Mein Schwein pfeift
zu treiben, hatten sie ganz hervorragend gemeistert.
MünsterLive hatte mir dank Ulrikes Mithilfe die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Jupps Konkurrent war ein alter Kumpel von mir: Ingo Zederer, Absolvent der Münchner Schauspielschule und derzeit auf Gastspielreise in Münster. Er war schon immer ein Abenteurer gewesen und hatte sofort zugesagt.
Schrage selbst hatte sich bei »Cash Cow« beworben, aber normalerweise wäre sein Auftritt erst im November gewesen. Die kurzfristige Vorverlegung hatte der Sender mit dem krankheitsbedingten Ausfall eines Kandidaten begründet.
Hartmann hatte ich erst auf der Fahrt zum Sender per Handy informiert, und er hatte wirklich fix reagiert, das musste ich ihm lassen.
Schweigend vertilgten wir den Rest der erkalteten italienischen Salamischnitte. Während der letzten Dose Diebels Alt — das einzige gekühlte Bier, das die Trinkhalle im Angebot gehabt hatte — fachsimpelten wir über das morgige Entscheidungsspiel um den Oberligaaufstieg zwischen dem FC Dülmen und Borussia Billerbeck. Ein hoffentlich würdiger Abgang aus dem Fußballermilieu.
Nach der gemeinsamen Mahlzeit ließ Theo es sich nicht nehmen, mich von einem Kollegen in meinem Wagen nach Hause bringen zu lassen. Ein anderer Cop fuhr mit dem Streifenwagen hinterher. Mein Verhältnis zu den Dorfbullen war schon mal schlechter gewesen. Bevor ich auf dem Beifahrersitz meines Mercedes Platz nahm, drückte Theo mir herzlich die Hand. Fehlte nur noch, dass er mich zum Abschied küsste, aber selbst das wäre mir heute egal gewesen.
Daheim in meinem Palast sank ich zufrieden in die Federn und schlief sofort ein.
21
A m Samstag erwachte ich putzmunter gegen neun und fühlte mich unschlagbar. Nachdem das Hauptgericht, die Aufklärung der Küppersmorde, vorzüglich geschmeckt hatte, stand nun mit dem Finalspiel gegen die Billerbecker das Dessert auf der Speisekarte. Heute war mein Glückstag, und nichts würde ihn trüben können.
Wirklich nichts?
Es klopfte an der Haustür. Nur in Boxershorts und T-Shirt gewandet öffnete ich: Auf der Matte stand meine liebe Nachbarin. Also doch mein Glückstag.
»Hallo, Karin. So früh schon auf den Beinen?«, strahlte ich sie an.
»Von dir hört man ja ganz abenteuerliche Sachen. Erzähl doch mal.«
»Komm rein. Ich zieh mich eben um, dann kriegst du was zu hören.«
Als ich nach Beendigung der Katzenwäsche in Jeans und kurzärmeligem Hemd zu Karin zurückkehrte, hatte sie den Tisch gedeckt.
»Perfekt. Wann ziehst du ein?«
»Zu gefährlich.«
Drei Brötchen und genauso viele Tassen Kaffee später war der Großteil von Karins Wissensdurst gestillt.
»Wie bist du auf Schrage gekommen? Ich dachte, Hirschmann war der Hauptverdächtige?«
»Das habe ich Grabowski zu verdanken, er hat Ulrike Reisinger im Fernsehen entdeckt und mich noch während der Gameshow angerufen. Habe mir alle Sendungen reingepfiffen, und voilà: Jupp ist sowohl bei Monas Vorgängerin als auch bei Mona selbst als Kandidat aufgetreten. Somit bestand also eine Verbindung.«
»So einfach?«
»Selbstverständlich nicht. Aber als ich in diese Richtung weitergedacht habe, passte plötzlich vieles zusammen: Seit Beginn meiner Ermittlungen hing Schrage wie eine Zecke an mir. Zufall? Dann war er Sekundenbruchteile nach dem Mord an Mona ebenfalls am Tatort. Zufall? Dann tauchte sein Cousin als Praktikant bei mir auf. Zufall? Dann gab Jupp mir irgendwelche Hinweise, die sich allesamt nicht verifizieren ließen. Zufall?«
»Offensichtlich nicht«, ließ Karin weibliche Intelligenz durchschimmern.
»Ich habe Otto beauftragt, ein wenig in Schrages Leben herumzustochern, und er hat interessante Dinge zutage gefördert.«
Zeit für eine Kunstpause und einen Schluck Kaffee.
»Spannen Sie mich nicht auf die Folter, Herr Nachbar«, hing sie gebannt an meinen Lippen, aber leider nur metaphorisch.
»Jupp war 1999 in psychiatrischer Behandlung. Er war insgesamt sogar sieben Monate lang weggesperrt. Schlemmbach höchstpersönlich hat ihn in eine teure Klinik gesteckt. Während der Rest der Menschheit die Jahrtausendwende mit Schampus und Böllern begrüßt hat, ist er mit dem Kopf vor die Gummiwand gelaufen. Verfolgungswahn, gepaart mit Hang zur Gewalttätigkeit. Er war tatsächlich der Ansicht, dass die Gameshowmoderatoren es auf ihn abgesehen haben, und hat sich zum Ziel gesetzt, sie auszulöschen. Deswegen habe ich gestern versucht, ihn bis aufs Äußerste zu reizen, denn ich hatte ja keine
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