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Mein skandaloeser Viscount

Mein skandaloeser Viscount

Titel: Mein skandaloeser Viscount Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah Marvelle
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die Diener standen wie gelähmt daneben.
    „Grayson!“ Victoria durchquerte den Raum, packte den Unterarm ihres Cousins mit beiden Händen und versuchte, ihn von seinem Opfer wegzuziehen. Gegen seinen hartnäckigen Widerstand zerrte sie verbissen unter Aufbietung all ihrer Kraft an ihm, bis das Messer sich zwei Fingerbreit von der Kehle des Fremden entfernte. „Grayson. Ich flehe dich an, tu es nicht. Bitte, bitte, tu es nicht.“
    Graysons Brustkorb hob und senkte sich schwer. Als er sich ihr endlich zuwandte, erschrak sie über seinen mörderisch glühenden Blick. Nie zuvor hatte sie ihn in diesem rasenden Zorn erlebt.
    „Grayson“, bat sie flehentlich, umfasste sein Handgelenk fester und bog seinen stählernen Arm weiter nach hinten. Ihre Muskeln schmerzten brennend. Sie wollte Grayson jedoch nicht loslassen, damit er seinen Arm nicht wieder hochriss und dem Kerl die Kehle aufschlitzte.
    Allmählich erlahmte Graysons Widerstand, bis er den Arm mit dem Messer langsam sinken ließ. Er trat einen Schritt zurück und fixierte den bärtigen Hünen, der ächzend mit dem Rücken gegen die Wand sackte.
    Grayson hielt Victoria den Silbergriff des Bratenmessers entgegen. „Nimm es. Nimm es, bevor ich mich vergesse und wegen Mordes am Galgen ende“, keuchte er zähneknirschend.
    Barmherziger Himmel.
    Victoria entwand ihm vorsichtig die Klinge, drehte sich um und schmetterte die Waffe in die entfernte Ecke des Speisesaals, wo sie klirrend auf dem Parkett landete. Sie holte tief Luft und wischte sich die feuchten Handflächen an ihren Seidenröcken ab.
    „Nun verschwinden Sie“, knurrte Grayson an den Fremden gerichtet. „Verschwinden Sie, bevor ich Ihnen nicht nur die Kehle durchschneide.“
    Der Bärtige nickte, stieß sich von der Wand ab und suchte in höchster Eile das Weite.
    Victoria stieß den Atem aus, ihr rasendes Herzklopfen beruhigte sich ein wenig. „Grayson …“
    Ihr Cousin fuhr herum und deutete mit einem Zeigefinger drohend auf sie. „Es reicht! Mein Onkel verlässt dieses Haus und kommt in die Obhut meines Vaters, und zwar noch heute. Bevor ein Unglück geschieht. Du kannst deinen Vater besuchen so oft du willst und so lange du willst, aber damit endet dein Einfluss. Wenn du dich mir widersetzt, sorge ich dafür, dass er in eine geschlossene Anstalt kommt mit anderen Syphilitikern und du ihn niemals wieder siehst. Das hier ist kein gottverdammtes Spiel! Es geht um dein Leben und das Bisschen, was ihm noch vom Leben bleibt. Hast du verstanden?“
    Händeringend kämpfte Victoria gegen ihre Tränen an. Grayson hatte recht. Sie war nicht mehr in der Lage, ihren kranken Vater zu versorgen. Auch wenn sie es nicht hatte wahrhaben wollen, sein körperlicher und geistiger Verfall waren nicht mehr aufzuhalten, mochte sie ihm noch so viel Liebe und Pflege geben. Sie konnte ihren Vater nicht mehr retten und würde ihn nie mehr wiederbekommen. Nicht den Vater, den sie liebte und nach dem sie sich so sehr sehnte. „Ja, ich verstehe.“

SKANDAL 5
    Die Menschen werden seit jeher davor gewarnt, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen. Allerdings ist der Teufel zu sehr damit beschäftigt, Seelen einzusammeln, um noch Zeit zu finden, mit Sterblichen zu verhandeln. Eine Dame sollte sich vielmehr vor Männern hüten, besonders vor jenen Männern, die von sich behaupten, Gentlemen zu sein. In Wahrheit verstehen diese selbsternannten Gentlemen sich nämlich nur darauf, trügerische Schmeicheleien zu gurren.
    Wie vermeidet man einen Skandal, Autor unbekannt
    Drei Tage später, gegen Abend
    Im Osten von London
    J onathan Pierce Thatcher, Viscount Remington schlug die Tür der kleinen Wohnung, die er für einen Monat gemietet hatte, krachend ins Schloss und lehnte sich nach dem langen Fußmarsch durch die Stadt schwer dagegen. Er hatte vergessen, wie schmutzig, grau, kalt und feucht London war. Fünf Jahre Venedig hatten sein einst so günstiges Bild von London gründlich verändert.
    Im Eisenhalter an der grau gefleckten Wand im Flur flackerte eine Kerze. Jonathan legte Handschuhe und Umhang ab, warf sie zusammen mit dem Zylinder in einen Weidenkorb und stutzte. Auf dem abgetretenen Dielenboden waren schmutzige Stiefelspuren zu sehen, die nicht von ihm stammten.
    In seiner Magengegend bildete sich ein pulsierender Knoten. War etwa jemand dumm genug, um bei ihm einzubrechen? Er griff unter seinen Gehrock und zog den Dolch aus der Scheide an seinem Gürtel.
    Mit gezückter Klinge, jeden Muskel angespannt, schlich er

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