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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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Eglikurt!»
    Und dann sahen wir uns die heilige, begehrenswerte Handschrift an — — aber auf dem Zettel stand:
    Alexander Krämer, Finkenhubelweg.
    — — Es war leider nicht der Balabbio gewesen, aber trotzdem wollte der Wrigley beim Handball nur noch ins Gohl, denn schliesslich: Er hätte es ja sein können.
    Der Match begann.
    Wir hatten von Anfang an nichts Gutes geahnt, weil der Aschi Gerster, unser erster Verteidiger nicht mitspielte, denn seit der Affäre mit unserem Zeichnungslehrer war sein Knie noch immer nicht ganz in Ordnung. Ja, diese Geschichte!
    Die war so gekommen:
    Etwa drei Wochen vor den Ferien war am Nachmittag Zeichnen — wieder einmal im Schulhaus. Die meisten unter euch wissen schon, wie sehr dieser Lehrer die Eintracht liebt, und auch an jenem Nachmittag kam er geradewegs aus dieser Eintracht zu uns. Wie immer hatte er heute Mühe mit den senkrechten Linien.
    Darauf beruhte dem Aschi sein Plan:
    Er zog vorher den Wrigley und den Eduard ins Vertrauen, weil es sehr viele Bilder an den Wänden hat und er alle bedienen wollte: Sie banden an die Ecke jedes Bilderrahmens dünnen Faden, und als der Lehrer im Zimmer war, zogen sie ganz langsam an den einen Fäden, bis sämtliche Bilder schräg an der Wand hingen. Dann rissen sie sachte an den anderen, und ganz langsam richteten sich die Bilder wieder auf und nickten bald nach der anderen Seite.
    Weil dieser Lehrer in seinem Zustand mit den Senkrechten nicht zu Schlage kam, sah er zuerst überhaupt nichts, und als er es sah, war er seiner Sache gar nicht sicher. Er meinte, er selber stehe schief, wurde ganz still, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und sah wieder an die Wand.
    Nach einer Weile ging er zum Lavabo, trank ein Glas Wasser und kontrollierte von neuem die Wand.
    Schliesslich setzte er sich belämmert hinters Lehrerpult, starrte unaufhörlich die wankenden Gemälde an, schüttelte den Kopf, sah wieder hin und seufzte.
    Alles wäre sanft verlaufen, aber der Wrigley verdarb im Übermut den ganzen Spass: Er fing an, so zu ziehen, dass seine Bilder wogten wie Schiffe im Sturm, und endlich ging dem Lehrer ein Licht auf.
    Mit blau-violettem Kopf kam er nach hinten, erwischte einen der Fäden, ging ihm nach und endete beim Aschi. Dann rannte er zur Wandtafel, holte den Masstab, zog über dem Aschi kräftig auf — und traf die grosse Lampe an der Decke, welche unter hellem Klirren auf unseren Herrn Zeichnungslehrer herunterregnete.
    Mit grossem Schrecken war der Aschi aufgesprungen, um die Flucht zu ergreifen, aber er stolperte und verstauchte sich das Knie.
    Darum mussten wir es heute ohne Aschi in der Verteidigung machen, und das war eine kolossale Schwächung.
    Auch der Eduard war nicht so recht in Form, bloss wegen der Tabakblätter von gestern nachmittag.
    Das war so gekommen:
    Ganz hinten auf dem Lagerplatz war eine alte Ruine, das heisst, zwei Mauern unter einem Dach. Dort hingen an Stangen ganz grosse Blätter. Zuerst wussten wir nicht, was es war. Der Bäschteli meinte, es sei Spitzenwegerich, von der ganz grossen Sorte. Er kenne ihn, denn die Mutter mache ihm Tee davon, wenn er verstopft sei. Aber es erwies sich, dass es Tabakblätter waren.
    So etwas hatten wir noch nie gesehen, weil Bern so nahe am Polarkreis liegt.
    An jenem Nachmittag sassen wir dort hinten im Schatten der Ruinen und genossen zum erstenmal den Tessin. Wir hörten die merkwürdigen Glocken und waren lange Zeit still, bis Eduard gedankenverloren sagte, hier hänge sehr viel Tabak. Um mit dem fertig zu werden, müsste einer mindestens zehn Jahre schiggen.
    Der Wrigley aber meinte, das sei viel zu wenig: Ein Dutzend ausgewachsene Maurer müssten im Achtstundentag vierzig Jahre lang schiggen und wären immer noch nicht zu Ende. Dann fügte er versonnen bei:
    Schiggen sei sehr gesund und männlich, und der Eduard fuhr fort: Schiggen sei gut für die Kaumuskulatur, und er schigge sehr gerne.
    Der Bäschteli aber lachte ihn aus und behauptete, wenn der Eduard nur ein einziges Blatt ausschiggen müsste, bis kein Saft mehr kommt, so wäre er ein halber Leichnam. Der Eduard entgegnete, ein paar so lumpige Blätter nähme er sogar noch vor dem Morgenessen.
    Diese Rede veranlasste die Beiden zu einer Wette um ein Messerchen. Wrigley stieg hinauf unters Dach, suchte ein passendes Blatt, und der Eduard riss sich verächtlich ein Stück ab und begann zu kauen. Zuerst verzog er keine Miene und tat, als sei’s sein täglich Brot, und erst nach der Hälfte begann er säuerlich

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