räumlichkeiten waren seit zwei Jahren der Öffentlichkeit zugänglich und konnten für große gesellschaftliche Anlässe angemietet werden.
Der Ballsaal, in dem sich mehr als vierhundert Gäste tummelten, war verschwenderisch ausgestattet mit Kristalllüstern in der Mitte des riesigen Raumes, deren Lichterglanz sich in hohen, vergoldeten Spiegeln vervielfältigte, die wiederum von vergoldeten mehrarmigen Wandleuchtern eingefasst waren. Riesige Fächerpalmen in Tongefäßen waren herbeigeschafft worden, und an einer Stirnseite des Prunksaales hatte ein Orchester aus zwölf Musikern auf einem Podium Platz genommen.
Die Musik hatte bereits begonnen, einige Paare drehten sich im Walzertakt auf der glatten Tanzfläche, als Lindsey und ihr Bruder in Begleitung ihrer Mutter und Emma Harvey den Saal betraten. Ein Lakai in Silberperücke und Seidenlivree näherte sich den neuen Gästen, nachdem ihnen die Mäntel abgenommen worden waren.
Lindsey nahm ein Glas Champagner vom Silbertablett, und Rudy tat es ihr gleich.
„Wollen wir hoffen, dass die Polizei nicht hereinplatzt und mir den Abend verdirbt“, meinte Rudy mit düsterer Stimme.
„Noch besser wäre es, wenn die Polizei einen anderen Verdächtigen im Visier hätte.“ Lindsey hoffte außerdem, von Michael Harvey nähere Einzelheiten zu erfahren.
In einer schulterfreien Abendrobe aus smaragdgrüner Seide, deren Dekolleté die Rundungen ihres Busens erahnen ließ, das brünette Haar zu winzigen Löckchen aufgedreht, die an ihren hellen Schultern wippten, betrat Lindsey am Arm ihres Bruders den Ballsaal und mischte sich unter die Gäste. Michael war noch nicht erschienen, und Lindsey war froh um den Aufschub.
Den Berichten ihrer Mutter zufolge hatte der Lieutenant Lindseys Vater wissen lassen, dass er großes Interesse an einer Verbindung mit seiner Tochter habe. Lindsey brauchte einen Ehemann – zumindest nach Ansicht ihrer Eltern –, und sie hatte ihr Einverständnis gegeben. Heute Abend wollte sie Michael ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, um herauszufinden, ob sie fähig wäre, eine Zukunft mit ihm aufzubauen.
Lindseys Tanzkarte begann sich zu füllen. Sie tanzte einen schottischen Reel mit Lord Vardon, zwang sich, in sein leeres
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