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Mein mutiges Herz

Mein mutiges Herz

Titel: Mein mutiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KAT MARTIN
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gewesen. Er würde nicht lange bohren müssen, um auf ihre Jugendsünde mit dem jungen Viscount Stanfield zu stoßen. Allerdings zweifelte sie daran, dass Lord Fulcroft seine Drohung wahr machen würde, und im Übrigen wollte sie sich nicht erpressen lassen.
    „Wie gesagt, er spuckte bloß heiße Luft. Nach Thors deutlicher Warnung wird er Ruhe geben und mich nicht weiter belästigen.“
    Krista richtete den Blick nach hinten in die Halle auf Thor, der mit offenem Hemd seiner schweißtreibenden Arbeit nachging.
    „Ich hoffe, Thor hat dein Feingefühl nicht verletzt. Mein Ehemann und sein Bruder legen zuweilen etwas ungeschliffene Manieren an den Tag.“
    „Das ist eine Untertreibung.“
    „Ich könnte die Tür schließen, aber dann wird es hier drin schrecklich heiß.“
    „Sei nicht albern. Ich habe schon so manche Männerbrust gesehen.“
    Krista warf ihr einen vielsagenden Blick zu, als wolle sie sagen: Aber keine Männerbrust wie seine . Und damit hatte sie vollkommen recht.
    Nachdem die Freundin sich in ihr eigenes Büro zurückgezogen hatte, richtete Lindsey den Blick auf das Blatt Papier vor ihr und versuchte das Bild des Muskelspiels unter glatter gebräunter Männerhaut zu verdrängen, was ihr partout nicht gelingen wollte.
    Gegen drei Uhr morgens ließ Lindsey sich von einem Diener aus der Karosse helfen, wartete, bis auch Tante Delilah ausgestiegen war, hakte sich bei ihr unter, und die beiden Damen betraten das Herrenhaus in Mayfair.
    In der mit Marmor gefliesten Halle reichte Lindsey ihren Umhang dem Butler, einem hageren silbergrauen Herrn mit würdevoller Miene, der seit mehr als zwanzig Jahren im Dienste der Familie stand. „Vielen Dank, Benders.“
    Er verneigte sich lächelnd und nahm auch ihrer Tante den Mantel ab. „Kann ich noch etwas für die Damen tun?“
    „Nein danke, das wäre alles für heute“, erklärte Tante Dee.
    Der Butler zog sich zurück, und Lindsey begab sich mit ihrer Tante in den roséfarbenen Salon, um den Abend bei einem kurzen Plausch ausklingen zu lassen.
    Erschöpft sank Lindsey auf das rosa bezogene Samtsofa und sehnte sich eigentlich nur nach ihrem Bett.
    „War das nicht ein wunderschöner Abend?“ Die Countess of Ashford, Witwe des verblichenen Earl of Ashford, rauschte leichtfüßig hinter ihr in den Salon, aufgekratzt und guter Dinge, als sei es sechs Uhr abends und nicht weit nach Mitternacht. Als hätten sie beide nicht das Tanzbein geschwungen, bis Lindseys Füße schmerzten und ihr Nacken steif war. Als hätten sie nicht unentwegt gelächelt und leere Konversation betrieben, bis Lindsey glaubte, ihr Gesicht würde für immer zur Maske erstarren.
    Normalerweise fühlte sie sich bei gesellschaftlichen Anlässen wie dem Ball der Marquess of Penrose ausgesprochen wohl, doch an diesem Abend wäre sie dem lärmenden Gedränge, der stickigen, mit süßem Parfumduft geschwängerten Luft im Ballsaal gerne entflohen, um sich in ein abgelegenes Kabinett zurückzuziehen.
    Tante Dee goss sich ein Glas Sherry ein, bot Lindsey ein zweites Glas an, die kopfschüttelnd ablehnte, und machte es sich in einem Sessel bequem.
    „Der Earl of Vardon war heute Abend besonders aufmerksam.“ Sie nippte an ihrem Sherry. „Ich glaube, er interessiert sich für dich.“
    Delilah war, wie Lindsey, eine hochgewachsene Frau, nur ein wenig fülliger, mit einer erstaunlich gut erhaltenen Figur. Mit ihrem vollen schwarzen Haar, einem makellos hellen Teint und grauen lebhaften Augen wirkte sie zehn Jahre jünger als sechsundvierzig und wurde von den Herren heftig umschwärmt. Allerdings durfte nur eine sorgfältige Auslese ihrer Verehrer das Privileg ihrer Gesellschaft genießen.
    „Tja, ich hingegen interessiere mich nicht für Lord Vardon“, entgegnete Lindsey. „Und das gilt für jeden Mann. Zumindest im Augenblick.“
    Delilah lehnte sich in die Polster zurück. „Ich sollte dich in deinem Streben nach Unabhängigkeit nicht bestärken, fürchte ich. Aber ehrlich gestanden, bin ich völlig deiner Meinung. Eine Frau sollte ihre Jugend genießen, solange sie ungebunden ist. Später bleibt ihr noch genügend Zeit für Ehemann und Kinder.“
    Auf ihre Weise war Tante Dee eine rebellische Natur in ihrer Überzeugung, dass einer Frau die gleichen Freiheiten zustehen sollten wie einem Mann. Irgendwie war es erstaunlich, dass Lindseys Eltern in ihr die geeignete Anstandsdame für ihre Tochter sahen. Andererseits waren ihre Eltern, Lord und Lady Renhurst, seit eh und je mehr an ihrem

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